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Adam Dalgliesh 09: Wer sein Haus auf Sünden baut

Adam Dalgliesh 09: Wer sein Haus auf Sünden baut

Titel: Adam Dalgliesh 09: Wer sein Haus auf Sünden baut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: P. D. James
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natürlich das sorgfältig vorbereitete PR-Programm beim Teufel war. Die Schlimmsten aber, so Maggie vertraulich, waren die eingebildeten Pinkel, in der Regel diejenigen, deren Bücher am wenigsten gut gingen, die aber Erster-Klasse-Fahrkarten verlangten und Fünf-Sterne-Hotels, eine Limousine und ein Mitglied der Geschäftsleitung als Eskorte, und die wütende Beschwerdebriefe losließen, wenn das Publikum bei ihren Signierstunden nicht bis um den Block Schlange stand. Mandy machten die beiden Tage in der Werbung großen Spaß; die jugendliche Begeisterung der Mitarbeiter, fröhliche Stimmen, die gegen das ständige Schrillen des Telefons ankämpften, lautstark begrüßte Vertreter, die auf einen Schwatz hereinschauten und mit denen man Neuigkeiten austauschte, das alles fand sie genauso spannend wie das rasante Tempo und die durch den ständigen Zeitdruck angeheizte Panikstimmung. Sie war schweren Herzens auf ihren Platz in Miss Blacketts Büro zurückgekehrt.
    Weniger begeistert war sie, wenn Mr. Bartrum, der Leiter der Buchhaltung, sie zum Diktat rief, denn der war, wie sie Mrs. Crealey anvertraute, ein angejahrter Spießer, der sie wie Dreck behandelte. Die Buchhaltung befand sich in Nummer 10, und wenn sie bei Mr. Bartrum fertig war, entwischte Mandy auf einen kleinen Plausch und Flirt nebst den dazugehörigen Frotzeleien nach oben zu den drei Packern. Die hausten zwischen nackten Dielen und Tapeziertischen in ihrer eigenen Welt, umgeben von Stapeln brauner Faltkartons, Tesafilm, riesengroßen Bindfadenknäueln und dem unverwechselbaren, erregenden Geruch druckfrischer Bücher. Mandy mochte sie alle drei; Dave mit dem Holzfällerhut, der trotz seiner schmächtigen Statur einen Bizeps prall wie ein Fußball hatte und unglaublich schwere Lasten stemmen konnte; Ken, der schweigsam und schwermütig war; und endlich Carl, den Lagerverwalter, der schon als ganz junger Bursche in den Verlag gekommen war. »Mit dem da werden sie kein Geschäft machen«, sagte er und schlug mit der flachen Hand auf einen Karton.
    »Er hat immer den richtigen Riecher«, erklärte Dave bewundernd. »Carl kann dir genau sagen, was ein Bestseller wird und was ein Flop. Er merkt das schon, wenn er an ’nem Buch riecht, ganz ohne es zu lesen.«
    Ihre Bereitschaft, Tee und Kaffee für die beiden Assistentinnen und die Chefs zu kochen, gab Mandy zweimal täglich Gelegenheit zu einem Ratsch mit Mrs. Demery, der Putzfrau. Mrs. Demerys Domäne war die große Küche mit angrenzendem kleinen Aufenthaltsraum im rückwärtigen Teil des Erdgeschosses. In der Küche standen ein rechteckiger Kiefernholztisch, an dem bequem zehn Leute Platz hatten, ein Gas- und ein Elektroherd und ein großer Kühlschrank. Eine Wand, mit unterteilten Einbauschränken bestückt, und eine Spüle mit zwei Becken sowie ein Mikrowellenherd waren ebenfalls vorhanden. Hier fand sich, mit Ausnahme der Geschäftsleitung, irgendwann zwischen zwölf und zwei die ganze Belegschaft ein, um eingehüllt von den unterschiedlichsten Kochdünsten, ihre Sandwiches zu essen, ofenfertige Pasta oder Curry in der Folie aufzuwärmen, sich ein Omelett zu machen, ein paar Eier zu kochen, den Speck für belegte Brötchen zu rösten und Tee oder Kaffee zu brühen. Die fünf Chefs ließen sich, wie gesagt, nie in der Küche blicken. Frances Peverell und Gabriel Dauntsey aßen nebenan in Nummer 12, wo ja beide ihre Wohnung hatten, und die beiden Etiennes und James de Witt fuhren zum Lunch entweder mit dem Motorboot ins Zentrum, oder sie gingen zu Fuß zum Prospect of Whitby oder in eins der Pubs an der High Street von Wapping. Und da man sich in der Küche vor jeder peinlichen Störung sicher wußte, hatte sich hier die reinste Klatschbörse etabliert, in der Neuigkeiten aufgeschnappt, endlos diskutiert, ausgeschmückt und weiterverbreitet wurden. Mandy saß in der Regel stumm und verlegen vor ihrem Sandwichpaket, wohl wissend, daß vor allem die mittleren Angestellten in ihrer Gegenwart jedes Wort auf die Goldwaage legten. Egal, was sie von dem neuen Geschäftsführer oder den Zukunftschancen des Verlages halten mochten, Loyalität und ein gewisses Standesbewußtsein machten es undenkbar, im Beisein einer Aushilfe offene Kritik zu üben. Aber wenn Mandy und Mrs. Demery allein in der Küche waren und den Morgenkaffee oder Nachmittagstee kochten, dann war Mrs. Demery von solchen Hemmungen frei.
    »Wir dachten ja, Mr. Gerard und Miss Frances würden heiraten. Und sie hat’s auch geglaubt, das arme

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