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Acqua Mortale

Acqua Mortale

Titel: Acqua Mortale Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christian Foersch
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ihnen gesellte. Lunau wurde unbehaglich zu Mute. Hatten die Polizisten tatsächlich gemeint, er wäre durchs Fenster abgehauen? Dann musste es sich um etwas Ernstes handeln.
    »Ist das eine Festnahme?«, fragte Lunau. Keine Antwort. Der Jüngere fuhr, mit Martinshorn und quietschenden Reifen, während der Polizeifunk hysterisch knackte.
    »Falls das eine Festnahme ist, möchte ich einen Anwalt kontaktieren.«
    Der Ältere drückte auf den Tasten des Funkgerätes herum. Es war ein Digitalmodell, das Lunau noch nie gesehen hatte. Der Beamte stieß eine Verwünschung aus und schlug die Abdeckklappe zu.
    »Sie sollen zu einer Befragung mitkommen.«
    »Als Zeuge oder als Beschuldigter?«
    »Das wissen wir nicht.«
    »Dann informieren Sie sich bitte. Falls ich als Beschuldigter vernommen werden soll, bestehe ich auf der Anwesenheit eines Anwalts.«
    Das Auto war am Palazzo dei Diamanti vorbeigerauscht, bremste scharf und fuhr durch den großen Torbogen in den Innenhof der Questura. Fünf Minuten später saß Lunau, nach einer Leibesvisitation, in einem Verhörraum im zweiten Obergeschoss. Ein Tisch mit Resopalplatte, drei Stühle, eine Videokamera auf einem Stativ, zwei kleine Überwachungskameras in den Ecken der Zimmerdecke, auf dem Tisch ein Mikro. In der Seitenwand zwei dunkle Fenster. Kein Deckenfresko, keine Marmorstatuen. Die drei Neonröhren summten leise.
    Lunau mochte das Geräusch. Aber nach einer halben Stunde hatte er es über. Michele Balboni kam nach einer guten Stunde, entschuldigte sich und nahm Platz. Lunau wusste, dass diese Verspätung gewollt war, und doch hatte sie seine Verunsicherung erhöht.
    »Beschuldigt man mich eines Vergehens, oder soll ich nur als Zeuge gehört werden?«, fragte Lunau.
    »Sie sind hier als Zeuge.«
    »Können Sie mir dann diese Folklore erklären?«
    »Was meinen Sie?«, fragte Balboni.
    Lunau schloss die Augen. »Vergessen Sie es. Worum geht es?«
    Balboni stellte das Aufnahmegerät an, sagte Datum, Uhrzeit, die Namen der Anwesenden. »Befragung im Ermittlungsverfahren zum gewaltsamen Tod des Vito Di Natale.«
    Irgendwo prasselten Reifen über die Flusskiesel, mit denen die Straßen der Altstadt gepflastert waren, die Neonröhre verursachte jetzt ein klickendes Geräusch. Lunau hörte die Worte in sich nachhallen.
    »Vito ist tot? Aber …«
    Balboni sagte: »Sie haben gegenüber Dritten angegeben, dass Sie Vito Di Natale vorgestern Abend auf dem Deichstraßenabschnitt zwischen Francolino und Pescara gesehen haben. Ist das richtig?«
    Jetzt war Lunau endgültig wach. Balboni hatte schnell ermittelt, und irgendjemand hatte Lunau angeschwärzt. Zappaterra, Silvia Di Natale … Lunau spürte einen Moment lang dieselbe Panik wie in einer Woge, die einen von den Füßen holt und in eine Richtung schleudert, die man nicht versteht.
    »Ja.«
    »Um wieviel Uhr war das?«
    »Das wissen Sie. Um 20 Uhr 20, unmittelbar bevor ich bei Zappaterra war.«
    Balboni schaute in ein Dossier, das er vor sich hatte, und strich sich mit Daumen und Zeigefinger die beiden Augenbrauen glatt, wobei er immer wieder die Fingerspitzen aufeinander presste, an der Nasenwurzel ansetzte und sie dann in den Spagat gleiten ließ.
    »Warum haben Sie mir gegenüber ausgesagt, Sie seien von einem Unbekannten angegriffen worden?«
    »Ich war mir nicht sicher und wollte niemanden zu Unrecht verdächtigen.«
    »Gegenüber Dritten waren Sie sich aber sicher.«
    Lunau schwieg, dann sagte er: »Ein Gespräch unter Freunden ist etwas anderes als eine polizeiliche Anzeige.«
    »In welchem Verhältnis standen Sie zu Herrn Di Natale?«
    »Wir kannten uns flüchtig. Er half mir bei meinen Recherchen zur Flusslandschaft. Wie ist Di Natale denn gestorben?«
    Balboni las Lunau noch einmal das Vernehmungsprotokoll vom Vortag vor, in dem die Beschreibung des Unfalls stand.
    »Sind diese Angaben so weit richtig und damit auch in diesem Ermittlungsverfahren gültig?«
    »Ja«, sagte Lunau.
    »Fehlt nur die Angabe, dass Vito Di Natale in dem Fahrzeug saß. Waren weitere Personen in dem PKW, und konnten Sie diese womöglich erkennen?«
    »Ich habe nur Di Natale gesehen.«
    »Auf dem Fahrer- oder dem Beifahrersitz?«
    Lunau musste zugeben, dass er sich diese Frage nicht gestellt hatte. Der Reflex der Flutlichtmasten hatte sich auf der Windschutzscheibe gespiegelt. Einen Teil des Innenraums hatte man einsehen können, und da hatte Di Natale gesessen. Links oder rechts, das wusste Lunau nicht mehr.
    »Sie sagten aus, der blaue Punto

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