Adelheid von Lare: Historischer Roman um die Stifterin des Klosters Walkenried (German Edition)
spürte plötzlich keinen Appetit mehr. Die Reste des Honigkuchens verschwammen vor ihren Augen, bis die laute Stimme ihres Ehemannes sie in die Wirklichkeit zurückholte.
„Frau Adelheid, wie mir berichtet wurde, habt Ihr den Zehnt ausgegeben statt ihn einzutreiben. Kann ich Euch nicht mal eine einfache Tätigkeit überlassen? Was hat Euch bewogen, eine gewöhnliche Bäuerin so reich mit meinen Gütern zu beschenken?“
Adelheid sah auf und fand aller Augen auf sich gerichtet. Einige seiner Männer kauten noch genüsslich an ihrem Kuchen und warteten mit Sicherheit gespannt auf einen Ehekrach.
„Die nun auch meine Güter sind, mein Gemahl!“, antwortete sie mit einem ironischen Lächeln auf den Lippen. „Ich dachte, es sei in Eurem Interesse, dafür zu sorgen, dass die arme Frau in Zukunft genügend Eier abgeben kann. Außerdem hat sie vier Kinder, die – wenn sie am Leben bleiben – in einigen Jahren ebenfalls Familien gründen und den Zehnten abgeben werden. So habe ich Eure Einkünfte mit einem kleinen Aufwand vervielfältigt!“ Aus der Ironie in der Stimme wurde Triumph. Die innere Wut in ihr machte sie stark.
Ritter Dietmar legte die Stirn in Falten, um sein Missfallen an der doch sehr simplen Rechnung zu zeigen und knurrte: „Ich bin gespannt, wie viele Bauern am nächsten Zehnttag vor mir stehen und jammern werden, in der Hoffnung, ich schenke ihnen meinen halben Hof. Ihr verderbt mir die Bauern mit Euren komischen Manieren, seht zu, dass das keine Schule macht! Sie sind bloß zu faul, ordentlich zu arbeiten.“
„Aber die Frau ist allein mit ihren vier Kindern, wie soll sie da Felder bewirtschaften?“
„Wenn sie vier Bälger hat, dann hat sie Hilfe genug! Damit lasst es gut sein!“ Da ihm keine Argumente weiter einfielen, brach er die Diskussion ab. Er sah sich in der Runde seiner Männer um und meinte, Zustimmung auf ihren Gesichtern zu lesen. Während er seinen Kelch mit einem Zug austrank, erhob er sich. „Freunde, ihr müsst ohne mich weiterspielen, eine wichtige Angelegenheit erfordert meine Aufmerksamkeit!“
Die Männer grinsten anzüglich, verkniffen sich aber in Anbetracht der anwesenden Herrin jeglichen derben Scherz. Adelheid fühlte die Wut in sich plötzlich überschäumen. Alle wussten Bescheid und machten sich wahrscheinlich hinter ihrem Rücken über sie lustig.
Sie fuhr hoch und rief: „Mein Gemahl, den Weg könnt Ihr Euch sparen! Ich habe die Hochzeitserlaubnis bereits gegeben. Die Jungfer ist schon wieder auf dem Weg ins Dorf. Ich hoffe, es ist Euch Recht, dass ich Euch dieses Amt abgenommen habe? So mögt Ihr in Ruhe weiterspielen!“
Betretenes Schweigen breitete sich im Raum aus. Selbst der wenig feinfühlige Ritter Dietmar konnte die beißende Ironie in ihrer Stimme nicht mehr überhören. Deutlich sichtbar schnappte er nach Luft. Sein Gesicht lief tiefrot an, einige fürchteten, ihn würde der Schlag treffen. Dann verengten sich seine Augen zu schmalen Schlitzen und er holte zum Gegenschlag aus.
„Nun, Frau Adelheid, wenn Ihr schon am Tage so pflichtbewusst gewesen seid, dann wird es Euch sicher ein Bedürfnis sein, die wichtigste Pflicht Eurem Ehemann gegenüber auch des Nachts zu erfüllen. Ich erwarte Euch in meiner Kammer!“ Damit drehte er sich um und polterte hinaus.
Das Schweigen im Saal wurde belastend. Jedermann konnte fühlen, wie es sich schwer auf die Schultern legte und niemand wagte sich zu rühren. Adelheid stand noch immer am Tisch, alle Blicke auf sich gerichtet.
Nur keine Angst zeigen! Konnte irgendwer sehen, wie sie zitterte? Ahnte jemand, wie schwer ihr dieser Weg fiel? Mit hoch erhobenem Kopf folgte sie ihrem Mann in dessen Kammer. Es begleiteten sie nicht nur hämische Blicke.
Der Ritter stand hinter der Tür, als sie eintrat. Sie hatte ihn dort nicht vermutet und wich deshalb zu spät aus. Der Schlag traf sie mit voller Wucht im Gesicht. Sie verlor das Gleichgewicht, stolperte und fiel. Bevor sie sich aufrappeln konnte, war er über ihr. Mit beiden Händen riss er ihr das Gewand entzwei und wühlte sich durch ihre Unterkleider. Panik erfasste Adelheid und sie war versucht, nach ihm zu treten und zurückzuschlagen. Doch in diesem Augenblick hörte sie die Stimme des Bauernmädchens in ihrem Hinterkopf: „Man muss einfach nur still daliegen.“ Es fiel ihr so schwer wie nie etwas zuvor, aber sie schaffte es. Sie lag vollkommen ruhig auf dem Boden.
Kaum hatte er es bemerkt, ließ er von ihr ab, setzte sich auf und beäugte sie
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