Achtung, Superheld! (German Edition)
gefasst, aber zu seiner Überraschung blickte sie ihn nur an. Auf eine merkwürdige Art.
»Und du«, sagte sie und wandte sich schließlich Rohan zu. »Was tust du hier?«
Rohan war damit beschäftigt, seine Brille mit dem Hemdzipfel sauber zu wischen. »Ich bin hier, um euch aufzuhalten. Um zu versuchen, euch zur Vernunft zu bringen. Ich hatte ja keine Ahnung, dass dieser Schlägertyp hier mich angreifen würde.«
»Von was redest du denn?«, fragte Mollie mit undurchdringlicher Miene. »Wir zelten doch nur.«
»Ach, hör doch auf, Mollie! Seit Tagen benehmt ihr euch so geheimnistuerisch und verdächtig. Noch vor einer Woche habt ihr kaum miteinander geredet und nun zeltet ihr zusammen? Und ganz zufällig habt ihr euch den Wald neben Simons Haus ausgesucht und die Nacht vor seinem dreizehnten Geburtstag?«
»Du hast uns nachspioniert!«, sagte Mollie und stieß Rohan mit ihrem Finger in die Rippen. »Du hast deine Fähigkeiten benutzt und uns belauscht, stimmt’s?«
»Natürlich hab ich das, du Dummkopf! Aber nur, weil ich wusste, dass ihr dabei wart, einen Riesenfehler zu machen.«
Ein Gedanke durchfuhr Daniel wie ein Blitzschlag.
»Eric?«, fragte er. »Hast du es Eric erzählt?«
Rohan setzte sich die Brille wieder auf die Nase. »Nein. Aber ich hätte es ihm sagen sollen. Ihr beide mischt euch in Sachen ein, an denen man lieber nicht rühren sollte.«
Mollie verschränkte die Arme vor der Brust. »Das sagst du. Ich wette, Simon sieht das anders.«
»Für Simon ist es nun mal so weit, Mollie. Und wenn du nicht aufpasst, wird es dir wie ihm ergehen.«
Daniel wollte die beiden gerade unterbrechen, als er ein Licht durch die Bäume flackern sah.
»Oh Mist! Das ist Simon! Er ist bestimmt schon ganz verrückt vor Angst.«
Daniel nahm die Taschenlampe und machte sie zweimal an und aus, das Signal für »Alles in Ordnung«.
Aus Simons Zimmer kam das Signal zurück – eins, zwei …
»Ich sollte wieder zurückgehen«, sagte Daniel.
Drei, vier, fünf, sechs.
»Da stimmt was nicht«, flüsterte Mollie.
Das Licht blinkte verzweifelt.
»Wir müssen ihm helfen!«, sagte Mollie, während sie sich in Bewegung setzte, doch Rohan umschlang sie mit den Armen.
»Lass mich los!«, brüllte sie.
Aber Rohan hielt sie fest umklammert. Mollie war schnell, und sie konnte fliegen, doch sie war nicht stärker als irgendein anderes 12-jähriges Mädchen. Sie konnte Rohan nicht abschütteln.
»Du kannst nicht gehen, Mollie!«, sagte Rohan. »Dann wird dir das Gleiche wie ihm passieren!«
Mollie weinte vor Hilflosigkeit, während sie mit Rohan kämpfte. »Aber was ist mit Simon?«, bettelte sie.
In der Entfernung war plötzlich ein knallendes Geräusch zu hören, wie leise Feuerwerkskracher, und in Simons Fenster sah man das Aufblitzen kleiner Lichtkugeln. Simons Irrlichter.
»Er wehrt sich!«, sagte Mollie.
»Daniel«, befahl Rohan, »lauf hin!«
Doch Daniel war schon losgelaufen. Er konnte hören, wie Mollie ihm zurief, er solle sich beeilen, und er rannte, so schnell er konnte. Zweige zerschrammten sein Gesicht, und Dornen zerkratzten seine Beine, als er durchs Unterholz sprintete, aber er dachte nicht daran, langsamer zu werden – er hatte heute Nacht einen Freund gewonnen, und dieser Freund war in Not.
Als er das Spalier erreicht hatte, war das Leuchten von Simons Irrlichtern bereits erloschen und eine unheimliche Stille lag in der Luft, begleitet vom typischen Geruch von Elektrizität. Daniel hatte es so eilig gehabt, dass er vergessen hatte, den Baseballschläger mitzunehmen – alles, was er bei sich hatte, war die Kamera um seinen Hals.
Dennoch kletterte er los. Seine Hände zitterten vor Angst, aber irgendwie schaffte er es, sie zu benutzen. Er zog sich nach oben und stieg so die Wand zu Simons Zimmer hoch.
Drinnen war es dunkel und durch das offene Fenster roch Daniel noch etwas anderes – einen stechenden Geruch wie von versengtem Haar. Als er über den Sims spähte, traf ihn ein Schwall kalter Luft im Gesicht, und er sah ein mit einer Kapuze verhülltes Wesen im Dunkel stehen. Es war so groß wie ein Erwachsener, hatte aber nur entfernt die Gestalt eines Menschen. In der Schwärze von Simons Zimmer stach es durch die totale Absorption jeglichen Lichts hervor – ein Wesen, dunkler als die Dunkelheit. Es war eine Kreatur, geschaffen aus Schatten, außer einem kleinen schlagenden Herzen in der Mitte – ein schwaches grünliches Licht in der Größe einer Männerfaust, das mit einem fahlen
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