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Adams Erbe (German Edition)

Adams Erbe (German Edition)

Titel: Adams Erbe (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Astrid Rosenfeld
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einen roten Samtmantel, so einen, wie ihr Anton ihn trug. Er passte. Der Mann hinter dem Ladentisch nannte den Preis. Anita runzelte die Stirn, bemängelte eine schiefe Naht, einen losen Knopf, einen winzigen Riss, den nur sie sehen konnte, bis schließlich das Mäntelchen nicht mehr als eine Scheibe Brot kostete. Bernadette drehte sich im Kreis, den Gestank hatte das Kind längst vergessen.
    »Lena, was ist mit dir?«, fragte Anita, die sich in der Gönnerrolle ausgesprochen gut zu gefallen schien.
    »Ich brauche nichts«, sagte sie.
    Die ältere Schwester seufzte. »Dann halt nicht. Und Sie, Herr Richter?«
    Ich schüttelte den Kopf.
    Wir klapperten zwei weitere Geschäfte ab. Danach war Schluss, denn Lena, die immer blasser wurde und sich für nichts begeistern konnte, verdarb Anita den ganzen Spaß.
    Ich war dankbar, als wir diesen Ort hinter uns ließen. Ich war dankbar, dass ich hier einfach hinausspazieren konnte, im Gegensatz zu den Menschen mit den Sternenbinden.
    Am Abend feierten wir Bubis Geburtstag. Über fünfzig Gäste, unter ihnen auch Obersturmbannführer Giesel, schwirrten in der Wohnung umher. Die polnischen Fastzwillinge hatten sich noch einmal vervielfacht und bahnten sich mit gefüllten Tabletts ihren Weg durch die Menge. Jemand spielte Klavier. Lachen und Stimmengewirr schwollen in unregelmäßigem Rhythmus an und ab. Ich trank, der Alkohol war gut zu mir, er wärmte mich und verdrängte sogar das Bild dieser merkwürdigsten aller Kinderaugen, die ich heute im Ghetto gesehen hatte, aus meinem Gehirn.
    Der Obersturmbannführer stellte sich neben den betrunkenen Anton. Ich hörte gar nicht, was er sagte, denn auf einmal überkam mich ein gewaltiger Lachanfall.
    »Herr Richter, was ist denn so komisch?«
    Mein Bauch bebte, Tränen liefen über meine Wangen. »Ich… ich habe gerade nur gedacht… Spätestens in sechzig oder siebzig Jahren sind wir alle, alle wie wir hier stehen, tot.«
    »Und das finden Sie komisch?«
    »Irgendwie schon.« Ich versuchte, mich zu beruhigen.
    »Warum ist das lustig, Richter?« Giesel schien verunsichert.
    »Die… die Sterblichkeit… Sie macht all unser Tun ein wenig… Wie soll ich es sagen? Ein wenig lächerlich. Meinen Sie nicht?« Wieder musste ich losprusten.
    »Richter, Sie sind betrunken«, sagte er und ließ mich stehen. Ich war betrunken, aber das machte den Gedanken nicht falsch.
    Nach dem Lachen kam die Traurigkeit, denn trotz allem: Kinderaugen sollten wie Kinderaugen aussehen.
    Ich ging ins Badezimmer und ließ eiskaltes Wasser über meinen Kopf laufen.
    »Anton«, flüsterte eine Stimme. Ich fuhr hoch und stieß mit dem Schädel gegen den Wasserhahn.
    Lena, die ich beim Hereinkommen nicht bemerkt hatte, saß auf einem kleinen, gepolsterten Schemel neben der Badewanne und rauchte eine Zigarette. Sie lächelte.
    »Lena, was… was machst du hier drinnen?«, fragte ich. Das Wasser tropfte von meinen Haaren auf meine Jacke.
    Sie antwortete nicht. Ich nahm mir ein Handtuch und setzte mich auf den Rand der Badewanne.
    »Was ist los?«
    Lena starrte auf die Glut. »Heute bin ich zum ersten Mal froh, dass ich nicht sie bin… nicht Anita bin.«
    Ich nahm ihr die Zigarette aus der Hand und zog einmal kräftig. »Das solltest du auch.«
    »Ich habe sie immer bewundert. Schon als Kind. Sie war niemals um eine Antwort verlegen. Sie war… sie ist immer so… Ihre Stimme, ihr Lachen, so… schillernd.«
    »Nein, nicht schillernd, laut. Sie ist laut, Lena.«
    »Man verschwindet in ihrer Gegenwart. Und als Bubi mit ihr… Ich war nicht wütend, ich habe mir einfach nur gewünscht, ein bisschen mehr zu sein wie sie. Aber heute… Heute nicht mehr.«
    Einen Moment lang saßen wir einfach so da, während draußen getanzt und gelacht wurde.
    Jemand riss die Tür auf. Bubi. Volltrunken, schwitzend, das Hemd halb geöffnet.
    »Anton«, sagte er und wankte zur Toilette. »Ich habe heute Geburtstag.« Er erbrach sich. Lena verließ das Badezimmer, aber ich blieb bei dem kotzenden Scharführer, hockte mich neben ihn und tätschelte seine Schulter. Als er seinen Kopf wieder aus der Schüssel zog, tränten seine Augen in einem friedlichen Lila.
    »Anita hat gesagt, du hast den Juden Geld gegeben.« Er wischte sich mit dem Handrücken die braune Magensäure aus dem Gesicht.
    »Ich habe zwei bettelnden Kindern ein paar Groschen in die Hand gelegt.«
    »Judenkindern?«
    »Wahrscheinlich.«
    Bubi rückte näher an mich heran und legte seinen Arm um mich. »Manchmal möchte ich sie

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