Achtung Denkfalle! - die erstaunlichsten Alltagsirrtümer und wie man sie durchschaut
dem der sinnlichen Wahrnehmung auf der einen und vom inneren Gefühlsleben auf der anderen Seite.
Denken ist eine Tätigkeit unseres Gehirns; dessen Eignung zu dieser Aufgabe unterliegt wie alles Natürliche der Evolution. Evolution ist dabei zu verstehen als ein Prozess, in dessen Verlauf Individualisierungschancen freigesetzt werden und der von seiner Zielsetzung her auf die Anpassung an bestimmte Anforderungen gerichtet ist. Dieser Prozess der Erlangung von Sonderkompetenzen hat während eines unermesslich langen Zeitraums unser Denken in bestimmte Bahnen gelenkt und dazu geführt, dass sich eine Angemessenheit zwischen Denken und Welt einstellen konnte. Evolution ist Entwicklung. In ihrer Erfolgskurve nehmen auch wir eine nicht unbeachtliche Stelle ein. Der Mensch ist heute als Ergebnis dieses ausgewiesenen Erfolgsprogramms mit evolutionär entwickelten und vielfältig erprobten Denkmustern ausgestattet. Das sind ausgeklügelte kognitive Verfahrensweisen für unser Überleben in einer immens komplexen, problemlösungstechnisch höchste Ansprüche stellenden, nicht immer freundlichen Umwelt. Das Gehirn setzt seine Schemata des Denkens, Weiterdenkens und dann Weitermachens mal besser und mal schlechter zur Navigation durch die Kraftfelder unseres Alltagslebens ein. Das Gehirn ist der große Bestimmer.Sein Wille geschieht. Meistens jedenfalls. Aber manchmal bleibt es auch ganz resonanzlos auf seinen Möglichkeiten sitzen.
Realitätsnah und -fern.
Die menschlichen Denkschablonen wurden nämlich vor langer Zeit für ein Leben in der Wildnis optimiert und nicht für unsere moderne Lebenswelt im Büro, an der Börse, im Betrieb oder wo auch immer wir im Leben unseren Platz gefunden haben. Viele Denkwerkzeuge sind deshalb mentale Analogien zu Faustkeil und Pflug: Mehreren Millionen Jahren als Jäger, Sammler und Ackerbauer stehen einige Jahrhunderte als moderner Mensch gegenüber, ausdifferenziert in eine Vielzahl von Funktionsbezügen. Es ist insofern nicht überraschend, dass unsere heutigen Denkmuster aus unserer Zeit in der Savanne stammen. Dort haben sie erwiesenermaßen recht gut funktioniert, denn mit ihnen haben wir immerhin bis heute überleben können. Und auch in der modernen Welt sind sie nicht halsbrecherisch unzeitgemäß.
Zu diesen intelligenten Instrumenten als Basismodulen der kognitiven Ausrüstung gehören Smart Tools wie etwa das
Scheinwerferprinzip
. Es besagt, dass aus dem großen Informationssortiment, das die Umwelt stets für uns parat hält, wegen Kapazitätsbeschränkungen des Gedächtnisses unser Denkapparat immer nur einen ganz geringen Teil auswählt und diesen zu Handlungsanweisungen weiterverarbeitet. Das ist selektive Wahrnehmung. Diese Blickverengung ist nötig, entspricht doch die Informationsflut, die kontinuierlich aus der Umwelt über unsere Sinnesorgane in unsere Gehirne schwappt, einigen Gigabyte, also mehreren Lastwagenladungen voller Bücher, pro Sekunde. Seine Funktion kann unser Gehirn nur dann erfüllen, wenn es mit ausgefeilten Methoden Wichtiges auswählt, dieses stark vereinfacht und das allermeiste schlicht ignoriert. Somit liegt die Vorstellung nahe, dass eine der Hauptfunktionen des Denkapparates in der Abwehr unnötiger Informationen besteht. Für das Gehirn ist Lebenskunst zu einem nicht geringen Teil die Fertigkeit des sachverständigen Weglassens.
Abbildung 1: «Ich nenne es: ‹Dummer Kerl, der sich selbst einen Kinnhaken gibt.›» Cartoon von Patrick Hardin.
Abbildung 2: «Ich habe meine besten Ideen im Bad.» Cartoon von Ron Morgan.
Das Scheinwerferprinzip ist nur eine von mehreren Prozeduren, deren sich das Gehirn aus Komplexitätsgründen bedient. Eingleichermaßen wichtiges Prinzip des Managements von Denkressourcen ist das
Sparsamkeitsprinzip
. Der Begriff drückt aus, dass unser Denkapparat bemüht ist, ein gegebenes Ziel, wenn möglich, unter Einsatz minimaler Mittel zu erreichen. Das damit verwandte
Ergiebigkeitsprinzip
ist umgekehrt darauf gerichtet, mit den verfügbaren Mitteln möglichst maximalen Erfolg zu erzielen. Das
Prägnanzprinzip
bewirkt darüber hinaus, dass jedes Reizmuster so gedeutet wird, dass die resultierende Struktur vorzugsweise einfach erscheint. Einfachheit ist dabei charakterisiert durch Merkmale wie Symmetrie, Regelmäßigkeit und Sparsamkeit.
Außerdem besitzt unser Gehirn die Veranlagung, kausale Abhängigkeiten und Zusammenhänge zu mutmaßen, wenn Ereignisse in zeitlicher oder räumlicher Nähe auftreten, und zwar
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