Achtung, Superheld! (German Edition)
nicht da, was zunächst eher eine Art Erleichterung war – immerhin hat sie mich nicht mehr gehauen –, doch nun wird es langsam langweilig. Daniel«, fuhr Rohan fort, jetzt wieder ernst, »du weißt, warum ich das getan habe, oder? Warum ich sie daran gehindert habe, dir zu helfen?«
Daniel nickte.
»Sie hätte dir nicht helfen können. Ihr wäre einfach nur das Gleiche wie Simon passiert.«
»Ja, ich weiß. Und Mollie weiß es auch; das ist vermutlich der Grund, warum sie jetzt so sauer auf dich ist. Sie hasst es, wenn andere recht haben.«
»Wenn es dich tröstet, sie hat mir ein verdammtes blaues Auge verpasst, als ich sie festgehalten habe.« Rohan nahm die Brille ab und Daniel sah den schwachen Schimmer einer gelb-blauen Prellung unter seinem linkem Auge. »Du hättest mich vor einer Woche sehen sollen. Ich sah aus wie ein Preisboxer.«
»Ein Preisboxer, der von Mädchen geschlagen wird«, zog ihn Daniel auf.
»Ja, stimmt. Aber von fiesen Mädchen. Sehr fiesen.«
»Da wir gerade von Ärger reden – ist Eric sehr wütend?«
»Weswegen denn? Er weiß nur, dass wir mit Mollie zelten waren und ich und du auf den falschen Baum geklettert sind.«
»Du meinst – du hast ihn angelogen?«
»Ich halte gewisse Teile der Wahrheit zurück, bis ich alle Fakten beisammenhabe. Warum sollen wir ihn beunruhigen, solange wir nicht genau wissen, was geschehen ist. Und ich habe gehofft, du könntest es mir erzählen. Was ist an Simons Fenster passiert? Was hast du gesehen?«
Daniel berichtete, was er in jener Nacht in Simons Zimmer gesehen hatte – die Schwärze, der Schatten, der sich bewegte. Er war überrascht, wie schwer es ihm fiel, es zum ersten Mal laut auszusprechen. Doch als er es hinter sich hatte, fühlte er sich sofort besser. Rohan hörte die ganze Zeit über aufmerksam zu und unterbrach ihn kein einziges Mal, aber Daniel sah, wie seine Augen mehrmals weit wurden. Es beeindruckte ihn. Rohan, der stets so ruhig, so unerschütterlich war, hatte Angst.
»Ich hab mich gefragt, ob du was gesehen hast, mit deinen besonderen Fähigkeiten. Ich dachte, du hättest vielleicht …«
Rohan schüttelte den Kopf. »Die Bäume waren im Weg. Ich kann nicht durch Dinge hindurchsehen. Außerdem hat mich abgelenkt, dass jemand mir ein paar verpasste.«
Rohan stand auf und lief im Zimmer hin und her.
»Ein Beweis. Wir brauchen einen Beweis«, sagte er.
»Wofür?«
»Um Eric davon zu überzeugen, dass das, was du gesehen hast, nicht dein eigener Schatten an der Wand war, dass dein Verstand dir keinen Streich gespielt hat. Denn ich sage dir, es bedarf eines handfesten Beweises, damit Eric das hier ernst nimmt.«
»Was ist mit der Kamera? Ich hab die ganze Zeit Fotos gemacht …«
Doch Rohan schüttelte erneut den Kopf. »Ja, die haben wir gefunden.«
Er fasste in seine Jacke und zog einen Packen Fotos hervor. Auf allen war dasselbe zu sehen – ein Haufen Dunkelheit und verschwommene Umrisse. Was auch immer da in Simons Zimmer gewesen war, es ließ sich nicht einfach so ablichten.
Daniels Hoffnungen schwanden. Es sah so aus, als ob alles, was er in jener Nacht getan hatte, nur Zeitverschwendung gewesen war.
»Rohan, ich dachte immer, du seist mit Eric völlig einer Meinung – dass man die Regeln befolgen muss und so. Dass man akzeptieren muss, was das Schicksal für einen bereithält?«
Rohan blickte seinen Freund an. »Ich habe dir zugehört, und ich weiß, dass du die Wahrheit sagst, Daniel. Und um ehrlich zu sein, ich habe Angst vor dem, was du gesehen hast. Doch vielleicht hat dich die Vorsehung nach Noble’s Green geschickt. Vielleicht ist es dein Schicksal, dieses – was immer es ist – daran zu hindern, noch mal das Leben eines Kindes zu zerstören.« Rohan setzte ein fieses Grinsen auf. »Vielleicht ist es dein Schicksal, jemandem gewaltig in den Hintern zu treten.«
Daniel lachte. Immer, wenn er meinte, seinen Freund bereits zu kennen, gelang es Rohan, ihn zu überraschen.
»Aber wir werden Eric brauchen.« Rohan wurde wieder ernst. »Und dafür brauchen wir, wie gesagt, einen echten Beweis.«
Vor lauter Enttäuschung versuchte Daniel, die Bettdecke wegzukicken. Doch dabei rutschte der Stapel mit den Johnny-Noble-Comics von seinem Schoß und fiel zu Boden. Er wollte sie noch auffangen, schaffte es aber nur, sich den Gips am Bettgitter anzuschlagen. Er jaulte, als ihm ein scharfer Schmerz den Arm hinauffuhr. Es würde eine Weile dauern, bis er sich an diese Einschränkung gewöhnt
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