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Acqua Mortale

Acqua Mortale

Titel: Acqua Mortale Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christian Foersch
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leichten Drogen aus der Cannabis-Pflanze. Die Honoratioren lächelten gequält. Der Präsident des Lion’s Clubs, ein bekannter Herzchirurg, hob die Hand, als wollte er etwas einwenden. Doch dann schwieg er und schaute verdrossen.
    Lunau winkte Gasparotto noch einmal und deutete auf den Ausgang, doch dieser schaute auf einen beliebigen Punkt an der Rückwand des Saales.
    Lunau beugte sich zu Amanda und sagte: »Wir verschwenden hier nur unsere Zeit. Hast du deinen Vater gefragt, ob Pirri zu ihm Kontakt aufgenommen hat?«
    Sie schüttelte den Kopf. Lunau stand auf und bat die Dame neben sich, ihn durchzulassen. In ihrem Blick lag Tadel. Es war zeit- und geräuschaufwendig, sich durch die Reihe zu kämpfen. Die Autorin stockte in ihrer Lesung und starrte Lunau und Amanda an.
    Da ergriff Gasparotto das Wort. Lunau fragte sich, ob er die peinliche Situation überspielen wollte. Der hagere Chef der Schifffahrtsbehörde näherte sich dem Mikrophon und fragte die Autorin: »Diese Rottegruben bieten natürlich einen idealen Unterschlupf für die Tierwelt, oder?«
    Die Autorin schaute ihn genauso verdutzt an wie Lunau und Amanda. Die Frage schien von einem besonders begriffststutzigen Schüler zu stammen.
    »Natürlich, das sagte ich doch eben. Die biologische Vielfalt ist dort einzigartig. Genau deshalb müssen diese Biotope erhalten bleiben, auch wenn sie keinen wirtschaftlichen Nutzen mehr haben.«
    Mit dem Mikrophon in der Hand suchte Gasparotto nach Worten. »Und Menschen haben sich nie dort versteckt?«
    »Wie meinen Sie das?«
    »Partisanen und Widerstandskämpfer gegen die österreichischen und französischen Besatzer zum Beispiel. Die steckten doch in Sümpfen und Lagunen, aber nicht in Rottegruben, oder?«
    »Das weiß ich nicht. Worauf wollen Sie hinaus?«
    »War nur so eine Frage. Der Mensch ist schließlich auch ein Säugetier. Und da Ihnen die Tiere so am Herzen liegen.«
    Im Publikum wurde gemurmelt. Vereinzelte Lacher.
    »Ist er betrunken?«, fragte Amanda.
    »Keine Ahnung«, antwortete Lunau, der mit ihr an der Saaltür stehengeblieben war.
    »Wenn Sie ganz sicher gehen müssten, dass niemand Sie finden kann, wo würden Sie sich dann verstecken?«, fragte Gasparotto die Autorin, die hilfesuchend in die Runde schaute.
    Der Bankdirektor ergriff das Wort, aber da Gasparotto ihm das Mikrophon nicht gab, verstand man ihn nicht.
    »Die Menschen sind verweichlicht. Sie wollen immer ein festes Dach über dem Kopf, selbst wenn sie auf der Flucht sind. Selbst in der warmen Jahreszeit. Aber wo ein dichtes Dach ist, da wohnen meist schon andere Menschen«, sagte Gasparotto mit der Vehemenz des Eiferers.
    »Ja«, sagte die Autorin und lächelte verstört. »Außer in reinen Wirtschaftsgebäuden.«
    »Die wir bei der Schifffahrtsbehörde nicht haben, im Gegensatz zur AIP O, dem Deichamt. Dort hat man Landfahrzeuge, Magazzini für Deichschutzmaßnahmen, und was macht man daraus?«
    Gasparotto legte das Mikro auf den Tisch und stieg vom Podium. Das Gemurmel im Publikum schwoll an und beruhigte sich, als die Autorin mit einer Entschuldigung wieder an ihren Vortrag anknüpfte.
    Gasparotto eilte auf Lunau und Amanda zu. Er geleitete die beiden hinaus. »Entschuldigen Sie, dass ich mich nicht sofort freimachen konnte«, setzte er an.
    Lunau war immer noch verdutzt. »Verständlich. Immerhin sind Sie der Schirmherr der Veranstaltung.«
    »Was kann ich für Sie tun?«, fragte Gasparotto.
    »Wie schnell fließt der Kanal Boicelli, durch den die Leiche getrieben ist?«
    »Ich bin kein Strömungsexperte«, antwortete Gasparotto.
    Lunau schaute den verknöcherten Mann an. Amanda stellte sich vor. Gasparotto gab ihr die Hand und versuchte, seine Unsicherheit mit einem linkischen Kompliment zu überspielen.
    »Di Natale war höchstens fünfunddreißig Stunden im Wasser. Welche Strecke hat er in dieser Zeit zurückgelegt?«, fragte Lunau.
    Gasparotto zuckte mit den Achseln.
    »Ich dachte, das wäre Ihr Job«, sagte Lunau.
    »Seit Jahrhunderten versucht man, das Strömungsverhalten von fließenden Gewässern zu bestimmen. Das ist extrem schwierig , weil unzählige Parameter berücksichtigt werden müssen. Form und Beschaffenheit des Flussbettes, Tiefe des Gewässers, Uferbewuchs usw. Im Randbereich herrscht eine andere Strömungsgeschwindigkeit als in der Fahrrinne, Treibgut kann sich außerdem in Wurzeln oder an Brückenpfeilern verfangen, ehe es weitergeschwemmt wird.«
    »Also haben Sie schon darüber nachgedacht?«
    »Wie Sie

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