Achtung Denkfalle! - die erstaunlichsten Alltagsirrtümer und wie man sie durchschaut
Bereichen zu nennen: Im Wirtschaftsgeschehen etwa sind derartige Muster besonders häufig. Viele Aspekte, Phänomene und Kenngrößen im ökonomischen Bereich zeigen in ihrem Verlauf ausgeprägte Strähnen gleichartiger Ereignisse. Zudem wissen wir ja bereits, dass Menschen auf gleichförmige Episoden in Zufallsabläufen reagieren. Sie setzen sich dazu in ein Verhältnis (zum Beispiel Spieler-Fehlschluss, Persistenz-Fehlschluss) und passen ihr Verhalten an. Man könnte Aktien als ein Paradebeispiel herausgreifen. Nicht wenige Menschen haben sehr viel Zeit des Nachdenkens darauf verwendet, Aktienkursverläufe zu verstehen und intellektuell zu durchdringen. Die Technik der Mustererkennung im Kursverlauf mit dem Ziel des Aufspürens günstiger Strähnen ist in der Aktienkundeunter dem Begriff Chart-Analyse oder Technische Analyse bekannt. Jegadeesh und Titman haben 2001 in diesem Zusammenhang ermittelt, dass es in Analogie zum verbreiteten Glauben an das Hot-Hand-Phänomen bei Basketball-Spielern, der davon ausgeht, ein Spieler habe im Anschluss an zwei oder drei vorherige Treffer bei seinem nächsten Wurf eine höhere Trefferwahrscheinlichkeit, unter Portfolio-Managern und Analysten einen entsprechenden Glauben an positive und negative Läufe bei Aktienkursen gibt.
Denkverzerrungen wie der Persistenz- oder der Spieler-Fehlschluss können alle Situationen systematisch beeinflussen, in denen Entscheider mit vorausgehenden Serien eines Typs konfrontiert sind. Man kann sich etwa einen Arbeitsuchenden vorstellen und eine lange Serie von Absagen, die dieser auf Bewerbungen hin erhalten hat. Er muss entscheiden, ob er den Bewerbungsprozess fortsetzt oder sich vielleicht lieber umschulen lässt, um anderswo auf mehr Erfolg zu hoffen. Der Spieler-Fehlschluss kann hier sogar als mentaler Aktivposten fungieren und beim Arbeitsuchenden dazu führen, dass aufgrund dieser Art des Denkens an ausgleichende Gerechtigkeit er mit einem gewissen Optimismus an ein baldiges Ende der Absagen glaubt und daraus Kraft für weitere Bewerbungen schöpft.
Bei Bewerbern, die dem Persistenz-Fehlschluss anhängen, besteht die Gefahr eines sich selbst verstärkenden Pessimismus durch serienmäßige Negativerfahrungen. Diese Bewerber würden eher erwarten, dass nach einer Reihe von Absagen die Wahrscheinlichkeit für weitere Absagen steigt. Die bereits erwähnten Untersuchungen von Altmann, Falk und Marklein aus dem Jahr 2009 haben in der Tat ergeben, dass der Anteil von Langzeitarbeitslosen unter Probanden, die den Persistenz-Fehlschluss begehen, statistisch überzufällig erhöht ist.
Verurteilung gleich Straftat-Ermutigung?
Ein Beispiel von einem ganz anderen psychologischen Terrain sei auch noch erwähnt. Ein Forscherteam unter Beteiligung der beiden Kriminologen Alex Piquero und Greg Pogarsky hat sich in einer Studie[ 22 ] mitder Psychologie von Mehrfachstraftätern beschäftigt. Die Wissenschaftler machten in deren psychologisch-kognitiver Ausstattung eine Art von Spieler-Fehlschluss aus: Ähnlich wie Kasinospieler, die nach mehreren Verlusten davon ausgehen, dass das Glück ihnen nun eine günstige Fortsetzung bringen werde, denken viele Kriminelle nach Überführung, Verurteilung und Bestrafung, dass die Gefahr, entdeckt zu werden, bei der nächsten Straftat gering und das Glück auf ihrer Seite sein müsse, weil «der Blitz nie zweimal an derselben Stelle einschlägt». Manche Kriminelle neigen eher zur Ausübung einer Straftat, wenn sie die Risiken, entdeckt zu werden, als gering einschätzen. Und das tun viele von ihnen überraschenderweise gerade dann, wenn sie schon einmal oder gar mehrfach verurteilt worden sind. «Nachdem man in der Vergangenheit wegen einer Straftat belangt worden ist, betrachtet man die Chancen, dass dies abermals geschieht, als reduziert», so Piquero und Pogarsky.
Fühlen Sie sich durch die Eigenschaften des Zufalls schon leidlich in Konfusion versetzt? Um die Verwirrung vollständig zu machen: Es gibt Kontexte, in denen Verhaltensweisen im Sinne des SpielerFehlschlusses gar nicht fehlerhaft sind oder zumindest keine gravierenden Negativfolgen haben. Rechnet man bei bestimmten Zufallsvorgängen nach einer Serie von Ausgängen eines Typs A eher damit, dass anschließend ein Ausgang anderen Typs B kommt, kann das tatsächlich optimal sein. Wenn es sich wirklich um einen Vorgang handelt, der bestimmte in der Realität auch häufig vorkommende Abhängigkeitsstrukturen unter den einzelnen Versuchen aufweist, dann ist
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