Adam Dalgliesh 09: Wer sein Haus auf Sünden baut
sonst immer so scharf drauf, hochliterarische Romane zu publizieren, Booker-Prize-Kandidaten, einfühlsame kleine Werke, die bei der Literatenmafia Eindruck schinden. Erst vor fünf Minuten hast du es kritisiert, daß ich mich um Sebastian Beacher bemühe. Da kannst du doch jetzt nicht behaupten, Tod auf Paradise Island würde den Ruf von Peverell Press heben? Ich meine, ich geh’ mal davon aus, daß auch du dieses Machwerk nicht als Whitbread-Buch des Jahres siehst. Und da wir schon mal beim Thema sind: Ich hätte sehr viel mehr für deine sogenannten Booker-Prize-Bücher übrig, wenn sie wenigstens ab und zu bis auf die Booker-Auswahlliste kämen.«
»Ich gebe ja zu«, sagte de Witt, »daß es wahrscheinlich an der Zeit ist, uns von ihr zu trennen. Wogegen ich mich verwahre, ist nur die Art und Weise, wie es geschieht. Wenn du dich erinnerst, habe ich auf der letzten Sitzung vorgeschlagen, daß wir diesen einen Roman noch drucken und ihr dann taktvoll beibringen, daß wir die Krimireihe einstellen.«
»Das würde sie kaum schlucken«, meinte Claudia, »wo sie die einzige Autorin dieser sogenannten Reihe ist.«
De Witt wandte sich weiter ausschließlich an Gerard. »Das Buch muß natürlich sorgfältig lektoriert werden, aber das wird sie akzeptieren, wenn wir diplomatisch vorgehen. Der Plot gehört stärker durchstrukturiert, und der Mittelteil hängt ziemlich durch. Aber der Schauplatz ist gut beschrieben. Sie versteht es meisterhaft, eine bedrohliche Atmosphäre zu kreieren. Und die Charaktere sind besser gestaltet als im letzten Buch. Der neue Roman wird bestimmt kein Verlustgeschäft für uns. Wir haben sie seit dreißig Jahren unter Vertrag, eine lange Zusammenarbeit. Die würde ich einfach gern harmonisch und einvernehmlich beenden.«
»Sie ist bereits zu Ende«, sagte Gerard Etienne. »Wir sind ein Verlag und kein Wohlfahrtsinstitut. Tut mir leid, James, aber sie muß gehen.«
»Du hättest wenigstens bis zur Programmkonferenz warten können«, sagte de Witt.
»Das hätte ich wahrscheinlich auch, wenn nicht dieser Anruf von ihrer Agentin gekommen wäre. Die Carling wollte unbedingt wissen, ob wir schon ein Erscheinungsdatum festgesetzt hätten und wer alles zu der Party anläßlich der Buchpräsentation erwartet würde. Eine Party! ’ne Totenwache wäre passender. Ich sah keinen Sinn darin, noch länger Ausflüchte zu machen. Also hab’ ich dieser Velma Pitt-Cowley, der Agentin, gesagt, daß das Buch nicht unseren Niveauvorstellungen entspricht und wir deshalb auf die Veröffentlichung verzichten. Und das habe ich gestern schriftlich bestätigt.«
»Das wird ein harter Schlag für sie.«
»Natürlich. Autoren reagieren immer sehr übel auf eine Ablehnung. Für sie ist das gleichbedeutend mit Kindermord.«
»Was ist mit ihrer Backlist?«
»Ja, mit der läßt sich vielleicht noch ein bißchen Geld machen.«
Frances Peverell schaltete sich unvermittelt wieder ein. »James hat recht. Wir hatten vereinbart, den Fall Carling noch einmal zu diskutieren. Du warst überhaupt nicht befugt, Esme oder ihrer Agentin gegenüber als allein Entscheidungsberechtigter aufzutreten. Wir hätten sehr gut ihren neuen Roman noch bringen und ihr dann behutsam klarmachen können, daß es der letzte ist, der bei uns erscheint. Der Meinung bist du doch auch, Gabriel, oder? Meinst du, wir hätten Tod auf Paradise Island nehmen sollen?«
Die vier sahen Dauntsey abwartend an, als ob sein Urteil einer letzten Instanz gleichkäme. Der alte Mann hatte seine Notizen studiert, aber jetzt blickte er auf und lächelte Frances nachsichtig zu.
»Ich glaube nicht, daß das den Schlag gemildert hätte, oder? Man kann einen Autor nicht ablehnen. Was du ablehnst, ist immer nur das Buch. Wenn wir diesen Roman noch drucken, wird sie uns bald den nächsten präsentieren, und dann stehen wir wieder vor dem gleichen Dilemma. Gerard hat voreilig und wohl auch nicht gerade taktvoll gehandelt, aber ich glaube, die Entscheidung war trotzdem richtig. Entweder ein Roman verdient es, gedruckt zu werden, oder er verdient es nicht – dazwischen gibt es nichts.«
»Freut mich, daß wir wenigstens einen Punkt geklärt haben.« Etienne raffte seine Papiere zusammen.
»Hauptsache, dir ist klar, daß es nur dieser eine ist«, sagte de Witt. »Keine weiteren Verhandlungen über den Verkauf von Innocent House, bevor wir uns nicht noch einmal zusammengesetzt haben und du uns die Zahlen sowie einen umfassenden Geschäftsplan vorlegst.«
»Den
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