Adelheid von Lare: Historischer Roman um die Stifterin des Klosters Walkenried (German Edition)
Hast du gesehen, was er gestern mit dem Grauschimmel gemacht hat?“ Die Stimme des Älteren ging in ein Prusten über.
Auch der jüngere Stallknecht begann zu lachen. „Es war köstlich. Aber warte es ab, der Schwarze wird es beim Herrn nicht leicht haben. Der Ritter wird der Versuchung nicht widerstehen können und ihn reiten wollen. Und wenn der Hengst das nicht zulässt, dann Gnade ihm Gott!“
Adelheid schnürte sich bei diesen Worten der Hals zu und sie hatte Mühe, das Gespräch weiter zu verfolgen.
„Vielleicht kümmert Rodin sich, er ist bereits jetzt vernarrt in den Gaul. Sicher fällt ihm was ein, damit er gefügig wird. Rodin kann unmöglich wollen, dass der Schwarze sich die Ungnade des Herrn zuzieht.“
„Du hast Recht, aber hexen kann der Alte sicher auch nicht. Obwohl ich manchmal glaube, die Pferde verstehen ihn, wenn er mit ihnen redet.“
Die nächsten Worte gingen im Knarren der Stalltore und im Hufgetrappel unter.
Als die Männer mit den Pferden aus dem Stall waren, begann Adelheid, Diabolus zu striegeln. Neue Sorgen türmten sich vor ihr auf.
„Du gehörst mir allein! Niemand außer mir wird dich reiten – hab keine Angst!“ Kraftvoll fuhr sie bei diesen Worten immer wieder über das glänzende Fell und mit der monotonen Tätigkeit brachte sie Klarheit in ihre Gedanken. Der Hengst beruhigte sich unter ihren Händen sichtlich, und auch seine Herrin vergaß über der vertrauten Arbeit für kurze Momente die vergangene Nacht und die kommenden Probleme. Umso mehr erschrak sie, als sie plötzlich eine warme Hand auf ihrer Schulter spürte.
„Magdalena – warum schleichst du hier herein? Ich habe mich zu Tode erschrocken!“
Die Magd sah sich unruhig um und deutete schließlich mit geheimnisvoller Miene auf ihren Korb.
„Hast du gefunden, was wir brauchen?“
Magdalena nickte mit sorgenvollem Blick.
„Nun schau nicht so ängstlich drein, brau mir den Trunk. Was soll schon passieren, wenn jemand fragt, zuckst du mit den Schultern. Sollte er sich nicht zufrieden geben, dann schick ihn zu mir, ich werde ihm schon eine passende Antwort bedeuten!“
Sie legte dem Mädchen beide Hände auf die Schultern und sah ihr eindringlich in die Augen. „Wir beide müssen zusammenhalten, hörst du? Jede von uns ist auf sich allein gestellt bald dem Untergang geweiht!“
In Magdalenas Augen sah Adelheid das, was sie froh stimmte: Zuneigung und unbedingten Gehorsam. Doch da war noch etwas anderes in den Tiefen der nachtschwarzen Augen, ein Ausdruck unergründlicher Leidenschaft, war es Liebe oder war es Hass? Sie konnte es nicht deuten.
Adelheid verabschiedete sich von dem Hengst, indem sie ihm zärtlich über die Nase strich. Dann liefen die beiden jungen Frauen hinüber zur Küche.
Am späten Abend kehrte der Ritter von der Jagd zurück und trank mit seinem Gefolge bis in die frühen Morgenstunden hinein, während Adelheid in ihrer Kammer lag und ängstlich die Geräusche aus dem Saal verfolgte. Als in der ersten Dämmerung die lallenden Krakeeler endlich verstummten und noch immer niemand nach ihr geschickt hatte, fiel sie endlich in einen unruhigen Schlaf.
Der Tag war längst angebrochen, als Magdalena an ihr Bett trat und sie sanft aber unnachgiebig wach rüttelte. Adelheid richtete sich sofort auf und Entsetzen stand in ihren Augen.
„Verlangt er nach mir?“ Ihre Stimme klang fremd.
Doch die Zofe schüttelte den Kopf und deutete aufgeregt nach draußen. Vom Hof her hörten sie lautes und hektisches Rufen. Pferde wieherten schallend dazwischen und Hufeisen klapperten auf dem Pflaster.
„Was ist passiert?“, fragte Adelheid, während sie sich hastig einen Mantel überwarf. Sie wusste, dass sie von Magdalena keine Antwort erwarten konnte, aber das war ihr jetzt einerlei. Mit zerzausten Haaren lief sie durch die Kemenate. Erst vor der Tür des Saales konnte Magdalena sie einholen und ihr wenigstens noch das Gebände überstreifen, das sie als Ehefrau zu tragen verpflichtet war.
Im Rittersaal schnarchten noch immer einige Zecher auf den Bänken, auf den Tischen glänzten Lachen von verschüttetem Wein zwischen fettigen Essensresten. Die verbrauchte Luft roch nach kalter Asche und menschlichen Ausdünstungen. Als die beiden Frauen zur Tür hinaustraten, standen Knechte und Mägde in kleinen Gruppen auf dem Hof, diskutierten lautstark und fuchtelten mit den Händen. Niemand beachtete die Herrin mit ihrer Zofe. Ritter Dietmar war nirgends zu sehen, doch die Tür zur Waffenkammer stand
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