Achtung Denkfalle! - die erstaunlichsten Alltagsirrtümer und wie man sie durchschaut
zwischen Dingen transitiv oder nichttransitiv ist. Als Transitivitäts-Paradoxa werden solche Beziehungen oder Situationen bezeichnet, die bei flüchtiger und intuitiver Betrachtung transitiv erscheinen, sich aber bei genauerer Analyse als intransitiv herausstellen, bisweilen als antitransitiv.
Eines der ältesten Transitivitätsparadoxa ist ein nach Marie Jean Antoine Nicolas Caritat, dem Marquis de Condorcet,[ 12 ] benanntes Wahlparadoxon. Es kann bei den sogenannten
Condorcet-Methoden
des Wählens auftreten. Dabei ordnen die Wähler die ihnen zur Auswahl gestellten Optionen (z.B. Kandidaten fürWahlämter) jeder für sich nach Rang. Anschließend werden aus diesen individuellen Präferenzlisten Zweikämpfe zwischen den Optionen simuliert. Es kann dann passieren, dass eine Mehrheit die Option A gegenüber einer Option B bevorzugt und gleichzeitig eine Mehrheit die Option B gegenüber einer Option C bevorzugt und – paradoxerweise – auch eine Mehrheit die Option C gegenüber der Option A bevorzugt. Das wollen wir an einem überschaubaren Beispiel demonstrieren.
Angenommen, es gibt die drei Optionen A, B, C. Diese werden dem Wahlvolk zur Abstimmung vorgelegt und die Wähler erstellen jeweils ihre persönlichen Präferenzlisten. Das Wahlergebnis sei in Tabelle 12 zusammengefasst:
Anteil
Präferenzliste
1/3
A > B > C
1/3
B > C > A
1/3
C > A > B
Tabelle 12: Stimmenanteile der verschiedenen Präferenzlisten
Diese Tabelle ist fast selbsterklärend. Die erste Zeile besagt: Ein Drittel der Wähler bevorzugt die Option A vor der Option B und bevorzugt außerdem die Option B vor der Option C. Diese Wähler haben also für die Rangliste ABC votiert. Entsprechendes gilt für die Deutung der anderen beiden Zeilen.
Zum Beispiel Geometrie
Die Borromäischen Ringe sind ein geometrisches Antitransitivitätsphänomen:
Abbildung 20: Borromäische Ringe
Es sind drei biegsame, nicht ebene Ringe
Weiß
,
Grau
,
Schwarz
, von denen Weiß über Grau liegt, Grau über Schwarz liegt, Schwarz über Weiß liegt … Löst man einen der Ringe heraus, sind die anderen unverschlungen und fallen auseinander. Aus diesem Grund werden die Ringe in vielen Bereichen als Symbol für Stärke durch Einheit verwendet. Der Name geht auf das italienische Adelsgeschlecht der Borromäer zurück, das diese Ringe im Familienwappen trug.
Ein Nachtrag von diesseits der Denkschärfe: Der Philosoph Martin Heidegger hat in seinem Vortrag
Das Ding
über Ringe Folgendes gesagt: «Aus dem Spiegel-Spiel des Gerings des Ringes ereignet sich das Dingen des Dinges.» Was kann man mit dieser Art von Sprache nicht alles über Borromäische Ringe sagen?
Aus diesen Präferenzlisten und Anteilen kann man folgern, dass nach Zeile 1 und Zeile 3 der Tabelle eine Mehrheit von zwei Dritteln aller Wähler die Option A gegenüber der Option B bevorzugt. Ebenfalls zwei Drittel der Wähler bevorzugen Option B gegenüber Option C (Zeilen 1 und 2 der Tabelle). Nun ist man geneigt, instinktiv anzunehmen, dass als Folge der beiden vorstehenden Tatsachen auch eine Mehrheit der Wähler die Option A gegenüber der Option C bevorzugt. Doch gerade das Gegenteil ist der Fall: Zwei Drittel der Wähler favorisieren Option C gegenüber Option A. Also haben wir abermals einen Antitransitivitätseffekt.
Das Kuriosum an dieser speziellen Nichttransitivitätsbeziehung ist, dass der Wahlleiter durch Festlegung einer geeigneten Reihenfolge bei den Stichwahlen jeder der drei Optionen zum Wahlsieg verhelfen kann. Um etwa A zum Wahlsieg zu verhelfen, muss der Wahlleiter dazu nur folgendermaßen vorgehen: In einer ersten angesetzten Stichwahl zwischen B und C gewinnt B. In einer zweiten Stichwahl von A gegen B gewinnt A und ist damit Gesamtsieger.
Hätte A allerdings in einer ersten Stichwahl gegen C antreten müssen, dann hätte C hier die Oberhand gehabt. In anschließender Stichwahl zwischen B und C gewönne hingegen B und wäre somit Gesamtsieger. Um C zum Gesamtsieger zu küren, muss dieerste Stichwahl zwischen A und B ausgetragen werden mit A als Sieger. Anschließend führt die Stichwahl zwischen A und C zum Sieg von C.
Man kann konstatieren, dass die individuelle Transitivität in der Beurteilung der Optionen, die jeder Wähler hat (Wähler 1 bevorzugt z.B. A gegenüber B und B gegenüber C und somit auch A gegenüber C), sich global nicht vererbt auf das Verhalten von Wähleranteilen. Anteile verhalten sich bisweilen hinsichtlich Transitivität anders als Individuen.
Das
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