Adams Erbe (German Edition)
mich dadurch noch stärker an die Giesels binden würde. Aber er sah auch ein, dass es nicht möglich war, Bubi seinen Wunsch abzuschlagen.
Der Obersturmbannführer war durchaus zufrieden mit der Wahl seines Neffen. Die Hochzeit fand Anfang August in einem Landhaus zwischen Krakau und Kressendorf statt. Der Vater der Braut, Egon Wreden, ließ sich die Vermählung seiner ältesten Tochter einiges kosten. Über zweihundert Gäste waren geladen. Ganze Kühe und Ferkel wurden von Köchen in weißen Schürzen über einem riesigen Grill geröstet. Es roch nach Sommer und Schwein.
Ein SS-Mann übernahm die Trauung. Bubi trug seine Uniform und Anita ein weißes, vorn gerüschtes Kleid. Niemand, außer Lena und mir, ahnte, dass sich unter der Spitze der wahre Grund für diesen Bund verbarg.
Lena, die geschmackloserweise als Trauzeugin herhalten musste, hatte ein immerwehendes Sommergewand an. Violett, wie die Augen des Unterscharführers.
Und nachdem die Braut Bubi einen goldenen Ring über den Finger gestülpt hatte, ließ sich die ganze Gesellschaft an langen Tafeln nieder. Ein Stück Fleisch landete auf meinem Teller, ich saß neben Bussler und spürte sein unruhiges Bein. Nach dem Essen spielte eine Kapelle, und die Paare drängten sich auf den Tanzboden, den man in den Rasen eingelassen hatte.
Ich tanzte mit Lena und mit der dritten Schwester, der achtjährigen Bernadette, die mich gar nicht mehr freigeben wollte. Es dunkelte bereits, Laternen und der Mond tauchten den Garten in ein unwirkliches Licht. Aus den Augenwinkeln sah ich Bubi, der allein an einem Tisch saß und trank. Widerwillig gewährte Bernadette mir eine Pause.
Bubi lächelte müde.
»Anton.« Seine Augen schwammen in Alkohol. »Gehst du ein Stück mit mir spazieren?«
Er hakte sich bei mir ein, und mit schwankenden Schritten entfernten wir uns von der Hochzeitsgesellschaft.
Hinter einem dunklen Busch übergab sich der Bräutigam, Schnaps und Fleischbrocken ergossen sich auf die Erde.
»Heute ist es schlimm, und morgen wird es schon besser sein, und in ein paar Jahren wird es gut sein«, sagte er und wischte sich den Mund ab. »Wir werden nach Warschau ziehen. Ich darf Kressendorf verlassen. Raus aus der Provinz, und ich werde befördert.«
»Herzlichen Glückwunsch.«
»Ja, das wird großartig. Man kann nicht alles haben, nicht wahr?«
»Wahrscheinlich.«
Ich wanderte am nächsten Tag durch den Park des Gouverneurs, das Hochzeitsschwein gärte noch immer in meinem Magen, es schien sich nur äußerst langsam zu zersetzen.
»Herr Richter.« Tadeusz stand hinter mir. »Ich haben nachgeguckt in Bücher, über die Zucht. Sie haben vielen Fehler gemacht. Aber ich nun weiß, wie richtig geht. Und noch ist nix zu spät, glauben ich, wir können neu machen.« Er lächelte.
Es war, als ob man einen Freund hätte. Ich überließ ihm die Führung und folgte seinen Anweisungen. In seiner Liebe zu den Rosen erinnerte er an Artur Marder.
Der August neigte sich dem Ende zu, und wir waren mit unserer Arbeit fast fertig.
»Warum tust du das, Tadeusz?«, fragte ich ihn, als wir gerade eine Pause machten.
»Was tun?«
»Mir helfen.«
»Weil ich nix glauben, dass du schlecht bist. Zuerst wir dachten, du sein Spion von die SS, aber dann haben wir geschaut, dass du, deine Körper ist hier mit uns, aber das«, und er tippte sachte gegen meinen Kopf, »ganz weit weg. Und dann haben wir geschaut, wie du mit den Rosen… wie jemand, der nix weiß. Und dann habe ich dir gefragt, und du hast nix gelogen. Du bist nix SS, nix Rosenzüchter, ein Mann mit Sorgen, wie viele.«
Ich wusste nicht, ob Tadeusz den anderen von meiner Offenbarung erzählt hatte oder wie immer man mein »Nein« an einem Juninachmittag nennen mochte. Sie stellten mir keine Fragen, und auch Tadeusz, der zwar wusste, was ich alles nicht war, aber nicht, was ich war, bohrte nicht weiter nach.
Das Leben verlief eintönig. Bussler verfolgte deine Spur, verriet mir aber nie, wie weit seine Nachforschungen bereits gediehen waren. »Geduld, Adam, Geduld.«
»Was ist mit der Wohnung in der Straße des Hutmachers?«, fragte ich ihn mehr als einmal.
»Da ist sie nicht. Wann begreifst du das endlich?«
»Aber vielleicht…«
»Adam, hab Geduld. Bitte.«
Der Herbst löste den Sommer ab. Anitas Bauch wölbte sich schon deutlich.
Es war einer der letzten Abende, die das junge Giesel-Paar in Kressendorf verbrachte, bald stand der Umzug nach Warschau an. Dort sollte aus dem Unterscharführer Giesel der
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