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Achtung Denkfalle! - die erstaunlichsten Alltagsirrtümer und wie man sie durchschaut

Achtung Denkfalle! - die erstaunlichsten Alltagsirrtümer und wie man sie durchschaut

Titel: Achtung Denkfalle! - die erstaunlichsten Alltagsirrtümer und wie man sie durchschaut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C.H.Beck
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deutsche Gesamtbevölkerung nachgegangen. Jedem von rund 1000 repräsentativ ausgewählten Teilnehmern wurde diese Frage zur Schätzung einer Wahrscheinlichkeit vorgelegt:
    Nehmen Sie an, Sie werfen eine Münze, die gleichmäßig auf die eine oder die andere Seite fällt. Nach acht Würfen beobachten Sie folgendes Ergebnis: Zahl-Zahl-Zahl-Kopf-Zahl-Kopf-Kopf-Kopf. Wie hoch ist die Wahrscheinlichkeit, ausgedrückt in Prozent, dass der nächste Wurf «Zahl» ist?
    Die richtige Antwort lautet 50 %. Begeht man aber den SpielerFehlschluss, so antwortet man «Mehr als 50 %», weil die Wurfserie mit dreimal
Kopf
endet, was in der Folge
Zahl
vermeintlich wahrscheinlicher macht. Denkt man aber in Richtung des Persistenz-Fehlschlusses, so antwortet man «Weniger als 50 %», da Kopf gerade einen Lauf hat und ihn vermeintlich fortsetzen wird. Insgesamt ergab sich in der erwähnten Studie folgendes Antwortprofil:
Persistenz-Fehlschluss
Richtige Antwort
Spieler-Fehlschluss
Ich weiß nicht
Gesamt
87
596
208
95
986
8,8 %
60,4 %
21,1 %
9,6 %
100,0 %
    Tabelle 18: Klassifikation der Antworten bei obigem Schätzproblem, 986 Versuchsteilnehmer
    Daraus abgeleitet, mag man erstens konstatieren, dass etwa 40 % aller Befragten nicht in der Lage sind, die gestellte Frage richtig zu beantworten. Und zweitens: Unter den Befragten, die einen Fehler begehen, ist der Spieler-Fehlschluss mit 70 % der am häufigsten begangene Fehler, 208 von 295 falschen Antworten können so interpretiert werden.
    Das je individuelle Verständnis oder Missverständnis des Zufalls reicht allein nicht aus, um das Verhalten von Menschen angesichts von Zufallsvorgängen zu erklären. Nach Untersuchungen von Wagenaar und Keren im Jahr 1988 führen viele Glücksspieler ihre Spielergebnisse nicht nur auf das Wirken des Zufalls zurück, sondern auch auf die davon unterschiedenen Variablen
Glück
und
Pech
, die sich nach ihrer Meinung mit variierenden Stärkeausprägungen einbringen. Zwar seien sich die meisten Spieler durchaus bewusst, dass die Wahrscheinlichkeiten am Spieltisch zu ihren eigenen Ungunsten und zugunsten des Kasinos stehen, sie glauben aber dennoch, dass über den Zufall und seine Schwankungen hinaus die Effekte Glück oder Pech hinzukommen und es vielmehr diese sind, die letztlich über ihr Geschick am Spieltisch entscheiden. Beide Effekte produzieren nach Sicht vieler Spieler zum Beispiel ausgeprägtere Gewinnsträhnen oder Verluststrähnen, als es der Zufall allein tun würde. Wenn Glück involviert ist, steigt nach ihrem subjektiven Dafürhalten die Wahrscheinlichkeit für einen Gewinn beim nächsten Spiel an, bei Pech fällt sie entsprechend ab.

    Abbildung 46: «Glücksbringer nur 1,00 Euro». Cartoon von Jackson Graham.
    Zudem haben viele Menschen nach einer längeren Pechsträhne aufgrund einer diffusen Fairnessvermutung gegenüber dem Schicksal eine gefühlte Vorahnung, ja gespannte Erwartung in Bezug auf nunmehr anstehendes Glück. Werden sie dann aber weiterhin mit Verlusten konfrontiert, wird diese Haltung nicht etwa aufgegeben, sondern im Gegenteil noch verstärkt, was sich psychologisch oft zu dem Zwang steigert, man müsse jetzt erst recht und unbedingt weitermachen und bei einem Glücksspiel sogar den Einsatz erhöhen.
    Es ist aufschlussreich, der erwähnten Beziehung zwischen langen Strähnen und dem vermuteten Faktor Glück etwas detaillierter nachzugehen. Zeigt man Menschen, die dem Glücksspiel zugeneigt sind, rein zufällig ausgeworfene, längere Münzwurfserien, sind sie in der Regel überrascht von den vielen subjektiv recht langen Läufen gleichartiger Ausfälle. Obwohl manche Glücksspieler sehr viel Zeit mit Glücksspielen verbracht haben, entwickeln einige offenbar kein quantitativ zutreffendes Gespür für Zufallsschwankungen, für Aufbau und Zerfall von Mustern in Zufallsfolgen.
    Bisweilen mache ich in meiner Vorlesung über Wahrscheinlichkeitstheorie ein Experiment: Zwei Freiwillige unter denHörern erhalten folgende Aufgabe: Während ich den Hörsaal verlasse, soll einer der beiden eine Münze 200-mal werfen und das Ergebnis an der Tafel notieren. Ein anderer erhält den Auftrag, eine zufällig aussehende Münzwurffolge derselben Länge nach und nach im Kopf zu erzeugen und ebenfalls an die Tafel zu schreiben. Hier ist ein solches Ergebnis, zwei Münzwurffolgen der Länge 200.
    Folge

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