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Adelheid von Lare: Historischer Roman um die Stifterin des Klosters Walkenried (German Edition)

Adelheid von Lare: Historischer Roman um die Stifterin des Klosters Walkenried (German Edition)

Titel: Adelheid von Lare: Historischer Roman um die Stifterin des Klosters Walkenried (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Simone Knodel
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Adelheid schickte Knechte hinunter ins Tal, die beim Gräben ziehen und Wälle schaufeln zupackten. Die dankbaren Bauern belohnten die Arbeiter mit geräuchertem Schinken und getrocknetem Fisch. Mehl zum Brotbacken gab es auch in Gebra nicht mehr.
    Am dritten Tag waren die Lareschen Knechte besonders guter Dinge auf dem Heimweg zur Burg. Beladen mit Geschenken zogen die Helfer am Berg entlang in Richtung des Dorfes Naschhusen. Das Wasser der Wipper war nicht mehr angestiegen, die Gefahr vorläufig gebannt. Erfüllt von dem guten Gefühl, ein rechtschaffenes Tagwerk vollbracht zu haben, hatte der älteste Knecht ein Lied angestimmt und die anderen waren eingefallen. Im Takt der Melodie marschierten sie durch den Wald gen Osten, als sie plötzlich von den Klippen am Berghang über ihnen laute Hilferufe vernahmen. Erschrocken machten sie Halt und versuchten, durch das Baumdickicht den Rufenden ausfindig zu machen. Die Stimme, die voller Panik zu ihnen vordrang, kam von der oberen Kante der mächtigen weißen Felsen. An dieser Stelle ragten sie kahl und schroff aus dem Bergrücken heraus, als hätte ein Riese dem sonst so sanft gerundeten Höhenzug mit einer gewaltigen Hellebarde das Fleisch von den Rippen geschlagen. Eilig zwängten sich die Männer durch das dichte Unterholz, immer wieder bis zu den Knöcheln im morastigen Waldboden versinkend. Am Fuße der Klippen angelangt, erkannten sie entsetzt die Ursache der Panik: Im Gesteinsschutt vor ihnen lag mit zerschmetterten Knochen ein Pferd, dem offensichtlich nicht mehr zu helfen war. Als sie die Blicke nach oben lenkten, erschraken sie erneut. Auf einem kleinen Vorsprung über ihren Köpfen hing der leblose Körper eines Mannes, mit aller Wahrscheinlichkeit der Reiter des Tieres.
    Vom oberen Rand der Klippen herab klang die klagende Stimme eines weiteren Mannes, der nicht hatte helfen können, denn die Felsen ragten in einem Winkel aus dem Berg, der ein Hinauf- oder Hinabklettern unmöglich machte. Der Vorarbeiter rief hinauf, sie würden sich um den Verunglückten kümmern, er solle an der Weggabelung nach Lare auf sie warten. Es schien auch, als hätte der Mann die Worte verstanden, denn sein Kopf verschwand bald darauf von der Felsenkante.
    Die Knechte berieten nun, wie sie den Körper des Reiters von dem Vorsprung retten sollten, ohne ihm und sich selbst weiteren Schaden zuzufügen. Schließlich erklommen sie die herausragende Klippe von zwei Seiten über eine Art Räuberleiter, wobei einer auf die Schultern des anderen trat und sich vorsichtig mit beiden Händen an den Felswänden hoch zog. Mit einem Seil ließen sie den Bewusstlosen herab, der schwere Verletzungen am Kopf davongetragen hatte und aus Nase und Ohren blutete. Der Mann war noch jung, vielleicht hatte er zwanzig Sommer gesehen. Glattes blondes Haar war im Nacken mit einem blauen Seidenband zusammengebunden. Seine Haut war durchscheinend und blass, als hätte er den ganzen Winter in geschlossenen Räumen verbracht.
    Aus dünnen Baumstämmchen bauten sie eine provisorische Schleiftrage, auf der sie den Mann festbanden und hinter sich herzogen. Er war zwar groß, aber sehr schlank und wog sicher nicht mehr als ein Bettler. Niemand glaubte so recht daran, dass der Unglückliche noch leben würde, wenn sie die Burg erreicht hätten. Lediglich der älteste Sohn vom Mundschenk, der als Jungknecht bereits kräftig zupacken konnte, war zuversichtlich: „Wenn er es nur schafft, bis Magdalena ihn unter die Finger kriegt, das würd’ schon reichen. Meinen Vater hat sie auch vor dem sicheren Tod gerettet nach der Schlacht im Helbetal.“
    Der Stallknecht neben ihm bekreuzigte sich. „Da kannst du Recht haben, Alnot. Wer weiß, mit wessen Hilfe ihr das immer gelingt. Da ist bestimmt der Leibhaftige im Spiel!“
    Einer der Knechte, die die Trage zogen, nickte zustimmend: „Freilich, hab ihn doch selbst gesehen. Am Abend, als die Schierenberger wund im Saal lagen, da stand er auf der Mauer und hatte seine schwarzen Schwingen ausgebreitet. Ganz sicher hatte die Hexe ihn gerufen.“
    Alnot hielt entrüstet dagegen: „Sie ist keine Hexe! Wart nur, wenn du sie mal brauchst, wirst du froh sein, wenn sie dir hilft!“
    „Jetzt haltet euer Maul und seht zu, dass ihr den Jungen zur Burg schafft!“, knurrte der Älteste und schritt schneller aus.
    An der Weggabelung nach Lare stießen sie auf den völlig kopflosen Knappen des Verunglückten. Er war sehr jung, sein tränenverschmiertes Gesicht bedurfte noch keiner

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