Achtung Klappe
laut. Um der Wahrheit die Ehre zu geben: ich flüsterte! „Zum Teufel, Frau Eulchen, was ist denn los???“ flüsterte ich und registrierte das seitliche Auftauchen von Blaumichel.
„Ich... ich hätte nie gedacht, daß man Sie so schnell wieder entläßt“, schluchzte Frau Eulchen, und die Herren Kaiser und Güldenreich nickten aus der Entfernung lebhafte Zustimmung.
Ich sah Frau Eulchen an, ich sah Blaumichel an, sah die beiden anderen an und suchte nach passenden Worten. Hatte Frau Eulchen eben „entläßt“ gesagt? Vorsichtig hielt ich ihre Hand fest, die mich immer noch streichelte.
„Haben Sie eben was von Entlassung gesagt?“
Sie nickte unter Tränen, sah mich forschend an:
„Kein Pflaster, kein Verband... Sie sahen so schrecklich aus. Haben Sie große Schmerzen?“
„Schmerzen? Warum sollte ich Schmerzen haben, Frau Eulchen?“
„Na, so blutüberströmt, wie Sie waren...“.“
Kaiser und Güldenreich traten näher.
„Sie sahen wirklich schrecklich aus“, sagte Güldenreich. „Ihr Hemd...“ er stutzte, beugte sich vor, schüttelte den Kopf und sah mich an: „Sie haben inzwischen die Kleidung gewechselt?“
Frau Eulchen tippte mir gegen die Stirn.
„Komisch, hier, hat der Sanitäter gesagt, müßten Sie auf alle Fälle genäht werden. Ich sehe aber nichts.“
„Aha“, sagte ich. Bei Jussuv, dem Bartzupfer, es mußte sich um einen Alptraum handeln, oder?
„Es liegt hier ganz offensichtlich ein Irrtum vor, so, wie ich das sehe!“ meinte Blaumichel.
Ich ließ ganz behutsam die verbrauchte Luft aus mir entweichen und holte neue. Sie roch leicht nach Frau Eulchens Seife. Es handelte sich um keinen Traum, sondern um das, was Blaumichel einen Irrtum nannte. Und genau das war es, was mich aufs tiefste beunruhigte.
„Frau Eulchen“, begann ich behutsam, „irgend etwas muß hier geschehen sein, wovon ich nichts weiß, was Sie alle jedoch zutiefst erschreckt hat. Würden Sie mir bitte erzählen, worum es sich handelt?“
Frau Eulchen riß die Augen auf.
„Wo... wo... wollen Sie s... s... sagen, daß Sie alles vergessen ha... haben?“ stammelte sie und sah sich hilfesuchend nach Kaiser und Güldenreich um.
„Das ist der Schock, Frau Eulchen!“ sagte Hermann Güldenreich.
Ich winkte ab.
„Was soll ich denn vergessen haben?“
„Man hat Sie zusammengeschlagen, Herr Pfiff!“ sagte Herr Kaiser.
„Vor Ihrer Wohnungstür!“ wurde Herr Güldenreich ausführlicher.
„Sie können das doch nicht vergessen haben, Herr Pfiff!“ schluchzte Frau Eulchen und fing die rinnenden Tränen mit etwas Lilagerändertem auf.
„Es muß der Schock sein!“ wiederholte Güldenreich seine Vermutung.
„Schließlich waren Sie besinnungslos!“ sagte Herr Kaiser und verzog wie unter Schmerzen das Gesicht.
„Sie waren ja so... so... so blutüberströmt!“ Ein neuer Tränenstrom begleitete die Erinnerung.
Ich warf Blaumichel einen Blick zu, und er warf mir einen zurück. Und laut sagte er:
„Es wird höchste Zeit, daß hier ein offensichtlicher Irrtum aufgeklärt wird.“
„So ist es“, stimmte ich zu und faßte zusammen, was ich bisher gehört hatte: „Sie sind der Meinung, daß man mich vor meiner Tür zusammengeschlagen und blutüberströmt liegengelassen hat. Ich war besinnungslos, und ein Sanitäter wollte mich sogar nähen, hier oben...“.“ich tippte an meine Stirn, „an dieser Stelle!“
Alle drei nickten.
„Und genau das kann nicht sein. Ich war mit diesem Herrn hier essen. Wir haben ein paar ,lauwarme Sennerinnen’ verdrückt.“
Trotz dieser leicht dahingesagten Worte begann sich eine ganz böse Ahnung in mir zu regen.
„Man hat zweifellos vor Herrn Pfiffs Wohnungstür einen anderen verdroschen!“ sagte Blaumichel mit sichtlichem Unbehagen in der Stimme.
„Aber nein, nein, nein, es war Herr Pfiff... ich kenne ihn doch seit vielen Jahren...“ rief Frau Eulchen, und es klang regelrecht hysterisch. Plötzlich riß sie den Kopf hoch: „Sie haben doch keinen Zwillingsbruder, Herr Pfiff, oder?“
Bedurfte es noch weiterer Fragen? Was zuerst nur eine böse, wenn auch vage Ahnung gewesen war, hatte sich zur schrecklichen Gewißheit gemausert.
Sei kühl, Baldi! rief ich mir zu und handelte auch so: „Frau Eulchen, Herr Güldenreich, Herr Kaiser, sie alle haben recht und doch nicht recht, wenn sie geglaubt haben, ich sei das Opfer. Ich werde Ihnen die Einzelheiten später erklären. Zunächst darf ich Sie bitten, mir möglichst rasch und möglichst genau über das zu
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