Adelheid von Lare: Historischer Roman um die Stifterin des Klosters Walkenried (German Edition)
weithin sichtbar für jeden, der über den See kommt.“ Ludwig nahm einen kräftigen Schluck aus seinem Kelch und verzog das Gesicht. Er mochte keinen Wein und dieser hier war besonders sauer.
Adelheid blickte sich nach ihrem Gemahl um, der an ihrer Seite Platz nahm. Er redete mit erhobener Stimme auf Johannes ein, der geduldig zuhörte und ab und zu geistesabwesend nickte. Unauffällig neigte sie sich ihrem Bruder zu und raunte ihm ins Ohr: „Es sollte unbedingt eingemeißelt werden, wie er gestorben ist.“
Ludwig nickte und bedeutete ihr, vorsichtig zu sein. Dann wechselte er das Thema.
„Gestern kam ein Händler aus dem Süden, er bot Gewürze des Morgenlandes feil. Wir fragten ihn natürlich, ob er auch in Mülhusen gewesen war.“
„Und?“
Ein triumphierendes Lächeln trat auf Ludwigs Lippen. „Jawohl, er war dort! Und er sagte, in der Stadt ginge das Gerücht, Godhart sei verletzt und liege im Wundfieber! Natürlich wusste es niemand genau, aber es fiel auf, dass er seit der Schlacht im Helbetal nicht mehr gesehen wurde.“
„Dann müssen das die Bauern unter Johannes’ Führung vollbracht haben! Als ich Godhart begegnete, schien er unverletzt.“
Ein freudiger Unterton war in ihrer Stimme und sie wandte sich zur anderen Seite der Tafel: „Habt Ihr gehört, Johannes? Godhart ist verletzt, gar Wundfieber soll er haben!“
Johannes verneigte sich gegenüber dem undurchdringlichen Schleier vor ihrem Gesicht. „Ich bin nicht sicher, ob das mein Verdienst ist, hohe Frau!“
„Seid nicht so bescheiden, edler Knappe, ich sah ihn noch unversehrt, bevor Ihr Euren kühnen Angriff wagtet!“
Ludwig hatte sich jetzt erhoben, um allen Gästen für die Ehrerbietungen gegenüber dem Toten zu danken und erhob seinen Kelch, um ein letztes Mal auf Graf Beringer und auf seine gefallenen Mitkämpfer anzustoßen. Trotz ihrer eingeschränkten Sicht entgingen Adelheid nicht die erzürnten Blicke, die viele der treuen Vasallen ihres Vaters dem Ritter Dietmar zuwarfen, der frech und ohne Scham auf das Seelenheil des Grafen trank. Doch sie beherrschten sich und blieben ruhig, offenbar hatte Ludwig mit ihnen sein weiteres Vorgehen abgesprochen. Anschließend lud der neue Burgherr alle Männer zu einer großen Jagd ein, die zu Ehren der Toten am darauf folgenden Tag stattfinden sollte.
Adelheid fühlte plötzlich eine sanfte Hand auf ihrer Schulter. Sie hatte Magdalena nicht kommen sehen. Die Zofe bedeutete ihr mit besorgtem Blick, mit nach oben zu kommen. Adelheid raunte Ludwig eine kurze Entschuldigung zu und folgte ihr die Treppe hinauf in die Kemenate. Hier hatte man die letzten Verwundeten hingebracht. Während die meisten der Verletzten schon wieder auf den Beinen waren, ging es drei Männern noch immer schlecht. Gleich hinter der Tür sah Adelheid den Mundschenk auf seinem Lager, er sah blass und schwach aus, schien sie aber zu erkennen, denn er nickte ihr kaum merklich zu. Neben ihm saß seine Frau und hielt seine Hand. Daneben lag der älteste Sohn des Schmiedes, er schlief und schnarchte dabei leise. Eine große Schwertwunde am Oberschenkel, die Magdalena genäht hatte und die leicht wieder aufplatzen konnte, fesselte ihn an das Bett.
Magdalena steuerte das dritte Lager hinten am Kamin an. Adelheid stockte der Atem, als sie erkannte, dass es Ritter Gernot war, der hier im Fieberwahn lag. Er hatte am Tag vor ihrer Abreise so frohen Mutes gewirkt, dass sie die Möglichkeit, sein Zustand könne sich verschlechtern, gar nicht in Betracht gezogen hatte. Jetzt quälte ihn ein unruhiger Schlaf, seine Lippen waren ausgedörrt, obwohl eine Magd neben ihm saß und ihm beständig das Gesicht mit kühlem Wasser benetzte. Besorgt beugte sich Adelheid zu ihm herab und nahm seine Hand, die unruhig die Decke betastete. Sie fühlte sich heiß und trocken an.
„Was ist mit ihm?“, fragte sie die Magd, obwohl sie glaubte, die Antwort zu kennen.
„Er bekam Fieber, sobald Ihr abgereist wart, Frau Adelheid. Eure Zofe hat ihm die Wunde noch mehrmals gewaschen, aber der Wundbrand ließ sich nicht aufhalten. Sie hat ihm Tee gegen das Fieber eingeflößt, aber es ist, als sei aller Lebenswille aus ihm gewichen. Als er noch bei Bewusstsein war, sagte er, er wolle seinem Herrn folgen. Seit heute morgen ist er nicht mehr aufgewacht.“
„Hätte es genützt, ihm den Arm zu amputieren?“ Adelheid wollte sich nicht damit abfinden, dass der beste Freund ihres Vaters auch noch sterben sollte.
Magdalena schüttelte den Kopf und
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