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Achtung Kurven

Achtung Kurven

Titel: Achtung Kurven Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Horst Biernath
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Befürchtungen wurden noch übertroffen...
    »Was sagt Dr. Sommer?« fragte er mit einem zur Vorsicht mahnenden Blick auf die Tür.
    »Er hat ihm schwer eingeheizt«, sagte sie und löste die Arme von seinem Hals. »Du kennst ja die unverblümte Art des Doktors. Wenn Sie so weitermachen, Herr Bauersfeld, hat er gesagt, dann kann Ihre Frau bald die Vergißmeinnicht über Ihrem Sarg begießen. Und dann hat er ihm dringend empfohlen, sich für mindestens drei Wochen ins Krankenhaus zu legen und im Anschluß daran nach Nauheim oder Bad Orb zu gehen. Sein Herz ist überhaupt nicht in Ordnung.«
    »Und was sagt er selbst dazu?« fragte Herold und hoffte inbrünstig, der Chef werde den Vorschlag des Arztes entrüstet zurückgewiesen haben.
    »Ich glaube fast, daß er angebissen hat. Drei Wochen ohne ihn, ich wage noch nicht, es für wahr zu halten. Es wäre zu schön...«
    Sie streichelte Herolds Hand und spielte verliebt mit seinen Fingern. Das Telefon auf dem Schreibtisch läutete und nahm ihm für den Augenblick seine Sorgen ab, wie er sich mit Anstand verdrücken könne. Sie hob den Hörer unwillig ab, aber ihr Ausdruck veränderte sich rasch, und sie deutete gegen die Zimmerdecke.
    »Der Chef?« flüsterte er.
    Sie nickte und legte den Hörer auf. »Er will dich sprechen.«
    »Hat er gesagt, was er von mir will?«
    Sie schüttelte den Kopf.
    »Er wird doch nicht etwa Verdacht geschöpft haben...?«
    »Auf keinen Fall — aber nimm dich trotzdem vor ihm in acht. Er ist listig wie eine Ratte.«
    Sie ging voran und öffnete oben die Wohnungstür: »Bitte, kommen Sie, Herr Herold«, sagte sie laut.
    Der Chef lag in dem riesigen französischen Bett des pompös ausgestatteten Schlafzimmers.
    »Brauchst du etwas, Paul?« fragte sie und griff nach der Wasserkaraffe, die halbgefüllt auf der Glasplatte des Nachttischchens stand.
    » Laß das Ding stehen und verschwinde«, knurrte er sie an und deutete mit dem Kinn in die Richtung der Tür. Der Ton in diesem Hause schien nicht gerade liebenswürdig zu sein...
    Heinz Herold trat näher an das Bett heran: »Wie geht’s, Herr Bauersfeld?« fragte er. Es war zwölf Stunden her, seit er den Chef zum letztenmal gesehen hatte. Das vom Glasschrot zerschrammte Gesicht und die verschwollene Nase boten einen fast noch übleren Anblick als am Morgen.
    »Beschissen wäre geprahlt«, knurrte Bauersfeld. Die Jacke seines blau-rot gestreiften Schlafanzuges stand offen und ließ die grau bepelzte Brust und ein Stück des rosigen Verbandes sehen, den der Doktor über die gebrochenen Rippen geklebt hatte.
    »Nehmen Sie sich einen Stuhl, Herold, und setzen Sie sich. Und wenn Sie rauchen wollen — mich stört es nicht.«
    In dem großen, knallgelben Reklameaschenbecher auf dem Nachttisch lagen ein gutes halbes Dutzend Korkmundstücke.
    »Ich würde an Ihrer Stelle mit den Stäbchen etwas langsamer treten«, meinte Herold mit einem Blick auf die Stummel.
    »Sparen Sie sich Ihre Ratschläge. Was mir bekommt und was mir nicht bekommt, weiß ich selber. Und solange ich keinen Warnschuß vor den Bug kriege, bekommt es mir!«
    Herold hatte sich in sechs Monaten an die Grobheiten des Chefs gewöhnt. Es war sein normaler Umgangston, auch den Fahrschülern gegenüber, aber niemand nahm ihm die rauhe Tonart übel. Er atmete flach und ließ Herold lange warten. Herold hatte auf einem Polsterhocker Platz genommen, und jede Sekunde, die ihn der Alte warten ließ, häufte ein neues Schäufelchen glühender Kohlen unter sein Sitzfleisch...
    »Sie waren anständig, Herold«, knurrte der Chef plötzlich, »für solch einen jungen Hund, wie Sie einer sind, erstaunlich anständig. Findet man sonst nur noch bei der alten Garde...«
    »Ach, reden wir nicht davon«, murmelte Herold verlegen.
    »Sie hätten mich auch im Dreck stecken lassen können. Wäre womöglich Sense gewesen. Der ganze Betrieb im Eimer. Das rechne ich Ihnen an, Herold. Sie kriegen jetzt vierzehnhundert bei mir, stimmt’s ?«
    Herold nickte: »Stimmt...«
    »Rückwirkend vom Ersten kriegen Sie, was auch Rothe bekommt — sechzehnhundert, verstanden?«
    »Danke, Chef, ich kann das Geld gut brauchen. Aber ich habe es gratis und franko gemacht.«
    »Das sollen Sie sich abgewöhnen, Herold. Für ein Dankeschön allein kann man sich nicht mal ‘ne Semmel kaufen. Habe ich recht oder nicht?«
    »Jeder nach seiner Fasson...«
    »Ich zahle meine Schulden. Das ist meine Fasson.« Er hob plötzlich den Kopf an, sein Kinn drückte einen mächtigen Fettwulst

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