Adelheid von Lare: Historischer Roman um die Stifterin des Klosters Walkenried (German Edition)
Wald hinein. Adelheid wäre ihnen am liebsten gefolgt und hätte ihnen gezeigt, was in Diabolus steckte. Aber sie musste Rücksicht auf Magdalena nehmen, die sich noch immer schwer tat mit ihrem Maultier. Außerdem wollte sie den Ritter nicht noch mehr erzürnen. Sicher war es vernünftiger, sich möglichst unauffällig zu verhalten.
Johannes begleitete die beiden Frauen unaufgefordert und unterhielt sie unterwegs mit kleinen Klatschgeschichten und Anekdoten über die Leute auf Straußberg. Adelheid hörte interessiert zu, erfuhr sie doch bei dieser Gelegenheit, wem vom Gesinde sie vertrauen konnte und bei wem sie vorsichtig sein musste. Mit diesem Zeitvertreib kamen sie recht schnell voran, zumal Magdalena nach einiger Zeit bereits sicherer im Sattel saß und das Maultier kräftig ausschreiten konnte. Als der Bergfried von Lare in Sicht kam, wagten sie sogar einen gemäßigten Galopp und die Zofe strahlte vor Freude über ihre neuen Künste.
Die kleine Nachhut wurde schon erwartet, das Gesinde begrüßte vor allem die beiden Frauen mit erfreuten Zurufen, als sie über den Hof der Vorburg ritten. Diabolus schlug von ganz allein den Weg zu seinem altvertrauten Stall ein. Adelheid beneidete ihn ein wenig, denn er ahnte nicht, dass er früher oder später zurück musste nach Straußberg, wohingegen sie diese traurige Aussicht immer vor Augen hatte. Sie saßen ab und reichten die Zügel an einen Stallburschen weiter.
Vom Innenhof marschierten sie ohne lange Begrüßungszeremonien zum Rittersaal. In der Südecke des Hofes drängten sich Knappen und Reisige vor der Waffenkammer. Einige ließen vom Schmied ihre Schwerter noch einmal schärfen. Im Saal herrschte aufgeregtes Durcheinander. Einzelne Gruppen von Rittern und Knappen saßen oder standen beieinander und diskutierten lautstark die Situation.
Vorn am Kamin erkannte Adelheid ihren Vater mit sorgenvollem Gesicht und eine plötzliche Welle der Zuneigung erfasste sie. Sie raffte ihre weiten Reitröcke und stürmte auf ihn zu. Ohne auf die Umstehenden zu achten, fiel sie ihm um den Hals, um ihn zu begrüßen.
Etwas verwundert fasste Graf Beringer seine Tochter an den Schultern, sah ihr prüfend in die Augen und fragte: „Adelheid, du warst nur zwei Tage weg, was ist los mit dir?“
Sie sah ungewohnt aus mit dem weißen Gebände auf dem Kopf, das ihr herrliches blondes Haar verdeckte und ihr wegen dem breiten Band am Kinn einen strengen Gesichtsausdruck verlieh, so dass er in Versuchung kam, die unschöne Kopfbedeckung abzustreifen.
Sein Blick suchte den des Ritters, aber der wich ihm aus. Eine unangenehme Stille breitete sich aus im Saal, wo eben noch alle durcheinander geredet hatten. Adelheid vergaß zu atmen. Das wäre ihre Chance. Jetzt konnte sie dem Vater sagen, wie ihre Hochzeitsnacht verlaufen war, sie konnte den Ritter anklagen und den Vater um Annullierung dieser Ehe bitten. Jetzt – vor so vielen Zeugen. Sie sah sich um. Dutzende von Männeraugen waren auf sie gerichtet, zum Teil verstehend und wohlwollend, andere wiederum spöttisch und kalt. Den Blick des Ritters fand sie ganz kurz, bevor er ihn feige senkte. Dann erkannte sie ein wohltuend freundliches Gesicht mit großen Augen, die sehr beredt waren. Schon einmal hatten diese Augen in diesem Saal zu ihr gesprochen. Doch richtig konnte sie nicht deuten, was Johannes ihr sagen wollte. Fast schien es, als bäte er sie zu schweigen. Magdalenas selbstbewusste und ruhige Miene verstand sie besser. Überdeutlich brachte sie die Botschaft zu ihr herüber: „Sagt es ihm nicht! Wir schaffen das allein.“
Sie wandte sich um und blickte in das Gesicht ihres Vaters: Es war voller Sorge, doch nicht nur um sie. Die Verantwortung für seine Grafschaft, die Sorge um seine Bauern und nun auch um sein Gefolge, das mit ihm in den Kampf ziehen sollte, machten ihm das Herz schwer. Sie wusste, er hasste kriegerische Auseinandersetzungen. Er war ein Mann des Wortes. Liebend gern verhandelte er, um Blutvergießen zu vermeiden. Er ahnte wohl, dass es diesmal ernster ausgehen würde. Konnte sie ihn jetzt mit ihren Problemen belästigen? Und hatte sie nicht von klein auf immer allein mit ihren Sorgen fertig werden müssen? Dann war jetzt auch Zeit, bis die Männer zurück waren und den Bauern ihr Vieh wiedergebracht hatten.
Sie schloss für einen Moment die Augen und schüttelte dann langsam den Kopf.
„Es ist alles in Ordnung, Vater. Ich mache mir nur Sorgen um Euch. Werdet Ihr heil zurückkommen?“
Er warf seinen
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