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Achtzehnprozentiges Grau: Die Flucht (German Edition)

Achtzehnprozentiges Grau: Die Flucht (German Edition)

Titel: Achtzehnprozentiges Grau: Die Flucht (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Tenino
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immer Klarheit. Alles wurde danach beurteilt, ob es die Wahrscheinlichkeit zu überleben erhöhte oder verringerte. Es fühlte sich an, als ob man einen Weitwinkel-Tunnelblick hatte.
    Als sie nur noch fünf Meter von dem Überhang entfernt waren, spürte Matt die merkwürdig durchdringenden Vibrationen bereits in seiner Brust. Zu nah, um leicht zu entkommen. James musste es jetzt auch spüren.
    James war fast am Ziel und wühlte schon in seinem Rucksack nach der digitalen Tarndecke, als der SAIA Vogel stromaufwärts um die Flussbiegung kam. Matts Bein begann fast hörbar zu pulsieren und ein Sensor signalisierte ihm, dass auf ihn gezielt wurde. Er hatte kaum Zeit, auf den Alarm zu reagieren – gerade genug, um nicht getötet zu werden.
    Partikelstrahlen trafen ihn an der linken Schulter und am Oberarm und rissen ihn von den Beinen. Er landete auf seinem Hintern, halb im Wasser sitzend und starrte dem Vogel direkt in die Augen. Der Sensor in seinem Bein pulsierte kreischend. Er schaute seinem Angreifer direkt in die gefühllosen Augen. Nur dass es keine Augen waren, sondern leblose Öffnungen für die optischen Sensoren der künstlichen Intelligenz, die ihn angriff. In diesem Moment wurde Matt klar, dass er lieber von einem anderen Menschen getötet werden wollte – oder zumindest von irgendeinem fühlenden Wesen – als von einer Maschine exekutiert zu werden. Vielleicht konnte er in seinem nächsten Leben darauf hoffen. Es sah aus, als würde sein nächstes Leben ziemlich bald beginnen.
    Direkt bevor der Vogel den tödlichen Schuss absetzen konnte, stieß James Matt in den Fluss. Matt atmete Wasser. Aber der Schmerz, der durch seine Schulter fuhr, als sie auf einen Felsen knallte, ließ ihn das ganze Wasser wieder herausschreien und auch einiges an Luft, die er wahrscheinlich hätte brauchen können. Er sah plötzlich nur noch schwarzweiß, sein Gesichtsfeld verengte sich zu einem Tunnel, dann zu einer Nadelspitze und schließlich – plopp – verschwand es ganz und nahm sein Bewusstsein gleich mit.

Kapitel 10

    S EINE Schulter stand in Flammen, aber Gott sei Dank war gerade jemand dabei, sie zu löschen. Er spürte wie sich eine kühle Feuchtigkeit auf seiner Schulter und seinem Arm ausbreitete. War das ein Gel? Es floss so langsam. Wasser floss nicht so langsam; es musste ein Gel sein. Aber warum stand seine Schulter überhaupt in Flammen? Es mussten Flammen sein. Er konnte den Rauch riechen. Igitt. Wer hätte gedacht, dass verbranntes Menschenfleisch nach schmelzendem Plastik roch? Er hatte mal gehört, dass es wie Schweinefleisch roch. Oder dass es wie Schweinefleisch schmeckte?
    „Bist du wach, Kumpel?“, fragte eine raue Stimme. Matt kniff die Augen zusammen. Er war sich nicht sicher, ob er versuchte, sie zu öffnen oder geschlossen zu halten.
    „Matt?“ Eine Hand lag auf seinem Gesicht. Sie fühlte sich gut an. Rau, voller Schwielen und so warm. Verdammt, er war völlig ausgekühlt. Und nass. Vielleicht hatte der Typ, der zu der Hand gehörte, das Feuer ja mit Wasser gelöscht?
    „Warum habe ich gebrannt?“
    Mit dem Schnauben, das er als Antwort erhielt, kam auch die Erinnerung zurück. James. Matts Augen öffneten sich.
    „Du hast nicht gebrannt.“
    „Woher kommt dann der ganze Rauch?“ Er konnte ihn jetzt sehen; dunkelgrau und dünn, keine große Säule. Er hatte einen chemischen Geruch, den Matt nicht richtig einordnen konnte. „Was hat gebrannt?“
    „Der SAIA, der dich erwischt hat.“
    Ach. Das Ding. Matt erschauerte. James hob die Hand, griff nach Matts Nacken und ließ seinen Daumen auf Matts Kiefer ruhen. „Scheiße. Ich dachte das Ding bringt mich um.“
    „Hat es auch fast.“ James’ Stimme klang seltsam. „Du hast ziemlich stark geblutet.“
    „Also habe ich nicht gebrannt?“
    „Nein. Du hast zwei Partikelstrahlen abbekommen.“
    „Druckpflaster?“
    „Sind drauf. Alles ist okay, Matt. Keine Sorge.“
    „Ich spüre nichts.“ Matt schloss die Augen, um sich ein wenig auszuruhen. „Mir ist irgendwie schwindlig.“
    „Hör mir zu, Matt. Ich habe die er ein lokales Betäubungsmittel für die Schulter gegeben und ein Schmerzmittel. Nicht genug, um dich außer Gefecht zu setzen, jedenfalls noch nicht. Du musst noch ein paar Minuten wach bleiben.“
    „Warum?“, jammerte er. Darum konnte sich doch James kümmern. Er gehörte zur Psi-Force. Konnte ihn sogar hier wegbringen; das tun, was eigentlich Matts Arbeit war. Matt konnte es nicht. Noch nicht. Er brauchte eine halbe

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