Achtung Kurven
mit.«
»Die Sache ist ganz einfach, Herold. Sie gefallen ihr. Und ich soll es nicht merken. Und nun möchte sie mich mit Dr. Sommers Hilfe nach Nauheim verfrachten, um hier freies Spiel zu haben...«
»Zu diesem Spielchen gehören aber zwei!«
Der Chef beachtete den Einwurf nicht.
»Sie ist ein Biest«, sagte er. »Sie ist das raffinierteste Biest, dem ich in meinem ganzen Leben begegnet bin. Und das will was heißen. Ich habe sie trotzdem geheiratet.« Er nahm die Zigarette aus dem Mund und zerdrückte die Glut über dem Aschenbecher zwischen Daumen und Zeigefinger, als ob seine Haut aus Horn bestände. »Und ich habe es noch nicht eine Sekunde bereut. Hören Sie, Herold? Noch nicht eine Sekunde! — Es gibt keine zweite Frau, die so ist wie sie. Aber ich bin ein eifersüchtiger Narr. Ich mache alles kaputt. Und manchmal denke ich mir, daß sie mir nur deshalb immer wieder Grund zur Eifersucht gibt, um mich fertigzumachen. Um mich kleinzukriegen — vor ihr und vor mir selber.«
Heinz Herold wetzte nervös auf seinem Hocker herum. Was zum Teufel gingen ihn diese Ehegeschichten an? Jetzt war er fest entschlossen, seine Stellung aufzugeben...
»Unter diesen Umständen«, begann er.
»Halten Sie die Schnauze, Herold!« unterbrach ihn der Chef scharf. »Sie bleiben! Auch wenn ich mich ins Krankenhaus lege und tatsächlich nach Nauheim gehe. Ich bin so oder so außer Gefecht gesetzt. Und im übrigen ist mir sch... egal, was hier passiert.«
Herold stand auf. »So — und jetzt halten Sie mal für eine Minute den Mund!« sagte er und sah dem Alten gerade in die Augen. »Sie sind tatsächlich außer Gefecht gesetzt, und das ist der einzige Punkt, wo Sie nicht gelogen haben. Egal ist Ihnen nämlich nichts! Und am wenigsten das, was Ihre Frau tut. Alles, was Sie erzählt haben, zielte darauf ab, an meinen Anstand zu appellieren. Ich weiß nicht, ob ich in Ihrem Sinn anständig bin. Aber vielleicht beruhigt es Sie, wenn ich Ihnen erkläre, daß das Interesse Ihrer Frau an mir — von dem Sie gesprochen haben und nicht ich! — mich völlig kalt läßt. Ich bin nämlich anderweitig engagiert. — Das war es, was ich Ihnen zu sagen hatte. Wenn Ihnen das nicht genügt, suche ich mir noch heute eine Stelle, die weniger kompliziert ist!«
Er wartete. Der Chef hatte die Augen geschlossen. Er sah aus, als horche er aufmerksam in sich hinein. Heinz Herold drehte sich um und verließ das Zimmer. Er bemühte sich nicht darum, geräuschlos zu verschwinden. Als er an der Tür war, hörte er die Stimme des Chefs: »Es bleibt bei den sechzehnhundert.«
Er ging, ohne zu antworten und ohne sich umzudrehen.
Unten war die Tür zum Büro offen.
»Was war los?« fragte Frau Bauersfeld erregt, »was wollte er von dir?«
»Um es kurz zu machen: er appellierte an meinen Anstand, seine augenblickliche Lage nicht auszunutzen. Er nimmt nämlich an, du hättest es auf mich abgesehen. Außerdem hat er mein Gehalt rückwirkend auf sechzehnhundert erhöht.«
»Das kann doch nicht wahr sein!« stieß sie hervor.
»Die Gehaltserhöhung?« fragte er ironisch.
»Ach Unsinn! Das andere...«
»Und warum nicht? Er scheint tatsächlich ziemlich fertig zu sein. Er hängt nur noch in den Seilen...«
»Ach was! Dieser Mensch hat doch eiserne Prinzipien. Eines davon lautet, nie Schwäche zu zeigen. Mit solchen Sprüchen füttert er mich von früh bis spät.« Sie hob die Hand flach an den Hals. »Sie stehen mir bis hierher!« und sie verzog das Gesicht, als ob sie einen Brechreiz verspüre.
»Haßt du ihn eigentlich?« fragte er.
Sie blickte irritiert auf: »Was soll die Frage?«
»Ich habe den Eindruck, daß er dir mit Haut und Haaren verfallen ist. Man nennt so etwas auch Liebe... «
»Liebe...! Wenn dieser Mensch jemanden liebt, dann nur sich selbst. Von seiner Frau verlangt er, daß sie seine gehorsame Sklavin ist, die alles, was er tut, wunderbar findet — die immer für ihn da ist, die seine unberechenbaren Launen und sein Saufen und Schnarchen geduldig erträgt und die er mit einem geladenen Revolver in der Hand brüllend durch die Wohnung und durchs Haus jagen kann, wenn er einen seiner eifersüchtigen Tobsuchtsanfälle bekommt.«
»Gibst di ihm denn nie Grund zur Eifersucht!«
»Wie du fragst...!« sagte sie gedehnt. »Manchmal sehne ich mich eben nach ein bißchen Zärtlichkeit.«
»Er meinte, daß du dich an ihm rächen und ihn quälen willst.«
Sie starrte ihn an. Ihre Augen blickten zornig.
»Sag, auf wessen Seite stehst du
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