Achtung Denkfalle! - die erstaunlichsten Alltagsirrtümer und wie man sie durchschaut
Verschiedenheit ist deutungsbedürftig. Die Tatsache, dass die Erwähnung der Farbe des Asses überhaupt eine Wirkung besitzt und dann auch noch eine derart gewaltige, die sich im Bereich von 20 % Wahrscheinlichkeit bewegt, ist völlig rätselhaft. Doch die angegebenen Zahlenwerte für die Wahrscheinlichkeiten sind seriös und können auch durch Simulationen bestätigt werden. Wir wollen sie plausibel machen, und zwar mit den für diese Lagen typischen Methoden kombinatorischer Auswahlüberlegungen.
Dazu benötigen wir ein paar besondere Zahlen, die man Binomialkoeffizienten nennt. Ein kurzer Einschub soll uns mit ihnen vertraut machen.
Das Tao der Binomialkoeffizienten
Der Formelausdruck
steht in der Mathematik für die Anzahl verschiedener k-elementiger Teilmengen einer n-elementigen Menge. Die genaue Anzahl ist gleich
Diese Formel lässt sich leicht erklären, bedenkt man, wie groß die Wahrscheinlichkeit ist, eine gegebene k-elementige Teilmenge durch zufälliges schrittweises Ziehen von k Elementen aus einer n-elementigen Menge zu erhalten. Es ist k/n die Wahrscheinlichkeit, irgendeines der k Elemente zu ziehen. Ist dies geschehen, verbleiben noch (n–1) Elemente in der Menge, aus denen eine (k–1)-elementige Teilmenge zu ziehen ist. Der nächste Faktor ist also (k–1)/(n–1), und so geht es weiter, jeweils schrittweise Zähler und Nenner um 1 vermindernd, bis zum k-ten Faktor 1/(n–k+1). Das Produkt dieser Faktoren ist die angesprochene Wahrscheinlichkeit. Wenn man dann noch bedenkt, dass diese Wahrscheinlichkeit für jede beliebige k-elementige Teilmenge dieselbe ist, dann kann man die Anzahl verschiedener k-elementiger Teilmengen einer n-elementigen Menge durch Bildung des Reziprokwertes dieser Wahrscheinlichkeit erhalten.
Mit Hilfe der Binomialkoeffizienten können wir nun schreiben:
Ein paar erklärende Worte zu diesem Ausdruck sind noch nötig: Zunächst einmal ist der Nenner, also die Zahl
als Differenz der Anzahl aller verschiedenen Bridge-Blätter (also aller verschiedenen Auswahlen von 13 aus 52 Karten) und der Anzahl aller verschiedenen Blätter ohne jegliche Asse zu deuten. Diese Differenz ist, anders ausgedrückt, gleich der Zahl verschiedener Blätter, die
wenigstens
ein Ass enthalten.
Ferner tritt in Formel (10) der Ausdruck
auf. Dieser Term gibt Auskunft über die Anzahl aller verschiedenen Blätter mit
genau
einem der 4 Asse: Das gegebene Ass bildet eine der 13 Karten. Die verbleibenden 12 anderen Karten können beliebig aus 48 Nicht-Assen ausgewählt werden. Das geht auf
Arten. Für jedes der 4 Asse gilt dieselbe Überlegung, was den Faktor 4 erklärt.
Der Quotient in Formel (10) ist also die Wahrscheinlichkeit, dass ein Blatt, von dem ich weiß, dass es ein Ass enthält, kein weiteres Ass enthält. Und P a ist dann einfach die Restwahrscheinlichkeit zu 1, also die Wahrscheinlichkeit, dass ein Blatt mehr als ein Ass enthält unter der Voraussetzung, dass es ein Ass auf jeden Fall enthält.[ 27 ]
Unter der Voraussetzung b. lässt sich entsprechend diese Überlegung anstellen:
Hierbei gibt
die Zahl der verschiedenen Bridge-Blätter an, die auf jeden Fall das Herz-Ass und eventuell andere Asse enthalten, während
die Anzahl unter diesen Blättern angibt, die das Herz-Ass, aber sonst kein weiteres Ass enthalten. Somit ist P b gleich 1 minus der Quotient der obigen Anzahlen. Denn dann beziffert P b die Wahrscheinlichkeit, dass ein Blatt mehr als ein Ass enthält unter der Voraussetzung, dass es das Herz Ass ganz sicher enthält.
Damit haben wir zunächst nur die Wahrscheinlichkeiten berechnet. Sie sind verschieden. Das ist das Paradoxon. Aber warum tritt es auf? Wie schleicht es sich ein?
Das Warum und das Wie des Paradoxons lassen sich leichter in vereinfachter Version verstehen. Nehmen wir ein Kartendeck von nicht 52, sondern von nur 3 Karten: Herz-Ass, Pik-Ass und Karo 2. Das ist eine komplexitätsdämpfende Maßnahme und ein neues Setting im Alten. Das Wahrscheinlichkeitenproblem ist dadurch nur noch eine Schrumpfform seiner selbst. Ist diese stark vereinfachte und reduzierte Situation analogiefähig? Aber gewiss! Herr K erhält zwei zufällig ausgewählte Karten. Es gibt 3 mögliche gleich wahrscheinliche 2-Karten-Blätter. Das sind diese
Abbildung 55: Mögliche Auswahlen von 2 aus 3 Karten
Nur eines dieser drei Blätter besteht aus zwei Assen. Demnach ist die Wahrscheinlichkeit, zwei Asse zu ergattern, gleich 1/3.
Nun verkündet Herr K, dass er ein Ass
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