Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Adams Erbe (German Edition)

Adams Erbe (German Edition)

Titel: Adams Erbe (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Astrid Rosenfeld
Vom Netzwerk:
sollst?«
    Meine Großmutter stand am Fuß der Treppe und sah mich mit diesem unerbittlichen Blick an, der es schaffte, die Zeit aus ihrer Bahn zu werfen, und der mich, den falschen Adam, wieder zu Boden zwang.
    »Komm sofort da runter.«
    Statt ihr zu gehorchen, warf ich mich mit voller Kraft gegen die verschlossene Tür. Lara Cohen schrie auf, rannte die Stufen hoch, schleifte mich runter und knallte mir eine. »Vielleicht gehst du jetzt besser«, sagte Lara Cohen und reichte mir die Hand zum Abschied.
    »Du kannst sie als Tischdecke benutzen«, waren meine letzten Worte, bevor ich die Wohnung verließ.
    Es brannten keine Gedichte und auch keine Hosen in mir, und ich traf niemanden, den ich hätte lieben können. Um mich nicht auszugrenzen, startete ich mein eigenes Projekt. Ich versuchte, mit dem Rauchen aufzuhören.
    Es war einer der wenigen Abende, an denen nur wir fünf zusammensaßen. Groll schrieb, Udo zeichnete, Dani starrte Hendrik an, Hendrik telefonierte, und ich betrachtete meine zitternden Finger, die sich nichts sehnlicher wünschten als eine Zigarette. Auf einmal ließ Groll den Stift fallen und stand auf.
    »Hört mir mal zu.« Ich weiß nicht, was da in seinen Augen flackerte, Wahnsinn, Erkenntnis oder ein Rest Wodka Gorbatschow. Was es auch war, es verfehlte seine Wirkung nicht, selbst Hendrik legte das Telefon nieder.
    »Das hier kommt nie wieder.«
    Und dann sagte Karl nichts mehr.
    »Was kommt nicht wieder?«, fragte Dani genervt.
    »Dieser Moment.«
    Karl Groll hatte recht, die Tage der Leichtigkeit waren gezählt. Unbemerkt breitete sich das Gift aus, dessen Geschmack Dani längst kannte. Sie rollte die Augen.
    »Das waren weise Worte, aber Frau Arschloch hier neben mir hat halt nichts übrig für Poesie«, sagte Hendrik.
    Bevor Dani ausrasten konnte, legte Hendrik seinen Arm um sie und streichelte ihr über den Kopf. Nur eine Geste, die ihm nichts und ihr alles bedeutete. Gerade als Dani begann, sich in Sicherheit zu wiegen, ließ er sie los, einfach so, und griff nach dem Telefon.
    Er bemerkte nicht, dass sie das Zimmer verließ. Er hörte nicht, wie sie die Badezimmertür hinter sich zuschlug. Hätten meine Hände nicht so gezittert, wäre ich ihr sofort gefolgt, aber ich war zu fasziniert von meinen Fingern, die sich ganz ohne mein Zutun bewegten. Im Hintergrund rauschte die Klospülung.
    »Ed, du musst was mit deinen Händen machen«, sagte Udo.
    »Soll ich zum Arzt?«
    Udo warf mir ein Knäuel schwarzer Angorawolle zu.
    »Ne, du sollst was damit machen. Zöpfe oder sonst was. Du musst deine Finger beschäftigen.«
    Ich bastelte dicke, fette, hässliche Püppchen, Groll nannte sie Teufelsföten.
    An diesem Abend formte ich acht Püppchen und brachte sie Dani.
    »Ich habe keine Lust, mit dir zu schlafen, Ed«, sagte sie herablassend.
    »Ich auch nicht. Ich hab was für dich.« Vorsichtig legte ich die acht Monster in ihre Hände.
    »Was ist das? Das ist unglaublich hässlich.«
    »Sorgenpüppchen.«
    »Die sind riesig.«
    »Ja, für riesige Sorgen.«
    »Und scheußlich.«
    »Ja, für scheußliche Sorgen.«
    Sie nahm die acht tennisballgroßen Geschöpfe, stopfte sie unter ihr Kopfkissen, und dann schliefen wir doch miteinander.
    Zum ersten Mal seit meiner Rückkehr nach Berlin suchte ich den Ort auf, an dem ich Jack gefunden hatte.
    Mit einer Packung Kekse in der Tasche marschierte ich zu dem Gehege, stellte mich an den Zaun und sang eines seiner traurigen Lieder. Doch die grauen Riesen ignorierten mich. Ich sang laut und immer lauter, aber meine Melodie blieb ohne Zauberkraft. Die Herde des Kings musste nicht einmal hinsehen, um mich als falschen Gott zu enttarnen. Vielleicht war es der Nikotinentzug, aber ich wurde das Gefühl nicht los, dass die Elefanten mich auslachten. Ich versuchte es mit den Keksen, beugte mich über das Geländer, aber auch meinen Zucker verschmähten sie.
    »Ich bin sein Sohn«, schrie ich, und dann beschimpfte ich die Tiere, nannte die Elefantendame eine gottverdammte Hure und Schlimmeres. Und als ich ausholen wollte, um die Prinzenrolle gegen ihren fetten Arsch zu schleudern, packte mich jemand am Kragen. Mittlerweile hatte sich eine Menschentraube gebildet, ich wurde abgeführt wie ein Schwerverbrecher.
    Ich musste eine Strafe von 250 Mark bezahlen und bekam fünf Jahre Hausverbot. Als ich den Herren, die meine Daten aufgenommen hatten, sagte, dass sie mir den Zutritt nicht verweigern könnten, weil meinem Vater nämlich die Elefanten gehörten, wurde das

Weitere Kostenlose Bücher