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Adam Dalgliesh 09: Wer sein Haus auf Sünden baut

Adam Dalgliesh 09: Wer sein Haus auf Sünden baut

Titel: Adam Dalgliesh 09: Wer sein Haus auf Sünden baut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: P. D. James
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die frühere Blütezeit des Hauses war also noch in Gebrauch. Er fragte sich, wie Frances Peverell wohl über die Entweihung dieses Raumes dachte und ob man jetzt, da Gerard Etienne tot war, die Trennwand vielleicht wieder entfernen würde. Und weiter überlegte er, ob Gerard Etienne für jegliche architektonische Schönheit unempfänglich gewesen sei oder ob seine Mißachtung sich nur und ausschließlich gegen dieses Haus gerichtet hatte. Der Raumteiler, das unharmonische moderne Mobiliar, die nichtssagenden Bilder – war all das am Ende nur eine bewußte Absage an eine Vergangenheit, die von Peverells und nicht von Etiennes beherrscht worden war?
    Claudia Etienne bewältigte die zehn Meter von der Tür bis zum Tisch mit selbstsicherer Anmut und setzte sich mit einer Miene, als würde sie ihm eine Gefälligkeit erweisen. Sie war sehr blaß, hatte sich jedoch gut in der Gewalt, wenngleich er vermutete, daß ihre Hände, die tief in den Taschen der Strickjacke steckten, mehr verraten hätten als ihr angespanntes, ernstes Gesicht. Er brachte in schlichtem und, wie er hoffte, aufrichtigem Ton sein Beileid zum Ausdruck, aber sie schnitt ihm brüsk das Wort ab.
    »Kommen Sie auf Lord Stilgoes Wunsch?«
    »Nein, ich bin hier, um den Tod Ihres Bruders zu untersuchen. Lord Stilgoe hatte sich allerdings indirekt, über einen gemeinsamen Freund, zuvor schon mit mir in Verbindung gesetzt, soviel ist richtig. Er hat einen anonymen Brief bekommen, über den seine Frau ganz außer sich geraten sein muß; sie verstand ihn als massive Drohung und wähnte das Leben ihres Gatten in Gefahr. Daraufhin bat Lord Stilgoe um eine offizielle Stellungnahme der Polizei, die ihm bestätigen sollte, daß bei den drei mit Innocent House in Verbindung stehenden Todesfällen – gemeint waren zwei Autoren und Ihre Lektorin Sonia Clements – kein Verdacht auf unnatürlichen oder gewaltsamen Tod bestünde.«
    »Und Sie konnten ihm das natürlich bestätigen.«
    »Wir nicht, aber die zuständigen Dienststellen. Er müßte das gewünschte Gutachten vor etwa drei Tagen bekommen haben.«
    »Na, hoffentlich gibt er sich damit zufrieden. Lord Stilgoes Ichbezogenheit ist schon fast krankhaft. Trotzdem kann er wohl kaum annehmen, daß Gerards Tod ein gezielter Sabotageakt gegen seine kostbaren Memoiren ist. Aber ich finde es immer noch seltsam, Commander, daß Sie persönlich angerückt sind, noch dazu mit so großem Gefolge. Behandeln Sie den Tod meines Bruders etwa als Mord?«
    »Als ungeklärten Todesfall mit Verdacht auf Fremdverschulden. Darum muß ich Sie jetzt auch leider mit ein paar Fragen belästigen. Ich wäre dankbar für Ihre Zusammenarbeit, und vielleicht könnten Sie darüber hinaus auch Ihren Angestellten klarmachen, daß gewisse Eingriffe in ihre Privatsphäre unvermeidlich sein werden.«
    »Ich denke, dafür werden sie Verständnis haben.«
    »Wir müssen auch Fingerabdrücke nehmen, zum Zwecke der Aussonderung, verstehen Sie. Natürlich werden alle, die nicht als Beweismittel dienen, vernichtet, sobald der Fall abgeschlossen ist.«
    »Ein solches Ermittlungsverfahren wird für uns eine ganz neue Erfahrung sein. Aber wenn es nötig ist, müssen wir uns natürlich fügen. Ich nehme doch an, Sie werden von uns allen, und ganz besonders von den Gesellschaftern, ein Alibi verlangen.«
    »Ich muß wissen, was Sie seit gestern abend nach achtzehn Uhr gemacht haben, Miss Etienne, und mit wem Sie zusammen waren.«
    »Sie haben also die wenig beneidenswerte Aufgabe, Commander, mir Ihr Beileid zum Tode meines Bruders auszusprechen und gleichzeitig ein Alibi zu fordern, das beweist, daß nicht ich ihn umgebracht habe. Sie machen das einigermaßen taktvoll. Meinen Glückwunsch! Aber schließlich haben Sie ja auch eine Menge Übung. Also: Ich war gestern abend mit einem Freund auf der Themse. Er heißt Declan Cartwright. Wenn Sie sich bei ihm erkundigen, wird er mich wahrscheinlich als seine Verlobte bezeichnen. Ich ziehe den Titel Geliebte vor. Wir sind kurz nach halb sieben aufgebrochen, als das Boot vom letzten Transport nach Charing Cross zurückkam. Wir waren bis ungefähr halb elf auf dem Fluß, vielleicht auch ein wenig länger. Dann kamen wir hierher zurück, und ich brachte Declan mit dem Wagen nach Hause. Er wohnt gleich hinter Westbourne Grove, über einem Antiquitätenladen, den er für den Besitzer leitet. Natürlich können Sie seine genaue Adresse haben. Ich bin bis zwei Uhr früh bei ihm geblieben und dann ins Barbican gefahren. Ich

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