Achtung, Gutmenschen!: Warum sie uns nerven. Womit sie uns quälen. Wie wir sie loswerden.
Menschen sein wollen, können wir uns nicht mit Haarspaltereien aufhalten. Es muss uns auch gleichgültig sein, ob aggressives Verhalten in der Evolution angelegt ist, wie Verhaltensforscher behaupten: weil es bei jedem Lebewesen um das Überleben der Art ginge. Wir wollen auch nicht auf die psychoanalytische Behauptung eingehen, aggressive Triebe seien ein Grundbestandteil der Psyche. Nein, danke.
Okay, ein bisschen Aggressivität kann schon mal passend sein, klar. Bei jeder Friedensdemo entsteht binnen kurzem eine mächtige aggressive Stimmung. Allerdings nur gegen die Bösen. Und da ist Aggressivität berechtigt. Selbst die gutesten Gutmenschen müssen doch ein paar Krieger bewundern dürfen!
«Partisanen» zum Beispiel sind für Gutmenschen bewundernswert, weil sie immer in der schwächeren Position sind und stets für die gerechte Sache kämpfen. «Résistance» hört sich auch nicht schlecht an. Oder «Rebellen». Robin Hood und seine Rebellen gegen die Obrigkeit, solch urige Typen sind gut; zumal sie auch mal lustig sind und Obrigkeit immer schlecht gelaunt ist. Fidel Castro war auch okay, solange er noch nicht dement war und die Uniform ihm stand.
Che Guevara natürlich, dem das Altern erspart blieb: Der war und ist und bleibt der Superstar aller guten Menschen. Wäre damals schon der «sexiest man alive» gewählt worden, er wäre es geworden. Mit diesem Typen würden auch Gutmenschen glatt auf den Kriegspfad gehen, zumindest für ein paar Tage. Ach, übrigens Kriegspfad: Indianer sind ebenfalls gut, wenn sie kämpfen. Am Ende rauchen sie medizinmännlich die Friedenspfeife und leben wieder im Einklang mit der Natur.
Also: Ein paar einsame Krieger und kämpfende kleine Völker dürfen Gutmenschen loben und können sich trotzdem oder gerade deshalb als gute Menschen fühlen. Böse sind immer die Großen, besonders wenn sie wie Spielverderber auftreten und technisch überlegene Waffen auffahren. Die Römer zum Beispiel gegen Asterix und Obelix. Und heutzutage die Amerikaner oder wenigstens deren Führer. Großbritannien ist auch immer schwer verdächtig, ebenso Frankreich mit seiner alten Liebe zu Atombombentests.
Die Deutschen – die guten unter ihnen – sind friedlicher. Hören wir dieses Bekenntnis eines unserer berühmtesten Kanzler: «Deutschland will den Frieden aus tiefinnersten weltanschaulichen Überzeugungen. Wenn man sagt, dass dies nur der Wunsch der Führung sei, kann ich darauf folgende Antwort geben: Wenn nur die Regierenden den Frieden wollen, die Völker selbst haben sich noch nie den Krieg gewünscht! Die Art unserer neuen Verfassung gibt uns die Möglichkeit, in Deutschland den Kriegshetzern das Handwerk zu legen. Möge es auch den anderen Völkern gelingen, der wahren Sehnsucht ihres Inneren mutigen Ausdruck zu verleihen!»
Genau. Richtig erkannt. «Stresemann hätte keine sanftere Friedensrede halten können», notierte ein Sozialdemokrat über dieses Bekenntnis. Doch der gute Mensch, der es ablegte, vor etwas mehr als siebzig Jahren, hieß Adolf. In diesem Kapitel drucken wir einen größeren Abschnitt seiner Friedensrede ab, weil sie typisch ist für ein schlichtes Phänomen: Es ist so herrlich einfach, sich zum Frieden zu bekennen. Es bringt so wundervoll rauschenden Beifall. Und so ein gutes Gefühl.
Das, was jemand sagt, steht nicht unbedingt im Einklang mit dem, was er denkt. Vielleicht sogar nie. Denn das, was jemand sagt, verfolgt immer einen Zweck. Wenn jemand sich zum Frieden bekennt, möchte er, dass andere ihn für einen vorbildlichen und liebenswerten Menschen halten. So wie Sie das möchten. So wie ich das möchte. So wie Hitler sich das wünschte.
Man muss vielleicht noch etwas mehr tun, um den letzten deutschen Reichskanzler an Güte und Menschenfreundlichkeit zu überflügeln. Gutmenschen haben sich da schon ein paar Sachen einfallen lassen. Ob sie es wohl schaffen?
21 scheußliche Dinge, die Friedens-Gutmenschen heute tun müssen …
… während wir uns entspannen
sich einbringen
Bedenken äußern
ein Zeichen setzen
Tabus infrage stellen
das Undenkbare denken
ergebnisoffen diskutieren
andere mit ins Boot holen
Handlungsbedarf anmelden
Wut und Trauer empfinden
mahnende Stimmen erheben
Nichthinterfragtes hinterfragen
Abscheu und Empörung äußern
Wandel durch Annäherung fördern
die Mauern in den Köpfen einreißen
alles in den richtigen Kontext setzen
Betroffenheit zum Ausdruck bringen
die Menschen da abholen, wo sie sind
offensiv mit
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