Adelheid von Lare: Historischer Roman um die Stifterin des Klosters Walkenried (German Edition)
Rasur und seine Stimme wechselte beständig die Tonlagen. Er berichtete schluchzend, das Pferd seines Herren hätte gescheut und sei plötzlich durchgegangen, als wenig geübter Reiter hätte er die Gewalt über das Tier verloren. Und dann seien Herr und Pferd plötzlich verschwunden gewesen.
„Ich bin eine Weile im Wald umhergeirrt, dann fand ich den Abgrund und meine unheilvollen Ahnungen bestätigten sich. Ich wusste nicht, was ich tun konnte, bis ich Euer frohes Lied im Grunde hörte und um Hilfe rief.“
Während der Junge unter Schluchzen erzählte, waren sie ungesäumt weitergegangen und erreichten kurz darauf die Burg. Alnot war mit dem Pferd des fremden Knappen vorausgeritten, um Magdalena zu informieren. So konnte der Verletzte sofort in die Kemenate geschafft werden, wo die Frauen bereits alles Nötige vorbereitet hatten. Während Magdalena den Mann untersuchte, wurde der Knappe zu Adelheid gebracht.
Sie empfing ihn im Saal und er verbeugte sich tief, wobei er das Zittern seiner Glieder nicht besonders gut verbergen konnte. Sein von Natur aus blasses Jungengesicht war noch bleicher als sonst und in seinen großen Augen glitzerte ein Rest von Panik.
„Setz dich und mach dir keine Sorgen um deinen Herrn, er ist bei meiner Zofe in guten Händen. Berichte mir, wer er ist und was sein Ziel war, bevor ihm dieses Unglück widerfuhr!“ Adelheid ließ sich auf einer Bank dem Jungen gegenüber nieder und wartete gespannt. Um diese Jahreszeit bereits über Land zu reiten war ungewöhnlich, nur wenige wagten es ohne große Dringlichkeit.
Der Knappe blinzelte nervös und räusperte sich mehrmals, als müsse er seine Gedanken erst ordnen.
„Wir waren unterwegs nach Walkenried, wo mein Herr Folkmar zu Hause ist. Er konnte nie besonders gut reiten. Er hat eine Zeit lang auf Burg Volkenroda gelebt, bei seinem väterlichen Freund, dem Pfalzgrafen Friedrich. Doch der starb an der Grippe noch vor dem Weihnachtsfest, und mein Herr wollte nach Hause, denn von dort hatten wir auch keine guten Nachrichten. Sein Vater – unser Herr von Walkenried – er ist krank.“ Der Bursche zog geräuschvoll seine Nase hoch.
„Der Burgvogt hatte Herrn Folkmar empfohlen, bis zum Frühjahr zu warten, doch er ist immer so ungeduldig! Als das Tauwetter einsetzte, wurde er unruhig und bereitete unsere Abreise vor. Noch vor der Prim heute Morgen waren wir im Sattel. Er war so guter Dinge, voller Freude auf Zuhause! Er sang die ganze Zeit, dass es ein Glück war, ihn zu hören. Und dann …“ Er barg das Gesicht in den Händen und schüttelte den Kopf.
Adelheid beugte sich vor und hakte mit sanfter Stimme nach: „Was geschah dann?“
„Ich weiß es nicht genau.“ Die Augen des Halbwüchsigen glänzten verräterisch und seine Stimme schlug um. „Sein Pferd scheute plötzlich, vielleicht hatte es einen Wolf gewittert. Wir hatten Spuren eines Rudels im Schnee gesehen, aber sie waren nicht mehr frisch. Herr Folkmar tat jedenfalls das Falsche, er gab dem Hengst die Sporen und ließ die Zügel frei. Das Tier schoss davon, als wäre der Leibhaftige hinter ihm her. Ich verlor im dichten Wald den Anschluss. Eine Weile irrte ich umher und fand schließlich die Hufspuren, die zu dem Abgrund führten …“ Er schauderte.
Adelheid schob mit nachdenklicher Gebärde eine störrische Haarsträhne zurück unter das dunkle Gebände. Nur zu gut kannte sie den schmalen Pfad, der direkt an den Klippen endete. „Ihr wart abseits von der üblichen Heeresstraße!“
Der Knappe nickte eifrig. „Mein Herr ritt diesen kleinen Abstecher, um einen Aussichtspunkt zu finden. Er wollte den Blocksberg sehen, nach dessen Anblick er sich wochenlang gesehnt hatte. Wisset, hohe Frau, er ist ein sehr feinfühliger und gebildeter Mann.“
„Womit hat er sich zu Volkenroda beschäftigt?“
Diese Frage schien den Jungen gehörig in Verlegenheit zu bringen. „Nun ja – er war im Dienst des Pfalzgrafen. Sie haben sehr viel über Politik geredet, doch davon verstehe ich nichts. Mein Herr interessierte sich vor allem für die Sterne. Abends hat er mir oft die vielen Bilder am Himmel gezeigt.“ Er redete hastig, als wolle er weiteren Fragen aus dem Wege gehen.
Adelheid beschloss, nicht weiter in ihn zu dringen.
„Du magst deinen Herrn anscheinend?“, fragte sie freundlich lächelnd.
Sein rundes Gesicht lief bis zu den Ohren rot an. „Ja, sehr. Er ist immer guter Dinge und hat für niemanden ein böses Wort. Ihr müsstet ihn hören, wenn er singt! Ich bete zu
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