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Acqua Mortale

Acqua Mortale

Titel: Acqua Mortale Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christian Foersch
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hingst.«
    »Der Junge hat einen Namen, einen Namen, der an jeder zweiten Hauswand, in jedem Internetforum, in jeder Zeitung steht.«
    »Ich weiß, wie viel Marco dir bedeutet hat. Und ich muss zugeben, dass ich die Geschichte falsch eingeschätzt habe.«
    »Inwiefern?«
    »Es ist gut möglich, dass die Polizisten einen Fehler gemacht haben.«
    »Meinst du, du hast soeben das kochende Wasser erfunden? Um mir das zu sagen, bestellst du mich zu diesem Termin ein?«
    »Was ich sagen will, ist, dass ich manchmal zu hart mit deinen Ideen ins Gericht gegangen bin. Ich will dich nicht mit Floskeln abspeisen. Ich will dir konkrete Hilfe anbieten.«
    »Wobei?«
    »Mir ist nicht entgangen, was du seit ein paar Tagen treibst.«
    Amanda wurde es heiß und kalt. Gab es Spuren, die man zwangsläufig hinterließ, wenn man in sein Computersystem eindrang? »Was meinst du damit?«
    »Wollen wir nicht einmal wie vernünftige Menschen miteinander reden? Du bist meine Tochter, mein einziges Kind, alles was ich tue, tue ich im Grunde …«
    »Bitte nicht, bitte … Kein Mensch verlangt, dass du etwas für mich tust. Scheffle dein Geld, mach Karriere, mach, was immer du willst, aber erzähle nicht, du tätest es für mich. Wenn du etwas für mich tun willst, dann musst du ganz anders ansetzen.«
    »Wie zum Beispiel?«
    Jetzt war sie sprachlos. Sie schaute ihn durchdringend an. Er war vollkommen ernst, und sie machte eine wegwerfende Geste.
    »Wie meinst du eigentlich, dass du einmal deinen Lebensunterhalt bestreiten wirst? Als Bloggerin im Internet?«
    »Ich werde vom Journalismus leben.«
    Er zog eine Schnute und nickte bedächtig. »Wie, bitte, soll das funktionieren? Wenn du es nicht in die etablierte Presse schaffst?«
    »Etablierte Presse«, sagte sie verächtlich.
    »Ich könnte dir helfen, einen Artikel im Carlino unterzubringen.«
    Sie verdrehte die Augen.
    »Was ist schlecht daran?«
    »Der Carlino ist ein rechtspopulistisches Blatt, das Propaganda für die besitzende Klasse macht. Außerdem möchte ich es alleine schaffen.«
    »Alleine wirst du es nie schaffen.«
    Sie kniff die Lippen zusammen, sie fürchtete, er könnte recht haben. »Weil du dafür sorgen würdest?«
    Er schüttelte den Kopf und schaute betont traurig. »Glaubst du, ich würde meiner Tochter Steine in den Weg legen? Was ihr nur allmählich begreifen müsst, das ist, dass die Presse eine neue Aufgabe hat.«
    »Die Presse hat dafür zu sorgen, dass die Wahrheit bekannt wird. Das war schon immer ihre Aufgabe.«
    Er schüttelte langsam den Kopf. »So einfach ist das nicht. Weil die Welt nicht mehr so einfach ist. Wir brauchen einenJournalismus, der uns zu Höchstleistungen anspornt, der uns moralische Unterstützung gibt.«
    Sie verzog das Gesicht, als kratze eine Gabel auf Fensterglas.
    »Du meinst, wie die Anfeuerungsrufe im Stadion? Eine Art Kriegspropaganda?«
    »Wir müssen uns von der Vorstellung verabschieden, dass allen Bürgern in unserem Land sämtliche Informationen zugänglich sind. Das stiftet nur Verwirrung und Verzagtheit. Unsere Welt ist so komplex geworden, dass nur noch wenige die fachlich richtigen Entscheidungen treffen können.«
    »Du bist also für Pressezensur?«
    »Ein hässliches Wort. Aber Zensur hat es immer gegeben. Jeder Organismus funktioniert so. Wenn du dich auf eine Aufgabe konzentrieren willst, blendest du störende Informationen aus. Auch der demokratischste Staat hat Geheimdienste und vertrauliche Informationen, die niemals ruchbar werden. Im Krieg müssen Informationen noch stärker gefiltert werden.«
    »Aber wir sind nicht im Krieg.«
    »Irrtum. Früher hieß es, Krieg sei die Fortführung der Politik mit anderen Mitteln, heute ist der Frieden die Fortführung des Krieges mit anderen Mitteln. Wir sind längst in einem Handelskrieg mit China, den arabischen Staaten, ja selbst den USA, die um jeden Preis ihre Vormachtstellung verteidigen wollen. Es wird mit brutaler Gewalt um Währungen, Rohstoffe und Zukunftstechnologien gekämpft. Die westlichen Demokratien werden diesen Kampf verlieren, weil sie ihre Völker nicht disziplinieren können wie zum Beispiel die Chinesen. Wir verzetteln uns in individuellen Freiheiten, in Anarchie und kurzsichtigen Partikularinteressen. Wenn Italien eine neue Mülldeponie braucht oder eine Schnellbahntrasse, dann muss sie gebaut werden, egal was die Anwohner davon halten. Wir haben uns mit unseren Regeln selbst gelähmt.«
    »Wenn ich dich richtig verstanden habe, soll ich als Journalistin

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