Achtung Denkfalle! - die erstaunlichsten Alltagsirrtümer und wie man sie durchschaut
es tatsächlich vorteilhafter, nach einer beobachteten Serie von deren Ende auszugehen. Stehe ich an einer Bahnschranke und warte auf das Ende eines vorbeifahrenden Zuges, wird es mit jedem vorbeifahrenden Waggon wahrscheinlicher, dass das Schlusslicht des Zuges auftaucht.
Und selbst wenn es sich in Wirklichkeit um einen reinen Zufallsprozess handelt, bei dem die Versuche voneinander unabhängig und die Ausgänge gleich wahrscheinlich sind, dann ist als Nächstes B immerhin genauso wahrscheinlich wie A. Man kannalso zu gleichen Teilen mit A oder B rechnen und sowohl das eine wie auch das andere prognostizieren. Neige ich hier zum SpielerFehlschluss und prognostiziere nach einer Serie von A-Ereignissen deren Ende, dann ist das zwar ein Denkfehler, aber ein Handlungsfehler ist es nicht.
Oder betrachten wir einen Stapel Spielkarten, der verdeckt auf dem Tisch liegt, und heben nacheinander Karten ab. Wir sollen jeweils vorhersagen, ob es sich bei der nächsten Karte um eine rote Herz- oder Karo-Karte handelt oder um eine schwarze Kreuz- oder Pik-Karte!
Die erste Karte ist mit Wahrscheinlichkeit 0,5
Rot
, denn anfangs finden sich je 26 rote und schwarze Karten im Deck. Wenn aber nun die erste Karte
Rot
war, dann ist die Wahrscheinlichkeit, dass auch die zweite Karte
Rot
sein wird, mit 25/51 = 0,49 etwas geringer. Das liegt daran, dass eine rote Karte das Deck verlassen hat und nur noch 25 rote unter den verbleibenden 51 Karten anzutreffen sind.
Waren die ersten beiden Karten
Rot
, dann beträgt die Wahrscheinlichkeit für eine weitere rote Karte sogar nur noch 24/50 = 0,48. Und so geht es kontinuierlich weiter bergab für die Wahrscheinlichkeit einer roten Karte als nächstgezogene, wenn wir mit einer länger werdenden
Rot
-Folge beginnen. Es ist also günstig, nach einer Anfangsserie beliebiger Länge einer Farbe stets auf das Ende der Serie zu setzen. Das ist immer so bei Prozessen mit einer Art von Abhängigkeitsstruktur, wie man sie generell beim Ziehen von Stichproben ohne Zurücklegen aus einer endlichen Grundgesamtheit antrifft: Aus einem festen endlichen Pool von möglichen Ausfällen wird dabei gezogen, wobei dieser Pool sich beim Ziehen beständig reduziert. Unter diesen Rahmenbedingungen ist das als Spieler-Fehlschluss bezeichnete Verhalten wiederum kein Fehlverhalten, sondern jetzt sogar die optimale Vorgehensweise. Und tatsächlich ist es so, dass in unserer Alltagswelt viele Vorgänge von diesem Typ sind: Wird es nach einer Woche Regenwetter nicht mit jedem weiteren schlechten Tag wahrscheinlicher, dass der nächste Tag wieder gutes Wetter bringt?
In der wirklichen Welt sind Zufallsprozesse wie unabhängige Münzwürfe oder Drehungen eines Rouletterades eher seltener Natur. Öfter begegnen wir Zufallsprozessen mit der eben beschriebenen Abhängigkeitsstruktur. Dann ist die vom SpielerFehlschluss bewirkte Verhaltensweise sinnvoll. Doch begegnen wir auch Situationen, in denen es besser ist, in Richtung Persistenz zu denken. Zwar gibt es nach detaillierten wissenschaftlichen Untersuchungen offenbar und entgegen aller Folklore unter den Spielern keine
Hot Hand
im Basketball,[ 23 ] aber Gilden und Wilson (1995) haben festgestellt, dass es im
Golf
beim Putten und beim Wurfspiel
Darts
Performance-Abhängigkeiten à la Hot-Hand-Persistenz gibt. Insofern ist der Glaube an die
Hot Hand
durchaus nicht in allen Lebensbereichen unberechtigt. Dort, wo menschliche Fähigkeiten zum Tragen kommen, können die Ausübenden offenbar bisweilen «hot» werden. Unbelebte Objekte wie Rouletteräder können das jedoch nicht.
In diesem Kapitel haben wir mit einer Gedankencollage versucht, den Spieler-Fehlschluss als Denkfehler zu verstehen. Als Quintessenz kann dem Spieler-Fehlschluss eine einfache Aussage entgegengehalten werden. Merke: Münzen (und Würfel, Rouletteräder, Lotterien …) haben kein Gedächtnis.
8. Wenn du denkst, Cannabis sei eine Einstiegsdroge für Heroin
Fehlschlüsse bei bedingten Wahrscheinlichkeiten
Bedingte Wahrscheinlichkeiten sind, neben allem, was sie in der Sache sind, ein Terrain, auf dem Fehlintuitionen scharenweise grassieren. Neben ihrem nicht einfachen Realbetrieb ziert sie eine ganze Corona von bis ins Philosophische reichenden Deutungen. Einige dieser Deutungsprobleme sind chronisch.
Ein wichtiges, oft entscheidungsrelevantes Phänomen im Umgang mit Unsicherheit ist der Basisraten-Irrtum. Das fehlerhafte Handling von Basisraten ist eine Denkfalle, die mit
bedingten
Wahrscheinlichkeiten zu
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