Adelheid von Lare: Historischer Roman um die Stifterin des Klosters Walkenried (German Edition)
entschlossene und ernste Gesichter. Gottschalk von Wisedendorf und Folkmar saßen an den Stirnseiten der Tafel, Robert und Johannes vom Straußberg ließen sich den Rücken vom Kamin wärmen. Ihnen gegenüber hockte mit funkelnden Augen Adelheids ältester Sohn Ludwig und sprühte vor Tatendrang. Mit knappen Worten schilderte Wiprecht die Schlacht vor seinen Mauern.
„… und ich sage Euch, Ihr edlen Herren, er hat jetzt Blut gerochen! Diese Niederlage wird ihn anstacheln und er wird bald zurückkommen. Dann ist die Chance da, auf die wir nun wahrhaftig lange genug gewartet haben! Stellen wir ihm eine Falle!“
Ludwig von Thüringen, der vom Volk auch „der Springer“ genannt wurde, weil er bei seiner waghalsigen Flucht vor dem König von den Mauern der Burg Giebichenstein in die Saale gesprungen war, schlug mit der flachen Hand so hart auf den Tisch, dass die Weinkrüge einen Satz taten. „Genug der Worte. Wie lange soll er uns noch auf der Nase herumtanzen? Sind wir denn nicht Männer genug, ihn endgültig zu schlagen? Er spielt mit uns Katz und Maus. Lasst uns ihm entgegenziehen, Ihr Herren! Offene Karten – offenes Spiel!“
Lothar wiegte bedächtig den Kopf. „Eher ein gewagtes Spiel! Vergesst nicht, dass er dort in Schwaben noch die Staufer hinter sich hat. Wir sollten ihn in unsere Gegend locken. Das ist sicherer.“
Ein Diener kam herein und raunte Folkmar eine kurze Mitteilung zu.
„Ein Bote? Schick ihn zu mir – nein warte! Ich komme hinaus!“ Es war nicht nötig, dass ein fremder Knappe all die versammelten Männer hier sitzen sah. Als er zurückkam, verschloss er sorgfältig die Tür hinter sich.
„Der Salier ist auf dem Weg nach Weimar, er will die Güter des verstorbenen Grafen Udalrich zu Gunsten der Krone einziehen!“
Ein lautes Poltern folgte. Ludwig von Thüringen hatte beim Aufspringen seinen Hocker umgeworfen. Der nach einer heimtückischen Darmkrankheit gestorbene Graf war sein Tochtermann. „Worauf warten wir noch? Jetzt ist der Moment da, wir werden auch die thüringischen Fürsten auf unserer Seite haben. Lasst uns diesen frechen Schmarotzer endlich schlagen!“
Herzog Lothar erhob sich ebenfalls und nahm das Wort. „Er will in Thüringen Fuß fassen, das müssen wir verhindern, koste es, was es wolle. Ich schlage vor, wir treffen uns in der dritten Nacht in der Senke bei Warnstedt, wo wir alle sammeln, die mit uns ziehen werden. Gebt Euren Leuten das verabredete Signal!“
Während die Gäste mit ihrem Gefolge, das meist nur aus ein oder zwei Knappen bestand, in einzelnen Gruppen und im Schutze der Nacht die Burg verließen, diskutierte Folkmar im Saal mit seinen engsten Vertrauten Gottschalk, Johannes und Ludwig. Adelheid lag mit offenen Augen in ihrer Kammer und fühlte eine harte Faust in ihrem Magen, denn ihr Sohn Ludwig würde diesmal mit in die Schlacht reiten.
„Wenn ich schon als Krüppel zu Hause bleiben muss“, hatte Folkmar mit fester Stimme gesagt, „soll wenigstens mein Sohn unsere Sache mit auskämpfen.“
Adelheid wusste, es gab keine vernünftigen Argumente gegen seine Ansicht. Ludwig war ein kräftiger junger Mann, er war von Gottschalk im Schwertkampf trainiert worden und hatte wochenlang das Schießen mit der Armbrust geübt. Er konnte genauso gut reiten wie seine Mutter. Er saß auf Thymbos, als wäre er mit dem Pferd zwischen den Schenkeln geboren worden. Und doch … Sie seufzte. Wie lange war es her, dass sie ihren Vater verloren hatte und ihren Bruder?
Eine andere Stimme in ihrem Herzen schalt sie jetzt undankbar. Hatte sie nicht auch viele glückliche Jahre geschenkt bekommen? Besonders nach der Heirat war es mit der Grafschaft nur noch bergauf gegangen. Naschhusen und Schierenberg hatten sich zu beschaulichen und sicheren Dörfern entwickelt. Am Fuße des Steilhanges der Hainleite entstanden unter dem Schutz der starken Burg einzelne Bauernhöfe mit Feldern, die auf frisch gerodetem Waldboden wie Leintücher nebeneinander lagen. Ihr kleines Reich war aufgeblüht und sie hatte es selbstverständlich hingenommen. Doch war das nur ein menschlicher Verdienst, nicht auch Gottes Werk? Und hatte er ihr nicht einen wunderbaren Mann geschenkt sowie vier fabelhafte Kinder? Sie lächelte in der Dunkelheit vor sich hin. Vielleicht war es an der Zeit, ihren alten Groll gegen Gott zu überdenken.
Pater Julius kam ihr in den Sinn. Als neuer Burgpfarrer hatte er die Nachfolge von Pater Caesarius angetreten. Helisende und Beringar schwärmten von seinen
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