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Adams Erbe (German Edition)

Adams Erbe (German Edition)

Titel: Adams Erbe (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Astrid Rosenfeld
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Wreden uns zur Verfügung gestellt hatte. Bernadette hielt eine Puppe im Arm und plapperte vor sich hin, während Lena stumm aus dem Fenster starrte.
    »Weißt du, wie meine Puppe heißt?«, fragte Bernadette und hielt mir das blondgelockte Porzellanmädchen unter die Nase.
    »Nein.«
    »Sie heißt wie du.«
    »Anton?«
    »Ja.«
    »Aber Anton ist ein Name für Jungs.«
    »Zuerst hieß sie ja auch Minka, aber dann habe ich sie umgetauft. Freust du dich denn gar nicht?«, fragte sie enttäuscht.
    »Doch, sehr.«
    »Willst du jetzt mit Anton spielen?« Sie sah mich erwartungsvoll an.
    »Ja. Gib ihn mir mal.«
    Ich hielt die Puppe fest und lächelte ebenso starr wie sie.
    »Du kannst sie umziehen, wenn du willst.«
    Und sie holte ein paar Kleidchen aus einer Tasche.
    »Welches gefällt dir am besten?«
    Ich entschied mich für einen roten Samtmantel, der auch Edda phantastisch gestanden hätte.
    »Anton ist schön, nicht wahr?«, fragte sie mich, nachdem wir die Puppe in den Samtmantel gezwängt hatten.
    »Sehr schön.«
    Bernadette strahlte.
    Anita, inzwischen hochschwanger, führte ihre Schwestern und mich voller Stolz durch die riesige Warschauer Wohnung. Bubi war noch nicht zu Hause.
    »Papilein zahlt fast die ganze Miete«, sagte sie in einem gespielten Flüsterton.
    Im Wohnzimmer brannte ein Feuer im Kamin. Das Hausmädchen servierte Gebäck und Kaffee, während Anita redete und lachte.
    »Ach, das habe ich ja fast vergessen.« Sie verließ das Zimmer und kam mit zwei eleganten Pelzmänteln zurück.
    »Für dich«, sie überreichte den kleineren Bernadette, »und für dich, Lena.« Die Ältere dankte höflich, und Bernadette quietschte vor Begeisterung, verlor dann aber recht schnell das Interesse an dem Geschenk.
    »Wir haben ja jetzt ein Ghetto in Warschau. Die Juden verkaufen wirklich ganz wunderbare Sachen und so günstig. Morgen bringe ich euch hin. Ein Paradies. Sie geben mir ständig Rabatt. Viele von diesen Juden arbeiten ja in Papileins Fabrik, die wissen ganz genau, wer ich bin. Wirklich ausgezeichnete Ware. Nicht jeder darf dort einkaufen, man braucht eine Sondergenehmigung. Beziehungen. Für Papi kein Problem. Selbst die Frau des Generalgouverneurs soll schon einmal dort gewesen sein. Das müssten Sie doch wissen, Herr Richter.«
    »Ich?«, fragte ich verwirrt.
    »Ich dachte, Sie arbeiten für die Franks.«
    »Ich bin Rosenzüchter. Frau Frank informiert mich nicht über ihre… ihre Aktivitäten.«
    Aber Anita hörte mir gar nicht mehr zu, sondern hatte bereits das Thema gewechselt und erklärte uns, wie beschwerlich so eine Schwangerschaft sei.
    Dann kam Bubi nach Hause. Seine violetten Augen glänzten nicht mehr ganz so betörend, und seine Mundpartie wirkte verhärtet.
    In diesem Moment dachte ich an Marders Bemerkung und fragte mich, ob Bubi vielleicht wirklich nach Anita gesucht hatte. Sind das Zufälle? Bestimmen uns die Menschen, denen wir begegnen, oder begegnen uns die Menschen, weil wir unserer Bestimmung folgen? Damit wir das werden können, was wir von Anfang an sein sollten?
    Das Abendessen wurde serviert, das Hausmädchen hatte sich auf einmal verdoppelt. Die zwei unscheinbaren Polinnen hätten Zwillinge sein können. Anita gebärdete sich wie eine Königin mit Krämerseele, lenkte unsere Aufmerksamkeit auf die Speisen, das Geschirr und auf das Tafelsilber, das sie ebenfalls im Ghetto erstanden hatte. Alles hatte seinen Preis, der Hirschbraten, der Kaffee, der Schnaps. Es war, als ob man mit Zloty angeschriebene Etiketten verspeisen würde.
    Am nächsten Tag besuchten wir das Ghetto, Anitas Einkaufsparadies. Blau-weiß die Armbinden mit den Sternen. Zwei kleine Mädchen, jünger als Bernadette, saßen am Straßenrand. Die Hände ausgestreckt, geduldig, fast schon gleichgültig, warteten sie. Die Blicke gesenkt, die Füße in Lumpen gewickelt. Ich legte mein ganzes Geld in ihre kleinen Fäuste, und dann sahen sie mich an. Kinder mit den Augen steinalter Frauen.
    »Herr Richter, was machen Sie denn da?«, rief Anita. In diesem Moment sprangen die zwei Mädchen auf, rannten davon und verschwanden in der Menschenmenge. »Kommen Sie, wir gehen hier rein.«
    Lena sah noch etwas leidender aus als sonst und Bernadette klammerte sich an ihre Puppe. »Hier stinkt es. Ich will nach Hause«, sagte sie und griff nach meiner Hand. Gemeinsam betraten wir das Geschäft.
    Anita kaufte eine Pelzmütze für Bubi, zum Geburtstag.
    »Sucht euch was aus«, sagte sie zu ihren Schwestern.
    Bernadette entdeckte

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