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Achtung Denkfalle! - die erstaunlichsten Alltagsirrtümer und wie man sie durchschaut

Achtung Denkfalle! - die erstaunlichsten Alltagsirrtümer und wie man sie durchschaut

Titel: Achtung Denkfalle! - die erstaunlichsten Alltagsirrtümer und wie man sie durchschaut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C.H.Beck
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Wenn wir hinten anfangen und zuerst D gegen C antreten lassen, gewinnt C mit 64:36, den Vergleich mit B gewinnt anschließend B mit 68:32. Endlich gewinnt B auch noch gegen A mit 70:30 und ist der Champion.
    Das ist abermals ein anderes Ergebnis. Es ist aber noch nicht das Ende einer Fahnenstange der Verwirrung. Starten wir nämlich mit dem Duell A gegen D, dann gewinnt D mit 70:30, tritt D anschließend gegen B an, gewinnt D mit 68:32 und im Wettbewerb mit C gewinnt C mit 64:36. Damit ist C jetzt der Gewinner.
    Als Ergebnis ist festzuhalten, dass der Gesamtsieger ganz entscheidend von der Reihenfolge der durchgeführten Zweikämpfe abhängt. Im Sport hatten wir so etwas immer schon insgeheimgedacht. Doch bei etwas zahlenmäßig so Objektivem wie einer Wahl? Jeder der Kontrahenten B, C, D kann bei geeigneter Reihenfolge der Duelle die Wahl gewinnen. Und so könnte der Wahlleiter bei Festlegung einer entsprechenden Reihenfolge einen von ihm gewünschten Sieger küren. Dieser Modus der paarweisen Vergleiche scheint ebenso wenig zu einer befriedigenden Siegerauswahl zu führen. Ein Gefühl der Ratlosigkeit stellt sich ein. Wahlen und Zahlen erweisen sich hier alles andere als objektiv.
    Als wandelndes Prinzip Hoffnung fragen wir: Was kann man sonst noch veranstalten, um bei Meinungsdissenz der Objektivität und Überparteilichkeit eine faire Chance zu geben? Darüber haben sich schon viele Menschen den Kopf zerbrochen. Unter anderem auch der Londoner Rechtsanwalt Thomas Hare (1806–1891), nach dem die
Hare’sche Rangfolgewahlmethode
benannt ist. Sie wird auch als
Instant-Runoff-Voting
(IRV) bezeichnet. Es ist ein Wahlsystem mit sofortiger Stichwahl. Dabei wird aus den individuellen Präferenzordnungen der Wähler nach einem bestimmten Modus eine einzige Rangliste als Wahlergebnis aggregiert. Der Modus ist der folgende:
    Bei der Auszählung der Stimmen wird zuerst ermittelt, welcher Kandidat die wenigsten Platz-1-Stimmen bekommen hat. Dieser wird aus allen Wahlzetteln eliminiert. Die nachgeordneten Kandidaten rücken auf. Dieses Verfahren der Streichung eines Kandidaten wird schrittweise wiederholt, bis nur noch zwei Kandidaten für das Finale im Rennen sind. Im Finale gewinnt der Kandidat mit der höheren Stimmenzahl. Das Verfahren kann unter Umständen vorzeitig beendet werden, wenn ein Kandidat mehr als die Hälfte aller Platz-1-Stimmen verbuchen kann. Dieser Kandidat wird auch bei fortgesetzter Auszählung der Stimmen von keinem anderen mehr eingeholt werden können.
    Die Anwendung dieser Methode führt in unserem laufenden Beispiel zunächst auf folgende Tabelle:
Hare’sche Rangfolgewahlmethode
Präferenzen
Prozente
A
B
C
D
A > B > C > D
10
10
 
 
 
A > C > D > B
9
9
 
 
 
A > D > B > C
11
11
 
 
 
B > C > D > A
22
 
22
 
 
C > D > B > A
23
 
 
23
 
D > B > C > A
25
 
 
 
25
Gesamt
100
30
22
23
25
Ergebnis
Kein Kandidat hat die absolute Mehrheit. B ist Verlierer.
    Tabelle 24: Ausgangstabelle für die Hare’sche Rangfolgewahlmethode
    Nun wird für den nächsten Schritt die Alternative B aus allen individuellen Präferenzlisten gestrichen. Das Ergebnis ist die vereinfachte Tabelle:
Hare’sche Rangfolgewahlmethode
Präferenzen
Prozente
A
C
D
A > C > D
  19
19
 
 
A > D > C
  11
11
 
 
C > D > A
  45
 
45
 
D > C > A
  25
 
 
25
Gesamt
100
30
45
25
Ergebnis
Kein Kandidat hat die absolute Mehrheit. D ist Verlierer.
    Tabelle 25: Erstes Zwischenstadium der Hare’schen Rangfolgewahlmethode
    Nun wird D eliminiert. Und nach Eliminierung von D gelangen wir zur Tabelle
Hare’sche Rangfolgewahlmethode
Präferenzen
Prozente
A
C
A > C
 30
30
 
C > A
 70
 
70
Gesamt
100
30
70
Ergebnis
C ist Gesamtsieger!
    Tabelle 26: Endstadium der Hare’schen Rangfolgewahlmethode
    Dieses Verfahren hat uns nun C als Sieger beschert.
    Zur Einschätzung der Methode ist zu sagen: Auch das Hare-Verfahren basiert auf dem Mehrheitsprinzip, bemüht sich aber im Unterschied zum reinen Mehrheitsentscheid, durch Berücksichtigung auch hinterer Listenplätze die Beliebtheit der einzelnen Wahlmöglichkeiten genauer in das Ergebnis einzubringen.
    Das Hare’sche Verfahren ist von nicht nur theoretischem Interesse. Diese Form der Rangfolgewahl wird derzeit in Australien zur Wahl der Mitglieder des Repräsentantenhauses und in Irland immerhin bei der Präsidentenwahl eingesetzt. Auch bedient sich das Internationale Olympische Komitee zur Ermittlung der ausrichtenden Stadt des Hare-Verfahrens. Dieser Algorithmus macht

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