Achtzehnprozentiges Grau: Die Flucht (German Edition)
so abrupt stehen, dass er fast vornüber gefallen wäre. Matt betrachtete seine angespannten Schultern.
„Ja, viele Leute haben das nicht getan. Manche bis jetzt nicht.“ Dann ging James weiter.
Was zum Teufel, sollte das jetzt wieder bedeuten? „Ich schon.“
James schnaubte. Oh Mann . „Dich habe ich ja auch nicht gemeint.“
Matt wünschte sich, dass James ihn ansehen würde, damit er seinen Gesichtsausdruck deuten konnte. Obwohl das Schnauben fast so viel ausdrückte wie sein Gesicht. Vielleicht sogar noch mehr. „Wen dann?“ Als ob er es nicht wüsste.
Dieses Mal blieb James stehen, drehte sich um und warf ihm einen Blick zu, der sowohl ironisch als auch selbstverachtend war. „Komm schon Matt, ich habe dir doch gesagt, dass ich schwul bin.“
Ja, schon. „Warum hast Du dich damals nicht geoutet?“
„Dad“, sagte James knapp.
Vielleicht war es besser, ihn für den Moment damit in Ruhe zu lassen. Er entschied sich für einen Klassiker – Themawechsel. „Suchen wir schon nach einem Lagerplatz?“ Genau in diesem Moment fühlte er eine merkwürdige Vibration in seinem Unterschenkel, die ihm durch Mark und Bein gegangen wäre, hätte er noch eins gehabt. „Das wäre gut, da pingt mich nämlich jemand an.“ Das Vibrieren hörte auf.
James blieb wieder stehen und drehte sich um, um ihn anzusehen. „Wie lautet die Standardanweisung für das Anpingen bei der QESA?“
„Nur unter extremen Umständen.“ Es war höchst unüblich, jemanden anzupingen.
„Scheiße“, grollte James. Er stieß entnervt die Luft aus. „Ich habe vor ungefähr einem Kilometer ein paar Höhlen entdeckt.“
Was zur Hölle ...? Matt hatte nichts gesehen und dabei hatte er sogar Ausschau gehalten.
Sie gingen den Weg zurück, den sie gekommen waren. James ging voraus. Matt grinste innerlich. Wenn er es nicht besser gewusst hätte, hätte er gedacht, dass der fürsorgliche Mistkerl in ihn verknallt war. Vielleicht wäre er dem gar nicht so abgeneigt.
James war nicht wirklich gutaussehend. Er hatte eine breite, irgendwie flache Nase, die sein ohnehin schon breites Gesicht irgendwie, na ja, breit machte. Er war etwas kleiner als der Durchschnitt, auf keinen Fall größer als Matt selbst – sicher nicht mehr als 1,75 m. Aber seine Schultern und seine Brust waren breit (schon wieder dieses Wort) und das wirkte sich am meisten auf Matts Libido aus. James’ Po- und Oberschenkelmuskeln ließen Matt das Wasser im Mund zusammen laufen. Matt erinnerte sich an letzte Nacht, als James auf dem Lagerplatz gekauert und die Feldrationen durchsucht hatte und wie der Tarnanzug sich straff über seinen Hintern und seine Oberschenkel gespannt hatte.
Plötzlich fing Matts Bein wieder an zu pochen, konstant, aber mit schwankender Intensität. Was zur Hölle ist das? Es kam ihm dunkel bekannt vor und Matt hatte so ein Gefühl, dass es etwas sehr Schlechtes bedeutete ...
„Scheiße! James, ich glaube wir kriegen Besuch.“ Matt zog seine Pistole, obwohl sie gegen ein Roboterflugzeug so gut wie nutzlos war.
„Ich habe nichts gespürt.“
„SAIA“, sagte Matt knapp über seine Schulter. Ein Stealth Artificial Intelligence Aircaft. Ein Tarnkappenflugzeug mit künstlicher Intelligenz.
„Dafür hast du einen Sensor?“ James klang fassungslos.
„Nur wenn du mein Bein gelten lässt.“ SAIA waren so gut wie unauffindbar, bis auf eine Kleinigkeit. Wenn Sie sich im Rotor-Flug-Modus befanden, produzierten sie ein durchdringendes wumm-wumm-wumm. Es war nahezu wegentwickelt worden, aber empfindliche Sensoren konnten es auffangen. Oder ausgehöhlte Beinprothesen mit Titanhülle, so wie es aussah. Und das war ziemlich gut, denn die empfindlichen Sensoren waren zu – empfindlich, als dass Matt einen mit sich hätte herumtragen können.
„Wir müssen in eine Höhle oder so was. Es hat bestimmt Infrarot.“
„Ich weiß.“ Hielt James ihn für bescheuert? „Siehst du eine Höhle? Das Ding muss ziemlich nah sein, James, wenn ich es schon spüren kann.“
„Wir gehen stromaufwärts zu diesem Überhang und verstecken uns unter der digitalen Tarndecke.“ James deutete auf eine Stelle, wo der Fluss unter einer kleinen Klippe entlang floss und das Ufer unterspült hatte. Die winzige Höhle war kaum mehr als eineinhalb Meter hoch.
Sie konnten nichts sehen oder hören, aber die Gefahr, mit einem schwer bewaffneten, leicht manövrierbaren, fliegenden Roboter zusammenzutreffen, schärfte Matts Instinkte. Extrem stressige Situationen brachten
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