Adam liebt Eve
für dich immer noch Lord Morville. Du kannst nicht in diesem Ton mit ihm sprechen. Schon gar nicht in Anwesenheit einer Journalistin.” Dan sah seinen Vater vorwurfsvoll an. “Nachher fragt sie sich noch, ob wir uns überhaupt etwas aus Frauen machen.”
“Lass mich aus dem Spiel, Dan!” Francis funkelte ihn ungehalten an.
“Und denk daran, dass sich eine Lady in unserer Gesellschaft befindet”, mahnte Sam.
Dan zuckte die Schultern. “Miss Hunter ist Journalistin”, sagte er ausdruckslos, doch jedem war sofort klar, was er damit unterstellen wollte.
Jocelyn ging über die Beleidigung hinweg und sah Dan an. “Keine Sorge, Mr Armstrong. Ich schreibe nicht für die Klatschspalte. Mein Artikel dreht sich um die Landsitze alter Adelsfamilien und wie sie heutzutage geschäftlich genutzt werden. Außer Ihrem Vater werde ich noch Sarah Wilcox erwähnen, jedenfalls keine Bauunternehmer, die mit dem Thema überhaupt nichts zu tun haben.”
“Das stimmt eigentlich so nicht, denn …”, begann Francis, verstummte jedoch, als er Dans warnenden Blick auffing.
Jocelyn stand auf. Auch Sam und Francis erhoben sich höflich. “Vielen Dank für den Tee, Mr Armstrong, und dafür, dass Sie mir Ihre Zeit geopfert haben. Es war faszinierend. Ich sage Lord Morville Bescheid, wann der Artikel erscheinen wird.” Sie schüttelte Sam die Hand und wandte sich Dan zu. “Auf Wiedersehen.”
“Wiedersehen.” Er sah sie von oben herab an und hielt ihr die Hand hin. “Vielleicht sehen wir uns mal wieder.”
Als Jocelyn ihm die Hand schüttelte, war ihr nur zu bewusst, dass Francis das Geschehen aufmerksam verfolgte. “Vielleicht”, antwortete sie vage.
Sam Armstrong brachte sie zur Tür, während Dan Francis zurückhielt und ihm leise und eindringlich etwas auftrug. Was will er denn nur, überlegte sie.
Kurz darauf befanden sie und Francis sich auf dem Rückweg nach Eastlegh Hall.
“Haben Sie genug Material für Ihren Artikel?”, fragte er.
“Mehr als genug. Das ist wirklich ein gutes Konzept hier. Vielen Dank, dass Sie es mir gezeigt haben, und vielen Dank fürs Mittagessen.”
Als sie vor dem Herrenhaus standen, gab Francis Jocelyn seine Karte. “Bitte. Falls Sie doch noch Fragen haben, rufen Sie einfach an. Sarah weiß immer, wo ich zu finden bin.”
“Danke. Ich sage noch Bescheid, wann der Fotograf auftauchen wird.” Sie steckte die Karte in ihre Handtasche und reichte Francis die Hand. “Auf Wiedersehen.”
“Auf Wiedersehen, Jocelyn. Dürfte ich bitte Ihre Adresse und Telefonnummer haben, nur für alle Fälle?”
Jocelyn suchte in ihrer Handtasche nach einer Visitenkarte, fand sie und reichte sie Francis mit einem herzlichen Lächeln, bevor sie durch die wunderschöne Parklandschaft wieder in Richtung Dorchester fuhr. Da sie es nicht besonders eilig hatte, fuhr sie langsam und genoss den Ausblick. Als sie Durst bekam, parkte sie vor einem Lokal mit Reetdach, setzte sich auf die Terrasse und trank in Ruhe eine Tasse Kaffee. Langsam erholte sie sich von dem Schock, Adam alias Daniel Armstrong so unverhofft wiedergesehen zu haben. Jetzt bedauerte sie ihre kühle, abweisende Nachricht auf dem Anrufbeantworter. Aber das spielte jetzt auch keine Rolle mehr. Daniel wollte ja sowieso nichts mehr mit ihr zu tun haben, weil er sich einbildete, ihren Ansprüchen nicht zu genügen. Wie lächerlich das war, würde sie ihm nun nie erzählen können.
Als sie sich London näherte, nahm der Verkehr zu. Müde und erschöpft kam sie schließlich zu Hause an. Gerade hatte sie den Motor abgestellt, da wurde die Fahrertür aufgerissen. Jocelyn erschrak.
“Wo, um alles in der Welt, bist du so lange gewesen?”, fragte Dan Armstrong gereizt.
5. KAPITEL
Ihr Herz begann sofort, aufgeregt zu klopfen, als Jocelyn Dan sah. Sie stieg aus, knallte die Tür hinter sich zu, verriegelte sie und wandte sich um. “Du hast Lord Morville dazu gebracht, mich um meine Adresse zu bitten”, sagte sie wütend.
“Mir hättest du sie sicher nicht gegeben.” Dan zuckte die Schultern.
“Und was willst du hier?”
“Ich war zufällig gerade in der Nähe.” Er lächelte herausfordernd.
“Sehr witzig.” Jocelyn schloss die Haustür auf und drehte sich zu ihm um. “Ich bin müde. Gute Nacht.”
“Langsam. Ich möchte mit dir reden. Es dauert bestimmt nicht lange. Wenn du mich nicht hineinbitten willst, können wir es auch auf der Straße besprechen. Das liegt ganz an dir.”
Jocelyn gab nach. Sie hatte ja doch keine andere Wahl.
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