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Acqua Mortale

Acqua Mortale

Titel: Acqua Mortale Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christian Foersch
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Wasser vor und setzte sich wieder. Der Schwimmbagger saugte immer noch Sand ab. Inzwischen hatte er so eine schwere Ladung, dass sein Rumpf nur noch wenige Dezimeter aus dem Wasser ragte.
    Lunau spürte die tiefen Frequenzen des Dieselaggregats in seiner Bauchdecke. Der angenehme Kitzel, der von einem wuchtigen Bass ausging. Der angeblich den Intellekt außer Kraft setzte. Lunau wanderte in dem Vorland herum. Was wollte Di Natale mit dem Gelände? Warum reichte ihm nicht die Mühle auf dem Fluss? Wollte er eine Anlegestelle bauen? Eine feste Zufahrt mit Beiboot oder Fähre, damit Besucher der Mühle leicht übersetzenkonnten? Was war so brisant an dem Projekt, dass Di Natale es in aller Heimlichkeit vorantrieb? Offensichtlich wusste nicht einmal seine Frau davon. Vorsicht, nachdem die erste Mühle verbrannt war? Aber warum war die erste Mühle verbrannt? Die Polizei hatte keinen Brandstifter ermittelt. Anfangs hatte sie sogar die Corelli-Brüder selbst verdächtigt, hatte einen Versicherungsbetrug gewittert, doch dann waren die Ermittlungen eingestellt worden. Ohne Ergebnis. Die Brüder und Di Natale waren dennoch überzeugt, dass man die Halle angesteckt hatte, um die Mühle zu vernichten. Wer? Und warum?
    Lunau fand ein paar benutzte Kondome, alte Federkernmatratzen, das Skelett einer Katze. Sonst gab es auf diesem Grundstück nichts Besonderes zu entdecken. Genauso wenig wie auf der anderen Flussseite.
    Als er den Mücken nicht länger standhielt, setzte er sich ins Auto und starrte auf den Fluss. Das Brummen des Schwimmbaggers ließ die Seitenscheibe zittern. Am gegenüberliegenden Ufer tummelte sich die Schafherde als schimmliger Fleck in der Nacht. Kaum zu glauben, dass dieser verrückte Schäfer ein Kind hatte, angeblich sogar allein groß gezogen hatte, nachdem Danys Mutter sich das Leben genommen hatte.
    Der Schwimmbagger schien jeden Moment zu sinken. Aber der Fluss war ganz ruhig, keine Welle schwappte an Bord. Lunau startete den Motor und ließ den Wagen anrollen. Er öffnete die Seitenscheibe und ließ die kalte Nachtluft herein. Bei Fahrtwind war man sicher vor den Stechmücken. Er streckte den Arm zur Seite hinaus und genoss die frische Luft, die in seinen Hemdärmel fuhr und unter der Achsel kitzelte.
    Die Drehzahl des Dieselmotors hatte sich verändert. Endlich hat er ein Einsehen und wirft den Sand wieder ab, dachte Lunau. Doch nun hörte er mehrere Frequenzen gleichzeitig. Sie waren beide tief und kitzelten in der Bauchdecke, aber sie lagen etwazwei Ganztonschritte auseinander. Lunau konnte sich nicht erinnern, dass die Saugpumpe sich so angehört hätte. Die Drehzahl des Motors stieg und senkte sich, stieg und fiel, Lunau dachte an sein erstes Mokick, bei dem er immer kurz Zwischengas gegeben hatte, den Gasgriff aus dem Handgelenk drehend, um dieses angenehme Geräusch zu hören. Er dachte an den Frühling in der Stadt, an die warmen Hauswände am Abend, an den Geruch der frischen Blätter an den Alleebäumen. Er wusste nicht, warum diese Erinnerungen ihm auf einmal zusetzten, heftig wie eine Migräne. Er dachte an seine Eltern, an die Klaviermusik, die aus den offenen Fenstern drang, wenn er nach Hause kam. Wie hatte er diese ewig gleichen Klänge gehasst, die Hammerklaviersonate, Dvořaks Duos für Klavier und Geige, die sein Vater abends mit der Mutter spielte. »Um Finger und Geist zu entspannen.« Jetzt plötzlich hätte er liebend gern seine Eltern spielen hören, und wenn es nur eine Aufnahme gewesen wäre. Möglichst eine der frühen, die noch den warmen weichen Klang der Vinyl-Platten hatten.
    Er trat auf die Bremse, das ABS ruckte in seinem Becken, der Wagen kam zum Stehen. Der Geruch des verbrannten Gummis wehte in die Fahrgastzelle. Lunau stellte den Motor ab und lauschte in die Nacht.
    Wie hatte er so blind sein können!? Oder besser gesagt: taub! Er legte den Rückwärtsgang ein und trat aufs Gas. Singend setzte der Wagen zurück. Er schlingerte bei jeder Lenkbewegung. Lunau hielt an, sprang aus dem Wagen und rannte die Böschung hinunter. Sein Gehör hatte ihm längst die Bestätigung seines Verdachts gebracht: Er hatte mehrere Motoren gehört! Vom Fluss kam kein Licht mehr. Die Positionsleuchten an dem Schwimmbagger waren erloschen, auch die Lampen auf der Brücke. Man erahnte nur zwei langgezogene schwarze Silhouetten auf dem Fluss. Die eine sah aus wie ein liegender Dinosaurier, dessen Höcker aus Sandhaufen gebildet wurden, die andere dagegen warflach wie ein Krokodil. Sie

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