Adelheid von Lare: Historischer Roman um die Stifterin des Klosters Walkenried (German Edition)
dem Schlachtfeld. Zwar war das für Adelheid ein gewisser Trost, doch die Gefahr für Lare blieb, denn wenn sich herausstellte, dass der Aufstand gegen den Kaiser von hier aus geplant worden war, würden die kaiserlichen Truppen die Feste angreifen und im schlimmsten Falle schleifen.
Der Sommer kam und in den Waffenschmieden südlich und östlich der Harzberge sangen Hammer und Amboss ein stetiges Lied. Es formierte sich hinter Festungsmauern und Zinnen ein Heer gegen den Kaiser, das von Wiprechts Neffen Siegfried angeführt werden sollte. Bewaffnete Truppen standen auf Sachsens Burgen bereit und warteten auf das Signal zum Angriff.
Über Lare lag eine fast greifbare Spannung unter dem blassblauen Himmel, die noch unerträglicher wurde von der drückend heißen Luft, die Ende August den Bauern die Erntearbeiten recht sauer werden ließ.
Der Schmied schwitzte umso mehr hinter seinem Blasebalg, denn es gab so viel zu tun wie nie zuvor. Da die Herren Ritter zur Tatenlosigkeit gezwungen hinter den Burgmauern saßen, fiel ihnen alle Nasen lang etwas anderes ein, was sie noch in Auftrag geben konnten. Ein großer vierschrötiger Mann, der so stark schielte, dass niemand genau sagen konnte, wen er gerade anblickte, und von allen nur „Adler“ gerufen wurde, wollte eine größere Nasenschiene an seinen Helm geschmiedet haben. Ein langer, dürrer Ritter aus dem Straußberger Gefolge stellte fest, dass der Stirnpanzer seines Pferdes noch eine Verstärkung nötig habe.
Dem Waffenschmied Ansgar erging es nicht anders. Ständig gab es Schwerter zu schleifen, Parierstangen anzuschmieden oder noch schnell eine Lanzenspitze anzufertigen.
Die Frauen der Burgbesatzung, die nicht in der Küche oder bei der Ernte halfen, saßen im Schatten unter einer Weide nahe der Burgmauer und nähten Tuniken aus derbem Stoff, die ihre Männer unter den Kettenhemden tragen sollten, damit die Metallglieder nicht rieben oder durch harten Schlag von feindlicher Hand gar in die Haut eindringen und gefährliche Verletzungen verursachen konnten. Ein Feinschmied aus Nordhusen besserte die vorhandenen Kettenhemden aus und stellte zusätzlich schützende Beinlinge aus Kettengeflecht her.
Doch der befreiende Befehl zum Losschlagen blieb aus. Immer wieder fanden sich Gründe, den Aufstand zu verschieben. So ging der Sommer dahin und schließlich auch der regnerische Herbst. Ein früher Wintereinbruch mit viel Schnee bereits im Oktober legte die Rebellionspläne dann buchstäblich auf Eis. Adelheid konnte vorläufig aufatmen.
Der Winter war so kalt wie schon seit Jahren nicht mehr und die Bauern hatten einen harten Kampf, ihre Familien und das Vieh am Leben zu erhalten. Doch konnten sie diesmal Nutzen aus den vielen guten Erntejahren ziehen, in denen ausreichend Vorräte angelegt worden waren. Trotzdem zogen Scharen von Bettlern durchs Land, klopften an Burgtore und Klosterpforten und nicht wenige erfroren am Straßenrand. In den Wäldern verendeten Rehe und Hirsche in den Schneemassen, so dass die Aasfresser einen runden Bauch bekamen.
Im Jahre des Herrn 1112 begann das Frühjahr zögerlich und die sächsischen Rebellen kamen ebenso langsam aus ihren Schlupflöchern, um erste vorsichtige Beratungen aufzunehmen. Besorgt registrierte Adelheid wieder fremde Männer im Saal, die geheimnisvoll raunend diskutierten und mit Schriftstücken und Karten hantierten. Doch diesmal sollte der Kaiser ihnen zuvorkommen. An einem kalten Märztag marschierte er mit seinen Truppen gegen Groitzsch, wo der ihm verhasste Fürst Wiprecht seinen Stammsitz hatte und griff die Feste ohne jede Vorwarnung an. Da Wiprecht jedoch eine große Schar Streiter mit bester Ausrüstung bereits seit Monaten in seinen Mauern versammelt hatte, verlor Heinrich fünfhundert Mann in dieser Schlacht und musste die Eroberung schmählich abbrechen.
Wiprecht rüstete seine Truppen auf und drängte jetzt das Bündnis der sächsischen Fürsten zur Eile. In einer stürmischen Aprilnacht trafen auf Lare in kurzen Abständen hintereinander mehrere edle Herren ein, denen das Tor eilig geöffnet wurde, ohne das unnötige Worte fielen.
Adelheid erkannte als einen der ersten Lothar von Supplinburg, der sie schweigend und ernst umarmte, denn sie hatten sich seit seiner Hochzeit nicht gesehen. Eine halbe Stunde später ritt Ludwig von Thüringen durchs Tor, nur kurze Zeit darauf schließlich Wiprecht von Groitzsch mit seinem Neffen Siegfried. Das flackernde Licht der Fackeln im Saal beleuchtete
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