Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Acqua Mortale

Acqua Mortale

Titel: Acqua Mortale Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christian Foersch
Vom Netzwerk:
Flittchen geschwängert?«
    Er war in einem Satz bei ihr und versetzte ihr mit dem Handrücken einen Schlag. Dafür gab es zwei Gründe: Den Ausdruck »Flittchen« und vor allem die Tatsache, dass sie von seinen Affären wusste. »Wage nicht, so mit mir zu reden.«
    »Wer sich mit so einem wie dir einlässt, ist ein Flittchen.«
    »Das gilt also auch für dich.«
    Sie zuckte mit den Achseln. »Je früher du ausziehst, desto besser.« Sie sprang auf, öffnete die Panoramascheiben, fächelte sich Luft zu und fing zu schreien an: »Dann kann man hier endlich wieder atmen. Dann verpestest du endlich nicht mehr die Luft mit deinem primitiven Egoismus, deinem Wildschweingestank. Dann weht hier wieder ein frischer Wind.«
    Sie griff sich den hellbeigen Seidenvorhang von Bassetti , der sich neben dem Kamin in der Zugluft wiegte, sie wickelte sich lachend ein und riss ihn dann in einem Ruck von der Vorhangstange. Die Messingringe schlugen klingelnd aneinander. Dann ging sie zum nächsten Store und tat dasselbe. Jeder dieser Fetzen hatte 400 Euro gekostet. Sie war verrückt geworden.
    »Aufhören!«, schrie er und fiel ihr in den Arm. Sein Griff war hart, sein Gesicht nur Zentimeter von dem ihren entfernt, und mit der freien Hand hieb sie ihm die Fingernägel in die Visage. Sie zog sie ihm durch die Haut, bis sie den Kiefer erreicht hatte, dann über den Hals.
    Er versetzte ihr einen Faustschlag, seitlich am Kinn. Er hatte absichtlich einen leichten Schlag an einer harmlosen Stelle gewählt, durch die keine Nervenbahnen liefen. Er wollte sie nur abschütteln. Sie flog rückwärts in den Sessel und schaute ihn an. Kein bisschen beeindruckt.
    Sie sprang sofort wieder auf, mit irrem Blick, und geiferte: »Schlag mich tot, wenn du dich traust. Meinst du, mich kümmert das?«
    Und die Kinder? Seine Frau hatte tatsächlich den Verstand verloren.
    »Nennst du das reden?«, schrie er. »Bist du noch bei Trost?«
    »Ich will nicht reden. Verschwinde aus unserem Leben!«
    Sie lief aus dem Wohnzimmer, er hörte sie im Schlafzimmer toben. Als er nachsah, warf sie seine Sachen im Kleiderschrank durcheinander. Ein Anblick, den er nicht ertragen konnte. Es bereitete ihm schon Unbehagen, dass sie seine Kleidung bügelte und faltete.
    »Was tust du?«
    »Ich packe für dich.«
    Sie stopfte wahllos Unterwäsche, Hosen und Hemden in eine Reisetasche. Dann griff sie an die Krawattenleiste in der Schranktür.
    »Finger weg. Jetzt reicht es.«
    Er sah die dunkelblaue Armanikrawatte, seine Lieblingskrawatte seit fast zwanzig Jahren. Eine echte Klassefrau hatte sie ihm geschenkt. Acht Jahre älter als er, hatte sie den Liebhaber in ihm veredelt. Eine Fata Morgana in diesem Provinzloch. Und wie eine Fata Morgana hatte sie sich verflüchtigt, war sie verblasst vor ihrem Hackklotz von Mann, vor dem Blöken der Schafe, den Windeln, die gewaschen, dem Kohl, der gestampft werden musste. Sie war für etwas anderes geschaffen gewesen.
    »Fass die Krawatte nicht an! Nicht diese Krawatte«, schrie er, aber es war zu spät. Sie hatte sie wie einen Expander zwischen die Arme gespannt, ließ dann ein Ende baumeln und zog sie sich durch den Schritt.
    »Was ist denn das Besondere an dieser Krawatte, he?«, schrie sie und wienerte sich den Beckenboden.
    Danach stopfte sie die Krawatte zu dem Haufen in die Reisetasche, warf ihm das Gepäckstück vor die Füße und deutete Richtung Haustür. »Raus!«
    Warum eigentlich sollte er gehen? Er dachte an die Holzfensterläden, die er als Elfjähriger zum ersten Mal gestrichen hatte, an die Hochbeete, die er für seine Mutter angelegt hatte. Wieso sollte er sich aus seinem Zuhause vertreiben lassen? Von dem Grundstück, das seit Generationen seiner Familie gehörte?
    »Und wenn ich dich an die frische Luft setze?«
    »Das würdest du auch noch fertigbringen? Deinen Kindern das Zuhause zu nehmen? Wenn du uns verlassen willst, dann wirst du bluten, das schwöre ich dir. Ich werde dich ausziehen bis aufs Hemd. Ich werde dich vor Gericht zerpflücken lassen. Ich weiß alles über dich. Und am liebsten würde ich deine Dany warnen. Sie tut mir jetzt schon leid, ich werde ihr stecken, mit wem sie sich einlässt. Wer sie zerstört, nachdem er ihre Familie zerstört hat.«
    Er war im Nu über ihr. Mit ausgestreckten Händen hatte er sie an der Kehle gefasst und seitlich zu Boden gerissen. Er warf sich auf sie, klemmte ihre Schultern unter die Knie und umklammerte ihren Hals.
    »Sag ihr ein Wort, und du bist tot.«
    Er war schwer wie

Weitere Kostenlose Bücher