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Achtung Kurven

Achtung Kurven

Titel: Achtung Kurven Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Horst Biernath
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Hand noch nicht, aber ich hoffe, ihn herumzukriegen. Und merk es dir, Mama, es handelt sich nicht um einen Mann, sondern um einen Fahrlehrer!«
    Frau Schütz sah ihre Tochter sehr aufmerksam an: »Und wie alt ist dieser Fahrlehrer?« fragte sie blinzelnd.
    »Ich schätze ihn auf dreißig...«
    Frau Schütz hüstelte, es klang bedeutungsvoll.
    »Du brauchst gar nicht zu husten, Mama, es geht hier nur ums Geschäft!«
    »Schade...«, murmelte Frau Schütz und ließ ihre Tochter allein, um zur Tankstelle hinüberzugehen.

    Vor der Fahrschule Bauersfeld lud Heinz Herold den letzten Fahrschüler dieses langen Tages aus, fuhr den VW in den Hof und stellte ihn in der freien Garage ab, in der sonst der Mercedes vom Chef stand. Zu seiner Erleichterung traf er im Büro nicht Frau Bauersfeld, sondern Rothe an, der sich ihm »als mit der Wahrung der Geschäfte beauftragt« vorstellte.
    »Haben Sie erfahren, wie es dem Chef geht?« fragte Herold.
    »Er hat eine schwere Breitseite auf Steuerbord abbekommen. Die rechte Gesichtshälfte hängt, und er tut sich auch mit dem Sprechen schwer. Der Professor, der ihn behandelt, meint zwar, er werde ihn durchbringen. Aber wenn er tatsächlich durchkommen sollte, ist es mit dem Dolce vita für ihn vorbei.«
    »Immerhin, die Chefin scheint sich um ihren Dicken Sorgen zu machen.«
    »Warum?« fragte Rothe.
    »Nun, weil sie schon wieder ins Krankenhaus gefahren ist.«
    »Von wegen! Soweit ich das Telefongespräch mitbekam, hat sie sich mit Bekannten verabredet, im Forsthaus Rothenbuch Rehrücken zu essen.«
    Sie brachen auf. Rothe ging in den »Ochsen«, und Herold hatte noch ein paar Reste zu Hause, die er nicht verderben lassen wollte. Die Geschichte mit Marianne Schütz ging ihm nicht aus dem Kopf. Gewiß war die Auswahl an Männern in einem Nest wie Kirst nicht groß. Wenn er in der Samstagsausgabe des Generalanzeigers den Heiratsmarkt studierte, dann waren es zumeist junge Mädchen vom Lande, die »aus Mangel an passenden Gelegenheiten« ihr Glück über die Zeitung suchten. Vor einigen Wochen war er selber nahe daran gewesen, sich auf eine Anzeige zu melden. Eine Mutter suchte für ihre 25jährige Tochter einen Ehemann, der befähigt war, eine mit einer Reparaturwerkstatt verbundene Fahrschule in einem Marktflecken zu führen.
    Er stutzte plötzlich. Der Zeitungsausschnitt mußte in einem seiner Bücher als Lesezeichen zu finden sein. Er ging zu der Kommode hinüber, wo er in einem seiner Bücher den gesuchten Ausschnitt fand. Er überflog den Text — und stieß einen Pfiff aus.
    Zwar war in der Anzeige nicht von einem Marktflecken, sondern von einer Kleinstadt die Rede. Aber sonst traf alles haargenau auf Marianne Schütz zu, das Alter, die Autowerkstatt, die Fahrschule und sogar, daß es sich um ein hübsches Mädchen handelte. Und die Wahrscheinlichkeit, daß es im Landkreis mehrere Mädchen gab, auf die dieser Anzeigentext so gut paßte wie auf Marianne Schütz, war gering.
    Damals, als die Anzeige erschien, hatte Rothe ihm das Blatt über den Suppenteller hinweggereicht: »Na, Herold, wäre das nicht eine gute Partie für Sie? Wenn ich fünfzehn Jahre jünger wäre, würde ich mit beiden Händen zugreifen — und wenn das Mädchen ein kurzes Bein hätte.«
    »Nun einmal ehrlich, Rothe: würden Sie oder reden Sie nur so?«
    Rothe zögerte eine kleine Weile, und schließlich antwortete er etwas ernster und nachdenklicher, als er sich sonst zu geben pflegte: »Ach, wissen Sie, ich glaube, ich würde doch nicht. Erstens einmal bekommt mir die Landluft nicht. Und zweitens bin ich für die Rolle des Prinzgemahls gänzlich ungeeignet. Ja, wenn ich vielleicht zwanzig- oder dreißigtausend Hühnerchen im Stall hätte — das wäre ein moralisches Korsett, um den Rücken geradezuhalten.« Er blinzelte Herold an: »Haben Sie etwa ernsthafte Absichten?«
    »Unsinn, ich denke nicht daran! Aber manchmal überlegt man sich doch, wie man aus der verdammten Abhängigkeit herauskommen soll.«
    »Von wem sind Sie denn abhängig? Dem Dicken können Sie den Krempel doch jederzeit vor die Plattfüße schmeißen. Das wäre in diesem Fall«, und er deutete mit seiner Zigarette auf die Annonce hin, »bedeutend schwieriger. Nein, mein Lieber, ehe ich mir die Schoppen in den Mund zählen lasse, bleibe ich lieber Junggeselle.«
    Rothe schien sich damit abgefunden zu haben, sein Leben als Angestellter zu verbringen und bis zum Fälligkeitstermin der Altersversorgung das Heer der Automobilisten um ein paar

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