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Acqua Mortale

Acqua Mortale

Titel: Acqua Mortale Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christian Foersch
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Garten. Sie winkten ihm, und er winkte zurück. Sara kam angelaufen, schob die Tür auf und flüsterte: »Komm mal. Ich muss dir was zeigen.«
    Lunau blieb unschlüssig stehen. Aus der Küche drang kein Laut. Er folgte Sara hinaus in den Garten. Es war fast Mittag, die Sonne hatte die Morgennebel aufgesogen, ein schwüler Wind trug Pappelsamen wie Wattebäusche über die Zäune und breitete sie zu einer Art Schneeteppich über das Gras. Es roch würzig nach Holzfeuer.
    Der Garten fiel in einer Böschung zum Wasser hin ab. Von dort zog dunkler Rauch hoch.
    »Habt ihr ein Feuer gemacht?«, fragte Lunau.
    Sara lief voraus Richtung Ufer. »Schau mal!«
    Das Mädchen schob mit den schaufelförmig geöffneten Händen die Pappelsamen zusammen und trug sie zu der Feuerstelle. Bunte Latten waren zu einer Pyramide aufgestellt. Sara warf dieSamen in die Glut, doch die Thermik trieb sie nach oben und verstreute sie wieder auf dem Rasen.
    »Du musst sie zu einem Klumpen pressen«, sagte Mirko und machte es vor. Der Schneeball, den er in die verkohlten Holzreste warf, verbrannte in einer lodernden Stichflamme.
    »Ist das nicht toll?«, fragte Sara.
    Lunau nickte. »Ich muss jetzt gehen.«
    »Hat Papa dich geschickt?«, fragte das Mädchen und schaute Lunau erwartungsvoll an.
    »Nein.«
    »Er kommt nicht wieder, oder?«, setzte das Mädchen nach und biss sich auf die Lippen. Ihr Bruder stieß sie in die Seite.
    Lunau ging zurück zum Haus und kam an einer Wassertonne vorbei, in der ein Holzmodell trieb. Ein Schaufelraddampfer, bis ins letzte Detail ausgestaltet, mit einer strohgedeckten Hütte als Kajüte und Figürchen, die an Deck herumspazierten. Als Lunau es anfassen wollte, schrie der Junge: »Das gehört mir!«
    »Natürlich. Wieso meint ihr, dass euer Papa nicht wiederkommt?«
    »Mama will ihn nicht mehr«, sagte Sara, und Mirko funkelte sie böse an.
    »Mama meint, Papa ist böse, genauso böse wie der Fluss«, sagte Sara.
    Da kam Silvia durch den Garten gelaufen. Ihr Blick schien irre, die Wangen glühten. »Lassen Sie die Kinder in Frieden! Meinen Sie nicht, Sie haben genug Unglück gebracht?«
    Lunau ging langsam zurück ins Haus, während sie auf ihn einschrie: »Sie sind Schuld! Sie sind Schuld!«
    Lunau drehte sich um und hielt ihre Handgelenke fest. War es möglich, dass sie ihm die Schockstarre nur vorgespielt hatte?
    »Ich glaube nicht, dass Ihr Mann Selbstmord begangen hat«, sagte Lunau erneut und verschwand durch die Tür.
    Als er auf der Straße stand, sah er wieder das Wohnzimmer vor sich, das so kalt und abweisend gewirkt hatte. Und jetzt fiel ihm ein, was gefehlt hatte: Vitos Bilder. Sie verbrannten in der Feuerstelle.
27
    Amanda saß in ihrem Zimmer, aus dem Kopfhörer hackte Marcos Stimme. Gab ihr Kraft und die nötige Portion Wut. Sie würde einfach nicht hingehen. Sie kannte diese Strategie aus ihrer frühesten Kindheit, sie wurde zum Vater zitiert, ins Arbeitszimmer. Die Mutter teilte es ihr immer mindestens eine Stunde vorher mit, damit Schuld- und Angstgefühle wie eine Herde Ameisen über Amanda herfallen konnten.
    Noch sieben Minuten. Sie würde nicht gehen. Sie stellte sich vor, wie er auf seinem Drehstuhl saß, den er noch einmal um ein paar Zentimeter aufgebockt hatte, so dass sein magerer Oberkörper in einer grotesken Höhe über dem Schreibtisch schwebte. Im maßgeschneiderten Sakko und mit dem perfekten Windsorknoten der Krawatte, die er immer anlegte, ehe er sein Heiligtum betrat. Auch wenn er sich nur auf Youporn schlüpfrige Streifen ansehen und in ein Taschentuch onanieren wollte. Er saß da und wartete. Er würde vergebens warten.
    Sie stand auf, stellte die Stereoanlage ab und machte sich auf den Weg.
    Ihr Vater überraschte sie mit einem Tablett, auf dem eine Flasche aus böhmischem Bleikristall stand, gefüllt mit Whiskey, außerdem zwei Gläser. Er schenkte für beide ein. »Möchtest du Eis?«
    »Seit wann trinkst du Whiskey?«
    Er lächelte. »Seit ich deine Marke ausprobiert habe.«
    Sie betrachtete seinen hageren Hals, an dem sich eine schlaffe Kielfalte bildete, die vom Adamsapfel an die Kinnspitze reichte und bei jeder Kopfbewegung schaukelte. Plötzlich sah sie den alten Mann, der er in ein paar Jahren sein würde. Und zum ersten Mal spürte sie so etwas wie Mitleid.
    »Ich weiß, dass wir oft nicht einer Meinung waren …«, fing er an.
    »Wieso waren ? Hast du deine geändert?«
    Er erstarrte und rang nach Fassung. »Bitte, Amanda. Ich weiß, wie sehr du an dem Jungen

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