Achtung Denkfalle! - die erstaunlichsten Alltagsirrtümer und wie man sie durchschaut
Rechnung wie beim PSA-Test überzeugt man sich leicht, dass selbst bei einem positiven Befund der Fruchtwasseruntersuchung der Fötus nurmit Wahrscheinlichkeit 7 % das Down-Syndrom aufweist. Man kann davon ausgehen, dass viele aufgrund von Fruchtwasseruntersuchungen wegen vermeintlichen Down-Syndroms abgetriebene Föten gesund waren. Der beschriebene Effekt kann als Tragödie zu Buche schlagen.
Das hier in Aktion gezeigte Bayes-Theorem ist ein gewaltiges Erkenntniswerkzeug für Fragen der Wahrscheinlichkeitslogik und ungemein weitreichend anwendbar. Die Umkehrung der Schlussrichtung, die es vorzunehmen erlaubt, ist oft ausgesprochen nützlich, da die umgekehrten bedingten Wahrscheinlichkeiten in der Praxis bisweilen viel leichter zugänglich sind als die letztlich interessierenden Wahrscheinlichkeiten. Auch sind sie meist weit weniger subjektiv, als unbedingte Wahrscheinlichkeiten es sein können. Selbst zwei Menschen, die ganz unterschiedliche Meinungen über die unbedingten Wahrscheinlichkeiten von einem Ereignis
E
und einer Hypothese (oder Theorie)
T
haben und als Folge davon oft auch Meinungsverschiedenheiten darüber, in welcher Weise das Eintreten von
E
die Theorie
T
plausibler macht, können dennoch derselben oder zumindest ähnlicher Meinungen sein über die Wahrscheinlichkeit, mit der die Theorie
T
das Ereignis
E
nach sich zieht.
Um abschließend die Ausgangsfrage aufzugreifen – und damit den Kreis zu schließen –, ob und dann auch wie stark das Eintreten eines Ereignisses
E
die Theorie
T
stützt oder plausibler macht, vergleichen wir die Wahrscheinlichkeiten
P
(
T
) und
P
(
T/E
): die unbedingte Wahrscheinlichkeit oder Plausibilität, dass die Theorie
T
wahr ist, mit der bedingten Wahrscheinlichkeit, dass die Theorie wahr ist, gegeben, dass das Ereignis
E
eingetreten ist. Das Bayes’sche Theorem teilt uns mit, dass
Gilt nun die Implikation «Aus
T
folgt
E
», dann ist
P
(
E/T
) = 1 und somit
Mit anderen Worten und in summa: Das Eintreten des Ereignisses
E
erhöht die Plausibilität der Theorie
T
von
P
(
T
) auf
P
(
T
)/
P
(
E
). Insbesondere dann, wenn
E
ein seltenes Ereignis mit kleiner Wahrscheinlichkeit
P
(
E
) ist, liefert das Eintreten von
E
starke Unterstützung für die Theorie
T
.
Man ahnt, dass das Theorem von Bayes viele, weit ins Philosophische reichende Aspekte hat. Diesen sind wir hier weitgehend ausgewichen. Es soll reichen, davon Erwähnung gemacht zu haben.
4. Wenn A besser als B, B besser als C und trotzdem C besser als A ist
Merkwürdige Rangfolgen
Die Dinge dieser Welt können in vielfältigen Beziehungen zueinander stehen. Manche dieser Beziehungen sind transitiv, andere sind es nicht. Man sagt, eine Beziehung zwischen zwei Personen, Objekten, Funktionen ist transitiv, sofern immer, wenn
x
in Beziehung mit
y
und
y
in Beziehung mit
z
steht, dann auch
x
in Beziehung mit
z
steht. Ein elementares Beispiel liefert die Beziehung «ist größer als». Ist Ali größer als Bert und Bert größer als Curt, dann ist Ali auch größer als Curt.
Auch ein Gegenbeispiel ist schnell zur Hand: Aus «Ali findet Bert sympathisch» und «Bert findet Curt sympathisch» folgt nicht, dass Ali auch Curt sympathisch findet.
Dass dieser neue Begriff es durchaus in sich hat, wird an einem weiteren Beispiel augenfällig. Angenommen, Männer haben die drei Eigenschaften attraktiv, nett, reich oder auch eben alles dies nicht. Ein Mann werde als «begehrenswerter» als ein anderer angesehen, wenn er bei mindestens zwei dieser Eigenschaften dem anderen überlegen ist. Wie ist es bei Ali, Bert und Curt? Ali ist unattraktiv, mittelreich, nett. Bert ist attraktiv, arm, mittelnett. Curt ist mittelattraktiv, reich, unnett. Dann ist Ali begehrenswerter als Bert, Bert ist seinerseits begehrenswerter als Curt,aber Curt ist wiederum begehrenswerter als Ali. Wie kann das sein? Wo soll das hinführen? Ist die Wahrheit etwa gekrümmt?
Abbildung 19: «Wie war ich auf einer Skala von 1 bis 10?» – «Kann ich Bruchteile benutzen?» Cartoon von Jason Love.
Die betreffende Beziehung ist nichttransitiv. Aber sie ist nichttransitiv in einem recht eigensinnigen Sinn, den man als
antitransitiv
bezeichnet. Diese Art der Beziehung führt dazu, dass es unmöglich ist, eine Rangfolge der drei Herren zu erstellen, obwohl alle miteinander vergleichbar sind. Für jeden der drei Herren gibt es kurioserweise einen, der begehrenswerter ist als er.
Manchmal ist es nicht ganz so leicht wie hier zu entscheiden, ob eine Beziehung
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