Adam liebt Eve
überzeugt zu sein.
Nach dem Kaffee entschuldigte sie sich und ließ im Waschraum kaltes Wasser über ihre Hände laufen, bis ihr nicht mehr ganz so heiß war. Es war ein solcher Schock gewesen, den Mann so unverhofft wiederzusehen, mit dem sie die leidenschaftlichste Liebesnacht ihres Lebens verbracht hatte, dass sie ihr Essen kaum angerührt hatte. Sie schüttelte frustriert den Kopf und kehrte ins Esszimmer zurück, wo Francis auf sie wartete.
Gemeinsam fuhren sie zum Herrenhaus. Schon bald wurde Jocelyn bewusst, wie sehr der neunte Baron Morville an dem Haus hing. So sehr, dass er sogar ausgezogen war, um es behalten zu können.
“Es kostet viel Geld, das Haus der Öffentlichkeit zugänglich zu machen. Da ist es schon wesentlich rentabler, es zeitweise an Firmen zu vermieten. Das bringt richtig Geld. Dank meiner amerikanischen Großmutter verfügt das Haus über recht moderne Wasserleitungen und sogar über eine Zentralheizung. Die Schlafzimmer sind sehr komfortabel. Ich biete ein Pauschalangebot an, das aus Unterkunft, Abendessen und Frühstück besteht. Alan Wilcox ist in seiner Rolle als Butler sehr beeindruckend.”
“Und die Gäste sind hier unter sich”, fügte Jocelyn hinzu. “Das ist viel besser als in einem Hotel.”
“Genau.” Francis führte sie in den Ballsaal. “Das war früher unser Musikzimmer. Leider wird hier noch gearbeitet. Deshalb sieht es aus wie Kraut und Rüben. Ich lasse ein neues Audiosystem einbauen. Und auf Knopfdruck kommt eine Leinwand von der Decke.”
“Sehr beeindruckend.” Sie nickte anerkennend. “Wäre es Ihnen recht, wenn in den nächsten Tagen ein Fotograf hier Aufnahmen machen würde?”
“Selbstverständlich. Ich würde sie allerdings gern vorher sehen, bevor sie gedruckt werden.” Francis lachte verlegen. “Ich klinge schon wie Dan.” Er sah sie interessiert von der Seite an. “Was haben Sie eigentlich gegen ihn?”
“Ach, gar nichts. Er hat etwas gegen mich.”
“Weil Sie Journalistin sind?”
“Das kann Ihnen Ihr Freund sicher besser erklären, Lord Morville”, sagte sie abweisend, lächelte dann jedoch entschuldigend. “Tut mir leid, ich wollte nicht unhöflich sein.”
“Sie sollten doch Francis zu mir sagen”, erinnerte er sie versöhnlich. “Wenn Sie hier alles gesehen haben, sollten wir an die frische Luft gehen. Es ist ein wunderschöner Tag.”
“Ja, gern.”
Es machte Jocelyn viel Freude, Lord Morville zu begleiten und Fragen zu stellen. Francis liebte seinen Landsitz von ganzem Herzen und erzählte begeistert von dessen Geschichte.
Schließlich verließen sie die Gärten und machten sich auf den Weg zu den Gewächshäusern, wo Pflanzen verkauft wurden.
“In dem Haus da vorn ist Dan zur Welt gekommen.” Francis zeigte auf ein kleines Haus. “Es war früher das Gesindehaus, aber jetzt gehört es Sam Armstrong.”
“Sie haben es ihm verkauft?”, fragte Jocelyn erstaunt. “Ich dachte immer, Leute wie Sie …” Sie verstummte verlegen.
“Sie haben gedacht, Leute wie ich sind darauf bedacht, jeden Quadratmeter Land, den sie besitzen, zu behalten. Das stimmt auch. Aber in diesem Fall habe ich nachgegeben.” Er zeigte auf die vielen Menschen bei den Gewächshäusern. “Sonntags ist hier immer viel los. Die Gärtner verkaufen Sams Pflanzen. Würden Sie ihn gern kennenlernen?”
“Sehr gern”, antwortete sie begeistert.
Doch als sie vor dem Haus standen, kamen Jocelyn Bedenken. “Ich möchte aber nicht aufdringlich sein”, sagte sie. “Ihr Freund könnte etwas dagegen haben, dass ich seinen Vater einfach so überfalle.”
“Ich bin ja dabei. Keine Angst. Außerdem habe ich Dan schon vorgewarnt, als er vorhin gegangen ist.”
Sie hatte sich das Haus der Armstrongs ganz anders vorgestellt. Mit einem Gesindehaus war es jedenfalls nicht zu vergleichen, und es war auch viel geräumiger, als es von außen den Anschein hatte. Eigentlich war es eine kleinere Ausgabe des Bauernhauses.
Der Mann, der ihnen die Tür öffnete, war älter, als Jocelyn erwartet hatte. Doch sie wusste sofort, wen sie vor sich hatte. Die Größe und die leicht gebogene Nase waren unverkennbar. Allerdings war sein Haar weiß und sein Gesicht von der Arbeit an der frischen Luft wettergegerbt. Sam Armstrong trug ein weißes Hemd, eine beigefarbene Strickjacke und eine alte Cordhose.
“Guten Tag. Dan hat mir schon gesagt, dass Sie kommen würden.”
“Hallo, Sam”, sagte Francis fröhlich. “Hoffentlich stören wir nicht. Das ist Miss Jocelyn
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