Adelheid von Lare: Historischer Roman um die Stifterin des Klosters Walkenried (German Edition)
verneigten.
Der Weg verlief parallel zum Kreuzgang und erst am Ende konnten sie diesen erneut betreten. Es war vollkommen still überall, nur das Rascheln ihrer Kleider und ihre Schritte auf den Steinen waren zu hören. Sie kamen in den Bereich des Klosters, in dem für das leibliche Wohl der Brüder gesorgt wurde. Ein leichter Kohlgeruch hing in der Luft und Adelheids Magen begann sich zu melden. Links und rechts neben der Küche, die vom Gang her allerdings nicht einzusehen war, da ihr einziger Zugang über den äußeren Klosterhof führte, befanden sich zwei Speisesäle. Auch beim Essen wurden die hochgeborenen Mönche streng von den Laienbrüdern getrennt. Bevor der Gang wieder im rechten Winkel nach links wegknickte, öffnete Bernhard eine letzte Tür und ließ sie in einen recht tristen Raum sehen, der außer einigen hölzernen Bänken lediglich einen Kamin enthielt, über dessen Sims der Rauch erste schwarze Spuren an den jungen Sandsteinwänden hinterlassen hatte.
„Der Wärmeraum. Im Winter brennt nur in diesem Raum ein Feuer.“
Adelheid nickte und wandte sich neugierig der letzte Seite des quadratisch um den Innenhof laufenden Kreuzganges zu. Die erste Tür zur Rechten des Korridors kannte sie bereits. Hier saß der Abt mit Helisende über dem Schachspiel, falls er nicht inzwischen bereits zur Messe unterwegs war. Neben dem Arbeitszimmer des Vorstehers befand sich eine weitere Treppe, die ebenfalls zum gemeinsamen Schlafsaal führte. Es folgte die Tür zum Kapitelsaal, den die Mönche für ihre Beratungen nutzten, und schließlich erblickte sie die Tür zum Skriptorium, welches hier in Altenfeld gleichzeitig als Bibliothek diente. Sie hatten ihren Rundgang beendet.
Die nächsten Tage waren für die beiden Frauen voller neuer Eindrücke und Erfahrungen. Adelheid bestaunte an der Seite des Abtes die weiten Felder des Klosters, besichtigte mit anerkennendem Nicken gepflegte Gemüsebeete und Pferche voller gesunder Schafe. Sie wanderte durch Obsthaine, die nach reifen Birnen dufteten und um Fischteiche voll silberschuppigem Leben. Im Kräutergarten diskutierte sie mit den Mönchen über die richtige Erntezeit von Safran und Lulchkraut.
Tagsüber versäumte sie keine Messe und kniete andächtig versunken auf den kalten Steinen, während sie inbrünstig um gutes Gelingen für ihr Vorhaben betete oder stumme Zwiesprache mit Folkmar hielt.
Helisende begleitete ihre Mutter zwar ab und zu, saß jedoch auch liebend gern im Zimmer des Abtes, wenn sie ihn oder Bruder Bernhard zu einer Schachpartie hatte überreden können.
An den Abenden, die bereits spürbar länger waren, erläuterte Adelheid dem Abt ihre Erfahrungen in der Pferdezucht, wobei sie gemeinsam mehr als einmal hinausliefen in den Stall, um an Ort und Stelle ihre Diskussion fortzusetzen. Das laresche Vierergespann und die Schlachtrosse des Begleittrupps kauten genüsslich am Hafer, während die beiden eifrig diskutierend und mit leuchtenden Augen Muskeln, Fell und Fesseln begutachteten. Adelheid versprach, dem Kloster umgehend einige Tiere als Grundlage für eine eigene Zucht zu schicken.
Zwei Tage vor der geplanten Abreise handelte sie mit dem Abt einen Kontrakt aus, in dem er sich verpflichtete, ihr zwölf Mönche für den Aufbau des Klosters zur Verfügung zu stellen. Erfreulicherweise war er kein Freund von langen Vorreden. Er würde die Männer sofort mitschicken, sodass mit dem Aufbau der ersten einfachen Siedlung noch in diesem Jahr begonnen werden konnte. Adelheid versicherte im Gegenzug, für alle finanziellen Mittel beim Bau aufzukommen und die Versorgung der Klosterbrüder zu übernehmen, bis sie auf eigenen Füßen stehen konnten. Weiterhin würde sie die Siedlung in der Anfangszeit unter den Schutz der Burg stellen.
Bruder Bernhard führte in diesen Tagen ebenfalls viele Gespräche im Arbeitszimmer des Abtes. Ein Eilbote hatte bereits am zweiten Morgen nach Adelheids Ankunft in Altenfeld das Kloster in Richtung Süden verlassen. Erst am Tag vor ihrer Abreise kam er zurück und endlich sollten die beiden Frauen begreifen, was die Geheimniskrämerei der Männer zu bedeuten hatte.
Es war üblich, das zwölf Mönche und ein Abt zur Gründung eines Tochterklosters abgestellt wurden. Am Abend des 30. September schlossen sich die Brüder, die sich bereit erklärt hatten, mit Adelheid zu gehen, im Kapitelsaal ein und beriefen ihren Vorsteher. Er würde ihnen Vater und Vertrauter, aber auch verantwortlicher Anführer und Lehrmeister in
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