Achtung, Gutmenschen!: Warum sie uns nerven. Womit sie uns quälen. Wie wir sie loswerden.
von Göring einen Preis angenommen hat. Da muss natürlich ein neuer Name her! Eine Stadt, die in ihrer Kartei immer noch einen Gauleiter als Ehrenbürger führt. Der muss jetzt sofort mit großem Rummel ausgebürgert werden! Eine Straße, die den Namen eines deutschen Sportlers trägt, der bei der Olympiade 1936 eine Medaille errungen und nicht verweigert hat. Die Straße wird jetzt in Geschwister-Scholl-Straße umbenannt.
Menschen, die so etwas aufspüren oder gar entlarven und öffentlich auf den Skandal hinweisen, können sich den Vorgang einrahmen und dürfen sich bis an ihr Lebensende rein und gut und unschuldig fühlen. «Schuld ist, wie Unschuld, nicht kollektiv, sondern persönlich», hat Richard von Weizsäcker behauptet. Doch da irrte er. Denn Schuld ist kollektiv, nur Unschuld ist persönlich. Schuld muss einfach den kollektiven dunklen Hintergrund abgeben, von dem sich noch der scheußlichste Gutmensch strahlend hell abheben kann. Er muss nur auf diesen Hintergrund hinweisen mit dem edlen und originellen Satz: «Das darf nie wieder passieren.»
Dem Forscher Paracelsus wird ein sonderbares Wort zugeschrieben: «Die es gut meinen», soll er gesagt haben, «das sind die Schlimmsten.»
21 scheußliche Dinge, die Unschulds-Gutmenschen heute tun müssen …
… während wir uns entspannen
Solidarität üben
Energien freisetzen
gezielt Rechte einfordern
die Vergangenheit bewältigen
soziale Barrieren überwinden
kritisch miteinander umgehen
sensibel und verletzbar bleiben
den Dialog der Kulturen führen
die Hoffnung am Leben erhalten
Gesprächsbereitschaft signalisieren
sich in den Klärungsprozess begeben
dem Rassismus die Rote Karte zeigen
Besonnenheit und Wachsamkeit üben
gemeinsame Schnittmengen erkennen
den Menschen in den Mittelpunkt stellen
eigene Ecken und Kanten nicht verleugnen
den zwischenmenschlichen Bereich beleben
BürgerInnen mit Migrationshintergrund fördern
in wechselseitigem Einvernehmen kommunizieren
andere mit ihren unterschwelligen Vorurteilen konfrontieren
Zehn böse Nachrichten, mit denen wir Unschulds-Gutmenschen aufmuntern können
Unschuldige Gutmenschen haben zwar ein jungfräuliches Gewissen. Doch sie leiden stellvertretend für andere. Sie schämen sich für Menschen, die oft nicht einmal merken, wie schuldbeladen und unsensibel sie sind. Manchmal scheint die ganze Welt nicht zu merken, wie schlecht es um sie steht. Dann verfallen Unschulds-Gutmenschen in trübe Grübeleien. Wir sind verpflichtet, ihnen zu neuem Optimismus zu verhelfen. Das geht nur mit schlechten Nachrichten. Etwa den folgenden.
Dein Nachbar hat schon wieder seine Deutschland-Flagge rausgehängt!
Der Ministerpräsident von Baden-Württemberg (Sachsen, Bayern, Thüringen) hat die Verbrechen der deutschen Vergangenheit relativiert!
Deine offizielle Anerkennung als Globalisierungsgegner verzögert sich!
Die Stadtrundfahrt mit ehemaligen Zwangsarbeitern fällt aus!
Deine Patenschaft für eine Milchziege in Simbabwe läuft morgen ab!
Helmut Kohl bekommt den Friedensnobelpreis!
Zwei Ewiggestrige wollen die Stolpersteine auf der Hauptstraße wieder herausreißen!
Deine Kurzgeschichte für die Lesung in der Armenhilfsstätte ist abgelehnt worden!
Das Stelenfeld in Berlin soll einem McDonald’s-Drive-in weichen!
Der Typ da drüben hat behauptet, du seist ein typischer Deutscher!
Die letzten beiden Aufmunterungen verwenden wir nur, wenn die Animationsversuche mit den anderen keinen Erfolg gezeigt haben.
Zehn Fragen, mit denen man einem Unschulds-Gutmenschen die Torte wegschnappen kann
Gegen den Hass zu dozieren beschert einem Gutmenschen unvergleichliche Glücksgefühle. Dafür lässt er alles stehen, selbst Champagner, Eis und Sachertorte. Ein Nachmittag im Café mit einem Unschulds-Gutmenschen wird von Amnesty International als Folter zweiten Grades eingestuft. Doch diese Folter lässt sich in Genuss verwandeln. Denn der Unschulds-Gutmensch wird uns dankbar zu Torte und Getränken einladen, sobald wir ihn um seinen Kommentar zu den aktuellen Ereignissen bitten. Sofern er keine allzu feuchte Aussprache hat, können wir während seiner Reden ungestört die besten Leckerbissen verzehren. Ungestört? Ja – wir müssen nur den Kanal zwischen unseren beiden Ohren auf widerstandsfreien Durchzug stellen und sein Gerede als neutrales Grundrauschen einstufen. Wenn seine Satzmelodie eine Pause verheißt oder zu ermüden beginnt, werfen wir rasch mit höchstem Interesse die nächste Frage
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