Achtung Kurven
seinem Notizbuch und sah mit Vergnügen, wie sie wieder einmal tief errötete.
»Ach, wissen Sie«, stotterte sie, »ich bin ja immerhin ein paar Jahre Roller gefahren...«
»Genau das habe ich mir auch schon gedacht«, nickte er, »Rollerfahren ist eine fabelhafte Vorschule. Wann sehen wir uns wieder?«
»Nächste Woche geht es leider nicht. Meine Mutter fährt zur Hochzeit einer Nichte für drei oder vier Tage nach Würzburg. Aber Sie kommen doch bestimmt zum Waldfest?«
»Wenn nichts dazwischen kommt, bin ich da. Und wo finde ich Sie?«
»Holen Sie mich doch von zu Hause ab...«
»Gut — haben Sie übrigens Telefon?«
Es entging ihm nicht, daß sie mit der Antwort zögerte. Ihr fiel nämlich siedend heiß ein, daß sie mit ihrer Fahrschule im Telefonverzeichnis stand. »Ja«, antwortete sie schließlich, »aber läuten Sie mich lieber nicht an, meine Mutter ist furchtbar neugierig.«
»Ich verstehe...«, murmelte er und schaute ihr nach, wie sie die Straße überquerte und sich neben ihrer Freundin in den Sitz des Wagens fallen ließ.
»Fahr schon zu!« sagte sie ungeduldig.
»Du, ich meine, dein Fahrlehrer hat angebissen«, kicherte Tilly Sauter , »wie der dir nachschaut...!«
»Und ich meine, daß er was gespannt hat«, sagte Marianne Schütz etwas kurzatmig. »Stell dir vor, Tilly: An einer Straßenkreuzung, beim Kaufhaus Hornig, hat es gebummst . Die Autos stauen sich. Und wer steht an der Kreuzung und macht dort Freiübungen? Maxe Wingert!«
»Ach du liebe Güte!«
»Und was tut der Idiot? Stoppt den Wagen, kriegt plötzlich tellergroße Augen und sagt: >He, Marianne, nimmst du etwa Fahrstunden?<«
»Du kriegst die Motten...!«
»Ich saß wie auf Kohlen und spürte, wie Herr Herold ganz komisch schaute. Und dann sagte ich zu Max: >Du wirst lachen, ich gebe dem Herrn Fahrunterricht<.«
»Was dein Herold sich dabei gedacht haben mag?«
»Das möchte ich auch gern wissen!«
»Und sonst?« fragte Tilly.
»Er hat mir versprochen, zum Waldfest nach Kirst zu kommen. Hoffentlich geht da nichts schief. Wenn er hinter den Schwindel kommt, schnappt er womöglich ein. Und was soll ich ihm dann erzählen, weshalb ich den Schwindel inszeniert habe?«
»Du mußt dir eben etwas einfallen lassen. Na, und daß er zum Waldfest kommt, ist doch ein Fortschritt. Jedenfalls haben sich die Unkosten gelohnt.«
»Und er ist wirklich ein reizender Mensch...«
»Es scheint dich gepackt zu haben.«
»Ziemlich...«, gab Marianne freimütig zu, »um so peinlicher wird es sein, wenn er mir hinter die Schliche kommt.«
»Ach was, in der Liebe sind alle Wege erlaubt, auch die krummen!«
»Das sagst du«, meinte Marianne zweifelnd, »aber ich fürchte, so ein Mannsbild wird leicht kopfscheu, wenn es die Falle wittert, in die es stolpern soll...«
»Ach was! Dazu sind die Kerle in ihrer Eitelkeit viel zu dumm.«
Heinz Herold hatte ein paar freie Minuten vor sich; um zwei erwartete ihn Herr Amtsgerichtsrat Dr. Schnabel am Hauptportal des Justizpalastes. Dr. Schnabel wollte den Führerschein erwerben, da er demnächst als Verkehrsrichter amtieren sollte. Vor der Modelltafel meisterte er die schwierigsten Verkehrssituationen. Am Steuer versagte er völlig. Der Chef hatte es mit ihm versucht und hatte ihn nach wenigen Stunden an Rothe weitergereicht. Rothe bekam nervöse Gesichtszuckungen, wenn er den Namen Schnabel hörte, und nun versuchte es Heinz Herold mit viel Geduld, den Amtsgerichtsrat zu einem tüchtigen Verkehrsteilnehmer heranzubilden, ehe er über Verkehrssünder zu Gericht saß.
Heinz Herold ging nicht ins Büro, er zog es vor, das öffentliche Telefonbuch zu benutzen. Er blätterte im Telefonbuch, bis er Kirst fand, und blieb mit dem Zeigefinger bei dem Namen Schütz stehen. Und dort stand: Manfred Schütz, Tankstelle, Re.-Werkstatt . M. Schütz, Fahrschule 8 03 47.
M. Schütz... Auch das konnte Manfred Schütz heißen, aber es konnte auch... Unsinn! Das konnte einfach nicht Marianne heißen! Oder doch?
Er warf vier Zehnerl in den Schlitz, hob den Hörer ab und wählte die Nummer. Dann vernahm er eine weibliche Stimme.
»Hier Tankstelle Schütz — Sie wünschen?«
»Entschuldigen Sie, aber ich wollte mit der Fahrschule Schütz verbunden werden.«
»Fräulein Schütz ist im Augenblick gerade unterwegs...«
»Oh«, machte er und tat enttäuscht, »eine Fahrlehrerin...«
»Sie lernen das Fahren bei Fräulein Schütz genausogut wie bei einem männlichen Fahrlehrer! Bisher haben alle ihre
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