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Adam Dalgliesh 09: Wer sein Haus auf Sünden baut

Adam Dalgliesh 09: Wer sein Haus auf Sünden baut

Titel: Adam Dalgliesh 09: Wer sein Haus auf Sünden baut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: P. D. James
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weiterführte in den nächsten Saal. Aber sie hatte ihn wieder enttäuscht. Es war immer ihr Unglück gewesen, mit fast seismographischem Gespür jede seiner Stimmungen wahrzunehmen, ohne daß sie die Fähigkeit oder das Selbstvertrauen gehabt hätte, darauf einzugehen und seine Bedürfnisse zu erfüllen.
    Sie waren sogar durch die Religion getrennt. Ihre Mutter war römisch-katholisch gewesen, aber ob und wie fromm sie gewesen war, das wußte Frances nicht und konnte es auch nicht in Erfahrung bringen. Mrs. Rawlings, eine Glaubensgenossin, die ein Jahr vor dem Tod ihrer Mutter eingestellt worden war, teils um der Kranken den Haushalt zu führen, teils um auf das Kind aufzupassen, hatte es nie versäumt, die Kleine sonntags zur Messe zu führen, aber ansonsten ihre religiöse Erziehung völlig vernachlässigt, ja dem Kind den Eindruck vermittelt, die Religion sei etwas, was der Vater nicht verstünde und nur eben so dulde, ein weibliches Geheimnis, über das man in seiner Gegenwart am besten schwieg. Sie gingen selten mehr als zweimal in dieselbe Kirche. Man hätte meinen können, Mrs. Rawlings sei eine Religionsprüferin, die von dem vielfältigen Angebot an Ritual, Architektur, Musik und Predigt Kostproben nahm, aber davor zurückschreckte, sich irgendwo dauerhaft zu binden, als fürchte sie, von der Gemeinde erkannt und vom Priester an der Tür als ein Mitglied begrüßt zu werden, von dem man Mitarbeit in der Pfarrei, ja womöglich sogar Einladungen nach Innocent House erwartete. Doch als Frances älter wurde, argwöhnte sie vielmehr, daß Mrs. Rawlings mit der Suche nach immer neuen Kirchen für die Sonntagsmesse gewissermaßen ihren Unternehmungsgeist erprobte und sich ein bißchen Abwechslung und Abenteuer zum Ausgleich für den langweiligen Alltagstrott verschaffte, nicht zu vergessen den anregenden Gesprächsstoff für den Heimweg.
    »Der Chor war aber gar nicht gut, was? Mit dem Oratorium können die schwerlich mithalten. Sobald ich ein bißchen besser beieinander bin, gehen wir wieder zu den Oratorianern. Für jeden Sonntag ist’s zu weit dorthin, aber dafür war wenigstens die Predigt schön kurz. Ich hab’ nichts am Hut mit langen Predigten. Eine Seele, die sich nach den ersten zehn Minuten noch bekehrt, die kannst du mit der Laterne suchen.«
    Ein anderes Mal: »Also ich mag diesen Pater O’Brien nicht.
    So nennt er sich anscheinend. Die Kirche war ja halb leer. Kein Wunder, daß er sich an der Tür so freundlich verabschiedet hat. Wollte uns beschwatzen, damit wir nächsten Sonntag wiederkommen, verlaß dich drauf.«
    Oder: »Hübsche Kreuzwegstationen haben sie ja. Ich mag die geschnitzten am liebsten. Die gemalten letzte Woche in St. Michael, die waren ja viel zu knallig bunt. Und die Chorknaben hatten wenigstens mal wirklich blütenweiße Vorhemden an, da muß wer mächtig fleißig gebügelt haben.«
    Eines Sonntagmorgens, als sie in einer besonders unwirtlichen Kirche gelandet waren, wo die Regentropfen wie Hagelkörner auf das behelfsmäßige Blechdach prasselten – »Nicht unser Niveau. Hier gehen wir nicht mehr hin.« –, hatte Frances gefragt: »Warum muß ich eigentlich jeden Sonntag zur Messe?«
    »Weil deine Mama römisch-katholisch war. Das hatte dein Vater ihr zugestanden. Die Söhne sollten in die anglikanische Kirche gehen, die Töchter in die katholische. Tja, und nun hat er ja bloß dich.«
    Bloß sie. Das verschmähte Geschlecht. Die verschmähte Religion.
    Mrs. Rawlings fuhr fort: »Es gibt sehr viele Religionen auf der Welt. Da findet jeder eine, die ihm zusagt. Du mußt dir nur merken, daß unsere die einzig wahre ist. Aber es lohnt nicht, sich darüber allzusehr den Kopf zu zerbrechen, jedenfalls nicht vor der Zeit. Ich glaube, nächste Woche gehen wir mal wieder in die Kathedrale. Kommenden Donnerstag ist Fronleichnam, da wird bestimmt ganz groß geschmückt, verlaß dich drauf.«
    Beiden, dem Vater und Frances, war ein Stein vom Herzen gefallen, als sie mit zwölf Jahren auf die Klosterschule kam. Nach dem ersten Quartal war ihr Vater persönlich erschienen, um sie abzuholen, und als die Mutter Oberin ihnen an der Pforte auf Wiedersehen sagte, hatte Frances ihren kleinen Wortwechsel mit dem Vater zufällig mitbekommen. »Mr. Peverell, dem Kind mangelt es an nahezu jeglicher Unterweisung in seinem Glauben.«
    »In dem Glauben meiner Frau. Nun gut, Mutter Bridget, dann schlage ich vor, Sie unterweisen sie.«
    Das und noch viel mehr hatten die Nonnen mit Nachsicht und Geduld

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