Adelheid von Lare: Historischer Roman um die Stifterin des Klosters Walkenried (German Edition)
aufgetaucht war, verschwand er wieder am Ende des Zuges.
„Ich bleibe hier auf dem Wagen! Kümmert Euch um mein Pferd. Und jetzt eilt, dass wir heimkommen!“, rief Adelheid dem Trossführer auf dem Sattelpferd zu. Mit äußerster Vorsicht hob sie Folkmars Kopf in ihren Schoß und versuchte, ihm das Gesicht mit den Händen zu wärmen und die harten Stöße des Wagens mit ihrem Körper wenigstens auf den letzten Meilen des Heimweges abzufangen. Ihr forschender Blick fiel auf Ansgar, der mit schmerzverzogenem und blassem Gesicht halb aufgerichtet an der Seitenwand des Wagens lehnte.
„Habt Ihr Kraft genug, mir von der Schlacht zu berichten?“, fragte sie ihn leise und mitfühlend.
Ansgar nickte und begann zu erzählen, froh darüber, etwas Ablenkung zu finden. Ab und zu fiel auch der Schieläugige in seine Worte ein und ergänzte, was Ansgar nicht wusste oder ausgelassen hatte. Trotz der Schmerzen auf der holpernden Fahrt bekamen die herben Gesichter der Männer wieder Farbe und ihre Augen leuchteten stolz, als sie der Herrin die panischen Flucht der königlichen Truppen schilderten und das Triumphgeschrei der Sachsen beschrieben.
„Der König ist unversehrt?“, fragte sie dazwischen.
„Ja, ich denke schon. Er kämpfte immer nur am Rande des Schlachtfeldes, seine Leibwache dicht um sich herum. Richtig ins Zeug gelegt hat er sich jedenfalls nicht“, schniefte Ansgar verächtlich und verzog stöhnend das Gesicht, denn der Wagen überrollte gerade einen größeren Stein.
„Dann gnade uns Gott!“, murmelte Adelheid besorgt. „Er wird seine Kräfte sammeln und eines Tages zurückkehren!“
Die Männer schwiegen ratlos, beseelt von ihrer Siegesfreude hatten sie soweit nicht gedacht.
„Ihr vergesst Lothar!“, sagte unverhofft eine zuversichtliche Stimme hinter ihr. Ihr Tochtermann Johannes hatte sein Pferd wieder neben den Wagen gelenkt und offensichtlich ihre Unterhaltung verfolgt. Adele saß seitlich vor ihm an seine Brust geschmiegt und lächelte zufrieden in sich hinein. „Lothar von Supplinburg ist seit seiner Heirat mit Richenza so stark wie kein anderer Fürst und wird jetzt noch mächtiger werden. Ich glaube, er hat sogar das Zeug zum König!“
„Lothar als König?“, jetzt war es Adelheid, die verdutzt schwieg. Wenn das die Zukunft wäre, dann gäbe es für Lare keine Befürchtungen mehr, schließlich war er der Mann ihrer Base. Doch konnte sie Johannes bereits so viel politische Weitsicht zutrauen?
„Vergiss nicht, dass Heinrich den Papst auf seiner Seite hat!“
„Auch das ist nur eine Frage der Zeit. Der Papst weiß nur zu gut, in welchen Wind er seine Soutane hängen muss. Wartet nur ab, Lothar ist ein unglaublicher Mann, in ihm liegt unsere Zukunft!“
„Möge Gott deine Worte hören und ihm beistehen! Denn wenn Heinrich diesmal gestärkt zurückkehrt, könnte das Lares Ende bedeuten!“
„Aber Mutter!“ Es war Ludwig, der wieder herangeprescht war und ihre letzten Worte aufgeschnappt hatte. „Seht nicht immer so schwarz! Lare ist eine der stärksten Festungen hier in der Gegend. Sie ist so gut wie uneinnehmbar!“
Bei diesen voller jugendlichem Enthusiasmus gesprochenen Worten zog selbst Ansgar die schweren Augenbrauen nach oben. „Holla, junger Mann! Seid vorsichtig mit Euren Worten. Eine uneinnehmbare Feste muss erst noch gebaut werden, so scheint es mir! Hat es mit dem stolzen Sachsenstein nicht auch ein ungutes Ende genommen?“
Der Schieläugige nickte ernst. „Es gibt immer eine Möglichkeit, eine Burg zu erobern und sei es durch Verrat.“
„Verrat?“ Ludwig spuckte ergrimmt aus und Thymbos tat einen Satz nach vorn, als wollte er damit sein Missfallen ausdrücken. „Auf Lare?“
„Junge, du wirst die Menschen noch kennen lernen! Hast du Warnstedt bereits vergessen?“ Auf der anderen Seite des Wagens hatte sich Johannes der Ältere in das Gespräch eingemischt. Ludwig erwiderte nichts, grübelnd ließ er dem Hengst wieder freien Lauf.
„Wie geht es ihm?“, fragte Johannes mit einem besorgten Blick auf Folkmars schneeweißes Gesicht, aus dem seine Nase spitzer als sonst herausragte.
„Ich weiß es nicht!“, antwortete Adelheid mit rauer Stimme. „Ich kann nur versuchen, ihn warm zu halten. Alles andere liegt in Gottes Hand – und in Magdalenas!“
Johannes nickte und nach einem prüfenden Blick über die anderen Verwundeten trieb er sein Pferd erneut nach vorn, um die Männer an der Spitze des Trupps zu einer schnelleren Gangart zu bewegen.
Die
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