Achtung Klappe
Filmstar, Sie wissen doch, daß ich nur Berater bin.“
„Und wie findet sich Pinsel mit seiner Rolle ab?“
„Jetzt, wo das Ende vor der Tür steht, scheint es ihm immer mehr Spaß zu machen.“
„So ist es meistens. Dreizehn Tage habe ich in meinem letzten Urlaub gebraucht, um mich an das schauderhafte Kaff zu gewöhnen, am vierzehnten Tag ging es wieder heimwärts.“
„Ich habe den Verdacht, daß es allein an der großzügigen Bewirtung liegt, daß er plötzlich auf Begeisterung macht.“
„Diese Begeisterung hat er von seinem Herrn, oder?“
„Was heißt hier oder? Er ist ein geborener Fresser, so was gibt’s!“
„Hm, Freunden soll man alles glauben. Also glaub’ ich es. Ist er heute bei dem Film-Pfiff in Pension?“
„Aber nein, er liegt zu Hause und erholt sich in seiner Ofenecke vom Fressen. Ich wollte ihn nicht mitnehmen...“
„Aha“, nickte Blaumichel, sah mich verständnisvoll an und fragte mit leiser Stimme: „Sie waren dienstlich unterwegs?“
„So ist es... In einer Angelegenheit, die Ihnen alles andere als fremd sein sollte.“
„Mensch, die Geldfälscher!“ stieß Blaumichel atemlos hervor, packte mich am Arm, schüttelte den wie ein Staubtuch und hatte im gleichen Augenblick einen blendenden Einfall: „Wissen Sie was, ich hab’ eigentlich gar keine große Lust mehr, und viel los ist heute abend sowieso nicht, gehen wir auf einen Sprung ins ,Hüttengrill’.“
„Ins ,Hüttengrill’?“
„Ja. Ich spendiere Ihnen eine ,warme Sennerin’ 1 und fahre Sie anschließend nach Haus. Als Gegenleistung erzählen Sie mir, was es für Neuigkeiten von den Blütenheinis gibt.“
„Einverstanden!“ erwiderte ich, denn ein gutes Geschäft auszulassen, wäre nicht nur dumm, das wäre sogar dümmlich.
Obwohl die „Sennerin“ nur noch lauwarm war, schmeckte sie mir. Aber das lag wohl in erster Linie an meinem plötzlich erwachten Hunger. Anschließend berichtete ich Blaumichel von den Fotos in Masseritz’ Brieftasche und von Jokora, der keinen Backenbart mehr trug. Gegen 23 Uhr 30 endlich bogen wir in meine Straße ein, und schon zehn Sekunden später begann mein Herz einen Takt schneller zu schlagen, und ein eigenartiges Gefühl der Beklemmung ergriff mich.
Vor meiner Haustür standen drei Leute und sprachen miteinander.
Das war äußerst ungewöhnlich, denn alle drei wohnten im Haus, und mindestens eine der drei Personen, Frau Eulchen, pflegte um diese Zeit längst an der Matratze zu lauschen.
„Volksversammlung oder Empfangskomitee?“ grinste Blaumichel.
„Keine Ahnung. Nur eines weiß ich: So spät bin ich noch keinem der drei begegnet. Das zweite Wunder: Frau Eulchen und Herr Kaiser! Sie halten sich im Geist, wenn sie sich begegnen, die Nase zu, denn sie können sich nicht riechen.“
Blaumichel trat auf die Bremse und ließ den Wagen langsam in Richtung Haustür ausrollen.
Wie auf Kommando verstummte das Gespräch der drei. Zuerst neugierig, dann ungläubig und schließlich fassungslos sahen sie uns entgegen.
„Verstehen Sie das? Die starren uns an, als hätten wir anstelle von Nasen Zuckerrüben im Gesicht.“
„Ich ahne Böses“, gab ich zu, wußte jedoch nicht, was ich Böses ahnen sollte. Ich war, wie man so schön sagte, ahnungslos wie ein verschrumpeltes Brötchen. Klingt blöd, trifft jedoch den Gong voll in der Mitte.
Also stieg ich, ei der Daus und heiliges Kanonenröhrchen, erst einmal aus.
Die Herren Kaiser und Güldenreich tasteten mich mit ihren Augen ab, als sei ich ein neu eingetroffener Kaufhausartikel.
Frau Eulchen dagegen setzte sich mit ausgestreckten Armen in Marsch. Zuerst langsam, in Zeitlupenschrittchen, dann in Endspurttempo...
War das vielleicht alles nur ein kindischer Traum? Träumte ich, daß Frau Eulchen in der Linken meinen rechten Arm hielt, während ihre Rechte über meine linke Wange tastete? Die gleiche Frau Eulchen, die sich ständig über alle möglichen Geräusche und Gerüche bei mir beschwerte.
Erst vorgestern hatte sie wie wild geklingelt und verlangt, ich solle gefälligst mein Fenster schließen, wenn ich alte Gummistiefel in ranzigem Öl brate. Dabei war ich nur bei der Zubereitung von köstlichem Tintenfisch.
Und jetzt, mitten in der Nacht, stand sie vor mir, streichelte mich, während aus ihren sonst so giftig dreinblickenden Bernhardineraugen dicke Zähren rollten.
„Zum Teufel, Frau Eulchen, was ist denn los???“ brüllte ich sie an. Nein, gebrüllt habe ich nicht... hm, ich war eigentlich nicht mal
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