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Ada liebt

Ada liebt

Titel: Ada liebt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nicole Balschun
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kommen.
    Was zuppelt ihr da, sagte mein Vater,
macht es meine Stratford-Frauen etwa nervös, mit einem so jung gebliebenen
Gentleman auf eine Hochzeit zu gehen? Er lächelte und reichte meiner Mutter den
rechten und mir den linken Arm mit einer Verbeugung.
    Meine Mutter sagte, Sir, nervös macht
mich nur, dass der Gentleman die Damen nicht fahren wollte und sie stattdessen
im Jagdgalopp über die Sandwege trieb. Infolge der wetterbedingten Verwüstung
von Garderobe, Haar und Kosmetik der Damen bleibt ein wenig Gezuppel, wie Sie
es nennen, nicht aus.
    Sie lächelte und mein Vater ließ
meinen Arm los und sagte zu ihr, Sie meinen das bisschen Straßendreck an Ihrem
Rock, das haben wir gleich. Er ließ nun auch ihren Arm los und beugte sich weit
vor, um ihren Rock sauber zu streichen. Mein Vater hatte etwas zugenommen und
der Anzug, den er aus den Untiefen seines Kleiderschranks gefischt hatte, fraß
sich geradewegs in seinen Hintern.
    Knackig, hatte mein Vater gesagt, als
meine Mutter monierte, er solle seine Garderobe noch einmal überdenken, und als
er sich jetzt über ihren Rock beugte, drehte sie sich nervös zu den Leuten um und
flüsterte, steh auf, aber langsam, sonst bist du für den Rest des Abends ein
wenig zu knackig, es gucken schon alle.
    Aber die Damen, sagte mein Vater laut,
wer wird denn da fremden Herren auf den Popo gucken, und spätestens jetzt
guckten wirklich alle. Mein Vater stand auf und drehte sich mit erhobenen Armen
um die eigene Achse. Sehen Sie nur, diesen Anzug habe ich seit zwanzig Jahren
und er ist noch wie neu und absolut reißfest. So eine Qualität kann man heute
nicht mehr kaufen.
    Meine Mutter lief feuerrot an und
starrte fassungslos auf meinen Vater, der jetzt auch noch ein Bein anhob, um zu
demonstrieren, dass die Anzughose unten leicht ausgestellt war. So eine hatte
Elvis auch, sagte mein Vater. Der war schon damals teuer, fügte er leise in
meine Richtung hinzu. Eng ist in, sagte er jetzt wieder lauter, und ich kann es
mir ja leisten, wie ich an Ihren Blicken sehe.
    Einige Frauen, die stehen geblieben
waren und uns anstarrten, kicherten, ihre Männer betrachteten meinen Vater mit
ausdruckslosen Gesichtern und warfen meiner Mutter mitleidige Blicke zu. Mein
Vater strich seine Hosenbeine glatt und reichte uns wieder seine Arme. Ich
sagte ihm nicht, dass Matsch an seinen Oberschenkeln klebte.
    Darf ich Sie zu Ihrem Tisch begleiten,
fragte uns ein toupierter Kellner mit einem zu breiten Lächeln und mein Vater
sagte, aber gern doch, und der Kellner fragte, Name, und mein Vater sagte,
Stratford.
    Meine Mutter kicherte und der Kellner
suchte lange und fragte dann, mit S, und mein Vater sagte, natürlich, wie denn
sonst, und der Kellner suchte noch einmal lange, ehe er sagte, Verzeihung, Sir,
Stratford haben wir nicht.
    Mein Vater sagte, macht nichts, wir
nehmen den da, und er marschierte schnurstracks mit meiner Mutter und mir zur
Rechten und zur Linken los und steuerte geradewegs auf einen Tisch zu, an dem
noch drei Plätze frei waren.
    Der Kellner folgte uns aufgeregt und
bevor er etwas sagen konnte, gab mein Vater die Bestellung auf. Für die ältere
Miss Stratford bitte einmal den Begrüßungssekt und für die jüngere Miss Stratford
bitte einen Beruhigungsschnaps, egal welchen sie haben. Ich selbst nehme einen
Rotwein, trocken, und bitte nicht aus den Ardennen.
    Ich sah meinen Vater an und der
Kellner klappte den Mund wieder zu, sehr wohl, Mister Stratford, Sir, sagte er
und dann rauschte er mit klappernden Schuhen durch die Tischreihen davon. Du
bist unmöglich, sagte meine Mutter und mein Vater küsste ihre glühende Wange.
Miss Stratford, sagte er zärtlich zu ihr, mich hat noch nie jemand Sir genannt.
    Wie kommt ihr hierher, sagte plötzlich
eine Stimme neben mir, und ehe ich die Fassung wiederhatte, sagte meine Mutter,
zu Fuß. Bo lachte und sagte, das ist ein ganz schönes Stück, und mein Vater
lehnte sich in seine Richtung über den Tisch und sagte, das schaffen doch auch
die Schweine, und Bo sagte, wenn sie nicht gerade im Kino sitzen, und bis auf
die Dauerwelle neben Bo lachte der ganze Tisch.
    Seine Dauerwelle heißt Elsa, flüsterte
mein Vater, der ihren Namen auf dem Kärtchen neben dem Suppenteller gelesen
hatte, und meine Mutter prustete los, das ist eher ein Name für eine Milchkuh,
und ich sagte leise, vielleicht ist sie ja eine.
    Wir Stratfords sind solidarisch, sagte
mein Vater laut in die Runde und hielt sein Glas vor mein Gesicht, und als wir
alle miteinander

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