Adelheid von Lare: Historischer Roman um die Stifterin des Klosters Walkenried (German Edition)
Kopf in den Nacken und lachte dröhnend. „Aber ja doch! Wir werden es schlagen, dieses räuberische Städtegesindel!“
Seine Stimme ging im zustimmenden Gejohle der anderen Männer im Saal unter. Die Kampfeslust schien alle anzustecken, ungeduldig drängten die Reiter jetzt auf den Hof, um ein letztes Mal die Pferde und ihre Ausrüstung zu überprüfen. Doch Adelheid ließ sich nicht täuschen. Sie deutete das wage Zittern in der Stimme ihres Vaters und sein übertrieben lautes Lachen anders. Zu gut erinnerte sie sich, wie er ihr einmal voller Achtung von der guten Befestigung der Stadt Mülhusen erzählt hatte. Damals hatte er noch nicht geahnt, dass er dereinst als Feind vor ihren Mauern würde stehen müssen.
„Warum bittet Ihr nicht den König um Hilfe?“, fragte sie in die allgemeine Aufbruchstimmung hinein, obwohl sie die Antwort schon zu kennen glaubte.
Ihr Vater griff zum Schwertgürtel und legte ihn sich um. Die eiserne Schließe wollte seinen Fingern nicht gehorchen. Ungeduldig zerrte er an dem derben Leder, bevor es endlich durch den Metallring glitt. „Du kennst meinen Grundsatz: Hilf dir selbst, dann hilft dir Gott! Was soll ich den König, der mit seinen eigenen Problemen nicht fertig wird, mit unseren Bagatellen belästigen? Außerdem“ – jetzt klang seine Stimme verächtlich – „bis er mit seinen Mannen hier wäre, hätten die Mülhuser das Vieh schon zu Pasteten verarbeitet und halb aufgefressen.“
Damit legte er ihr zum Abschied die Hand auf die Schulter und schritt zur Tür. Adelheid schnürte es die Kehle zu, als sie ihren Vater mit steifen Schritten zu den Pferden gehen sah. Das Kettenhemd schien seine Schultern herab zu drücken. Eine unbegreifliche Angst erfasste ihr Herz und machte ihr das Atmen schwer. Sie setzte sich auf die nächste Bank und beobachtete von hier aus durch die weit offene Saaltür das Aufsitzen der schwer bewaffneten Männer. Auf ein Zeichen ihres Vaters hin erscholl ein Fanfarensignal und die massigen Pferde galoppierten über die Zugbrücke zur Vorburg. Nachdem die Hufschläge verstummt waren und sie das laute Zuschlagen des Haupttores gehört hatte, wandte sie sich zur Kapelle, um zu beten.
Hinter sich hörte sie plötzlich schnelle Schritte. Als sie sich umwandte, sah sie Magdalena mit angstverzerrtem Gesicht über den Hof laufen. Erleichterung machte sich in ihrer Miene breit, als sie ihrer Herrin ansichtig wurde. Sofort nahm sie Adelheid bei der Hand und versuchte, sie von der Kirche weg zum Tor zu ziehen. Adelheid war verwirrt.
„Was hast du, Magdalena? Was soll ich tun?“
Alwina erschien an der Eingangstür des Saales. Sie winkte Adelheid zu, der erst jetzt auffiel, dass sie ihre alte Amme noch nicht begrüßt hatte. Offenbar hatte die Frau wieder einen schlimmen Gichtanfall, denn sie bewegte sich nur mühsam vorwärts. Deshalb war sie wohl vorhin auch nicht im Saal gewesen. Erfreut über das vertraute und liebe Gesicht, aber auch ungeduldig ob der Langsamkeit der Alten lief Adelheid ihr entgegen, obwohl Magdalena an ihrem Arm zerrte.
Außer Atem ließ Alwina sich schließlich ächzend auf einer Bank nieder, die in der Nähe der Tür stand. Dabei deutete sie auf Magdalena:
„Sie hat etwas gesehen! Du musst die Männer warnen! Schnell, bevor es zu spät ist!“
„Was hat sie gesehen?“ Adelheid verstand nicht, was die Alte meinte.
„Sie kam nach oben und brachte mir einen heilenden Aufguss aus den Blüten des Himmelsschlüssels gegen meine Gicht – du weißt ja. Während ich ihn trinke, sitzt sie also neben mir und blickt in die Flammen. Plötzlich fühle ich, wie sich ihr Körper versteift und sie wie verhext ins Feuer starrt. Ihre Augen werden riesengroß wie zwei Suppenschüsseln und sie beginnt zu zittern. Ich stoße sie an und rufe, aber sie hört mich nicht. Erst als ich ihr eine Ohrschelle verpasse, kommt sie zu sich. Doch da fängt sie an zu wimmern, springt auf und läuft nach unten. Ich konnte natürlich nicht so schnell hinterher …“
Adelheid wandte sich dem Mädchen zu, das noch immer ungeduldig von einem Fuß auf den anderen trat.
„Magdalena, hast du in dem Feuer etwas gesehen?“
Die Zofe nickte heftig und schluchzte auf.
„Besteht Gefahr für die Männer?“
Wider ein heftiges Nicken. Adelheid gab jetzt dem Drängen nach und folgte Magdalena, die sie in Richtung Marstall zog. Fragen konnte sie auch unterwegs stellen.
„Besteht Gefahr für … meinen Vater?“
Ein weiterer heftiger Schluchzer ließ sie in
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