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Adelheid von Lare: Historischer Roman um die Stifterin des Klosters Walkenried (German Edition)

Adelheid von Lare: Historischer Roman um die Stifterin des Klosters Walkenried (German Edition)

Titel: Adelheid von Lare: Historischer Roman um die Stifterin des Klosters Walkenried (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Simone Knodel
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doch bereits vergeblich nach jemandem Ausschau gehalten, der in etwa wie ein König aussah.
    Besonders befremdlich war erst recht die Tatsache, dass Ruthard von Mainz nun inmitten seiner Bischöfe vor dem Altar niederkniete und sie gemeinsam dem jungen König Heinrich V. ihre Treue schworen.
    Jetzt wurden auch die vielen Zuschauer im Saal unruhig. Sie verdrehten die Hälse nach dem vermeintlichen König und konnten doch niemanden erblicken.
    Schließlich erhob sich der Erzbischof aus der Reihe der demütig gebeugten Rücken und bat mit lauter Stimme, der König möge endlich vortreten und ihre Ehrung entgegennehmen. Wie eine plötzliche Windböe die Blätter eines Baumes wendet, so wandten sich erneut alle Köpfe nach hinten. Aus dem Dunkel der letzten Bank löste sich jetzt ein junger Mann in sehr einfachem Gewande, der deshalb zuvor niemandem aufgefallen sein konnte, weil er sich mit gesenktem Kopf und äußerst schlichter Kleidung unters Volk gemischt hatte. Auch jetzt, als er begleitet vom ungläubigen Raunen der Masse durch den Mittelgang schritt, hob er sein Antlitz nicht. So konnten die Leute lediglich einen rötlich-blonden Haarschopf sehen, der sich am Hinterkopf bereits leicht lichtete. Die kirchlichen Würdenträger, die sich mit ihren prunkvollen Gewändern ziemlich grotesk von dem bäuerlich Gekleideten abhoben, wichen zurück, als fürchteten sie, seine Schlichtheit könne sie wie eine gefährliche Krankheit anstecken.
    Folkmar, der das Geschehen mit ungläubigen Augen verfolgte, wurde das Gefühl nicht los, einem schlechten Schauspiel beizuwohnen. Was wollte der König mit dieser Geste erreichen? Machte er sich und die Bischöfe denn damit nicht einfach nur lächerlich? Durchschauten die anderen nicht, dass diese Demut nur gespielt sein konnte, so überzogen wie sie war?
    Inzwischen hatte Heinrich den kleinen Altar erreicht und sank vor dem hölzernen Christus am Kreuz in die Knie. Inbrünstig schien er zu beten und alles verharrte in gespannter Erwartung. Dann richtete er sich auf, drehte sich langsam um und erhob seine Stimme: „Als Knecht Gottes und um Christi Willen bitte ich Euch in aller Demut: Höret mich an!“ Er streckte seine Arme aus und auch das letzte Geräusch im Saal erstarb. Es schien, als wage nicht einmal das Gebälk zu knarren.
    Heinrichs helle Stimme drohte zu versagen, als er unter Räuspern weitersprach: „Ein Wunsch, der einem frommen Zwecke dient, ist wohl mit Gottes Segen belegt. Mein sehnlicher Wunsch war es, der von meinem Vater, König Heinrich IV., misshandelten Kirche wieder Ansehen und Gerechtigkeit zu verschaffen. Aus diesem Grunde schicke ich heiße Gebete zu Gott, dem Allmächtigen, auf dass er den harten Sinn meines Vaters erweiche und mir, seinem ergebenen Sohn, gnädig sei!“
    Tränen liefen ihm über die Wangen und tropften ungehindert auf seine grobe braune Tunika. Folkmar fühlte sich peinlich berührt von diesem würdelosen Schauspiel. Er beobachtete, wie auch einige der Bischöfe verlegen ihre Schuhspitzen betrachteten.
    Doch die von der Tragik dieses Momentes leicht zu beeindruckende Menge brach in Beifallsrufe aus und jubelte dem jungen König euphorisch zu. Das von einigen Kehlen angestimmte Kyrie eleison griffen die Menschen begeistert auf und bald erfüllte brausender Gesang die mächtigen Mauern der Burg.
    Nur wenig später verließ ein enttäuschter Folkmar mit beiden Kindern an den Händen in einem Strom von Menschen den Saal. Die Gesichter der anderen Besucher spiegelten zwiespältige Gefühle wieder. Einige strahlten vor Enthusiasmus und es erklangen immer wieder Rufe wie „Hoch lebe der junge König!“ oder „Hoch Heinrich der Fünfte!“ Andere dagegen schienen in die gleiche Richtung zu denken wie er, sie wirkten ernüchtert, unzufrieden und unangenehm berührt.
    Es dauerte eine Weile, bis sie im Gewühl ihren Wagen fanden, der mit dem Kutscher und den drei Reisigen als Begleitschutz gewartet hatte. Die Kinder konnten sich nicht satt sehen an den vielen fremden und prächtig gekleideten Menschen, die zum Gefolge der Kirchenoberen gehörten und wie Ameisen geschäftig über den weitläufigen Königshof eilten. Schimpfend und fluchend kutschierte der Fuhrmann den Wagen über das belebte Gelände, vorbei am Damenstift und an den Mauern des Klosters „Zum Heiligen Kreuz“. Schließlich erreichten sie das Torhaus und verließen die Feste in Richtung Westen.
    Gerade hatten sie das Altendorf am Fuße der Burg rechts liegen gelassen, als sie durch

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