Adelheid von Lare: Historischer Roman um die Stifterin des Klosters Walkenried (German Edition)
wird, bleibt abzuwarten. Ihr solltet vorsichtig sein! Mir scheint, beim neuen König weht der Wind aus vielen Richtungen.“ Adelheid wusste, dass die meisten von Folkmars Freunden nur deshalb den jungen König begrüßten, weil sie sich neue Erfolge für die sächsischen Fürsten versprachen, die seit ihrer Niederlage in den siebziger Jahren ungeduldig mit den Schwertern klirrten. Sie warteten nur auf eine Gelegenheit, einen weiteren Aufstand zu beginnen. Sollte der neue König Schwäche zeigen, dann würden sie endlich gewinnen. Und Lare war diesmal dabei, daran gab es kaum noch Zweifel. So hatte sie erst vor kurzem mit Folkmar beschlossen, den Bau einer größeren Kapelle erneut zu verschieben und stattdessen die zweite Ringmauer im Osten der Burg auszubauen.
Robert schien in die gleiche Richtung zu denken. „Wir sollten nun ernsthaft den Bau eines weiteren Turmes in Angriff nehmen. Der Bergfried sichert uns nach Norden, die Motte nach Südwesten. Der Osten ist trotz der Unterstützung vom Straußberg noch immer unsere schwächste Stelle. Jeder Feind, der den Straußberg geschickt umgeht, kann uns von dort überrumpeln.“
Adelheid seufzte und zog die Stirn kraus. Die Motte sicherte den Bergsporn mit ihrer trutzigen Behäbigkeit bereits seit Hunderten von Jahren, sie war die älteste Verteidigungsanlage auf dem Gelände. Schon Graf Beringer hatte darauf bestanden, dass sie sorgfältig erhalten wurde. Sie hatte ihn und seine Leute während der Bauarbeiten geschützt und konnte im Ernstfall zur Verteidigung der Vorburg, des Halsgrabens und nicht zuletzt des Torweges noch immer sehr nützlich sein. Aber von der östlichen Ecke der Burg war auch sie zu weit entfernt. Der Bau eines dritten Turmes war schon öfter diskutiert worden, nun war die Zeit wahrscheinlich reif dafür.
Gottschalk trank seinen Kelch aus und reckte sich. „Wir müssen abwarten. Früher oder später wird sich herausstellen, welches Pferd der junge Heinrich reitet. Wir sollten auf alles gefasst sein!“
Die anderen betrachteten das wohl als Schlusswort und erhoben sich.
Folkmar neigte sich zu Adelheid und flüsterte ihr ins Ohr: „Können wir das Gespräch oben fortsetzen, es ist heute früh etwas offen geblieben …“ Kleine Lachfältchen saßen um seine Augen, deren Ausdruck eine einzige Bitte war. Als ob sie bei diesem Blick jemals hätte nein sagen können!
Nachdem sie sich von den Männern verabschiedet hatten, packte er sie und nahm sie auf den Arm, um sie die Treppe hinaufzutragen.
Sofort begann sie zu zetern: „Du weißt, dass ich das nicht möchte. Dein Bein hält solche Belastungen nicht mehr aus! Sei vernünftig!“
„Du wiegst doch nur so viel wie ein Huhn!“, schnaufte er seine übliche Antwort und zog sich mit einem Arm am hölzernen Geländer hinauf.
„Aber auch ein altes Suppenhuhn hat sein Gewicht!“, konterte sie und lachte schon wieder. An der obersten Stufe sprang sie behände ab und lief voraus. Vor der Tür jedoch blieb sie stehen und legte warnend den Finger auf die Lippen. Folkmar nickte, er hatte nicht vergessen, dass Helisende in ihrem Gemach schlief. Der kleine Teufelsbraten gehörte längst zu den anderen Kindern ins Zimmer, ihre Geschwister waren jedoch froh, wenn sie Ruhe vor ihr hatten, denn sie terrorisierte alle, Brüder, Schwester und Gesinde gleichermaßen.
Lächelnd standen die Eltern am Bett ihrer Jüngsten. Wenn sie schlief, ahnte niemand, welches Temperament in ihr steckte. Die blonden Locken kräuselten sich störrisch auf dem Kissen, die kleine Faust hatte sich entschlossen um einen Zipfel der Bettdecke geklammert, als fürchte sie selbst im Schlaf, sie könne ihr genommen werden.
„Sie ist genau so schön wie du!“, flüsterte Folkmar ehrfürchtig.
„Und auch so störrisch, wolltest du sagen?“
„Nein! Wie käme ich darauf?“
Er warf sich auf das Bett und beobachtete mit unverhohlener Vorfreude, wie Adelheid sich auszog. Obwohl sie vier Kinder geboren hatte, war sie noch immer eine zierliche Frau. Ihre Brüste waren etwas voller geworden, denn sie hatte die Kinder selbst gestillt. Das schulterlange blonde Haar verbarg die paar silbernen Fäden ganz gut. Er bemerkte die schimmernden Strähnen, wenn er neben ihr lag und sie betrachtete, aber er würde den Teufel tun, ihr seine Entdeckung mitzuteilen. Sie konnte sehr eitel sein.
Vor acht Jahren hätte er sie beinahe verloren, und die Erinnerung daran war ein dunkler Tunnel in seinem Gedächtnis, den er jetzt wieder einmal unter
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